Beschlossen wurden angesichts des raschen Anstiegs der Corona-Fallzahlen auch Zusatzmaßnahmen zu der "Notbremse", die Landkreise einführen sollen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz wieder über 100 steigt. Urlaub innerhalb Deutschlands soll weiterhin nicht möglich sein, eine Reise etwa nach Mallorca ist aber erlaubt. Wirtschaft und Opposition äußerten sich enttäuscht über die Beschlüsse.
Die Zahl der Neuinfektionen ohne deutlich einschränkende Maßnahmen würde so schnell steigen, "dass bereits im April eine Überlastung des Gesundheitswesens wahrscheinlich ist", heißt es in dem Beschluss. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte, das "Team Vorsicht" habe in den Beratungen gewonnen. "Die dynamische Entwicklung lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht anders bremsen", sagte auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet. "Alles andere wäre nicht verantwortungsvoll."
Vom 1. bis zum 5. April soll es nun eine "erweiterte Ruhezeit zu Ostern" geben, in der etwa am Gründonnerstag auch die Lebensmittelgeschäfte schließen sollen. Das öffentliche Leben soll weitgehend ruhen, die Kontakte begrenzt werden. Das umstrittene Wort "Ausgangssperren" taucht in dem Beschluss allerdings nicht mehr auf. Diese besondere Situation rund um Ostern mit den Ruhetagen erfordere aber noch eine rechtliche Prüfung, sagte Laschet.
FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich enttäuscht über die Ergebnisse. "Es ist eine erschütternde Konzeptlosigkeit des unionsgeführten Kanzleramts, dass das Prinzip #WirbleibenzuHause auch nach mehr als einem Jahr immer noch die zentrale Antwort auf die Pandemie ist", schrieb Lindner auf Twitter und fragte: "Wo sind innovative Lösungen wie z.B. in Tübingen?" Lob kam dagegen von den Intensivmedizinern: "Die Politik hat auf die dritte Welle ... vollkommen richtig gehandelt", sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, der "Rheinischen Post".
FLUGLINIEN MÜSSEN NUN TESTEN VOR RÜCKFLUG
Besonders umstritten war in den Beratungen die Frage des Reisens. Im Streit über Mallorca-Urlaube fordern Bund und Länder nun die Fluggesellschaften auf, Urlaubsrückkehrer vor dem Rückflug zu testen. Insbesondere bei beliebten Urlaubszielen sei damit zu rechnen, dass Urlauber aus zahlreichen Ländern zusammentreffen und sich Covid-19 Varianten leicht verbreiten könnten, heißt es. Zudem soll das Infektionsschutzgesetz so geändert werden, dass eine generelle Testpflicht vor Abflug zur Einreisevoraussetzung bei Flügen nach Deutschland eingeführt wird. Merkel betonte, dass es wegen der geöffneten Hotels auf Mallorca schwierig sei, Reisen dorthin zu verbieten.
Die Küstenländer Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen verzichteten nach langem Ringen auf den "kontaktarmen Urlaub" im eigenen Bundesland an Ostern. Merkel und einige Ministerpräsidenten hatten dies in den Beratungen als falsches Signal kritisiert. Nun appellieren Bund und Länder, auf nicht zwingend notwendige Reisen "im Inland und auch ins Ausland" zu verzichten - auch an den Ostertagen. Die Reisebranche zeigte sich zumindest erleichtert, dass es keine Quarantänepflicht bei der Rückkehr aus Nicht-Risiko-Gebieten gibt. Dies sei zu begrüßen, sagte der Präsident des Deutsche Reiseverbandes (DRV), Norbert Fiebig, im ZDF. Inlandsreisen sollten aber, wo "gesundheitlich vertretbar", möglich sein.
"Wir haben eine neue Pandemie", sagte Merkel mit Hinweis auf die aggressiveren Virus-Varianten. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Dienstag 7485 Neuinfektionen. Das sind 2005 Fälle mehr als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 108,1 von 107,3 am Vortag. 250 weitere Menschen sind in den vergangenen 24 Stunden in Verbindung mit Covid-19 gestorben. Auch die Zahl der Corona-Intensivpatienten steigt weiter und liegt mittlerweile wieder bei über 3000.
FIRMEN SOLLEN MITARBEITERN ZWEI TESTS PRO WOCHE ANBIETEN
Von Unternehmen fordern Bund und Länder, dass sie Mitarbeiter zweimal wöchentlich testen. Anfang April werde man sehen, wie viele Unternehmen die Selbstverpflichtung umgesetzt hätten. Auf dieser Grundlage werde die Bundesregierung dann entscheiden, "ob regulatorischer Handlungsbedarf in der Arbeitsschutzverordnung besteht". Bund und Länder betonen im Entwurf, dass die Firmen auf jeden Fall einen größeren Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten sollten.
Kritik an den Beschlüssen kam unter anderem vom Mittelstandsverband, der Immobilienwirtschaft und der Veranstaltungsbranche. "Die Verschärfung des Lockdowns über Ostern und die Verlängerung weit in den April hinein bedeuten für viele Unternehmen das sichere Ende ihrer Existenz", erklärte der Mittelstandsverband BVMW.
In dem Beschluss werden allerdings zusätzliche Wirtschaftshilfen versprochen. "Für die Unternehmen, die im Rahmen der Corona-Pandemie besonders schwer und über eine sehr lange Zeit von Schließungen betroffen sind, wird die Bundesregierung ein ergänzendes Hilfsinstrument im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben entwickeln", heißt es im Beschluss. Merkel und die Ministerpräsidenten wollen am 12. April erneut beraten.
rtr