"Dieses Wunschszenario wird höchstwahrscheinlich nicht zur Realität werden", warnt Portfoliomanager Joe Foster von Fondsanbieter VanEck. "Vielmehr überwiegen aus unserer Sicht die Risiken, die sich durch die Wahl Trumps zum US-Präsidenten ergeben." Der Milliardär hatte sich im Wahlkampf für Strafzölle und die Begrenzung der Einwanderung stark gemacht.

In der alten Woche kam der Dax kaum vom Fleck und scheiterte mehrfach an der charttechnisch wichtigen Marke von 10.800 Punkten. Mit jedem erfolglosen Versuch, diese Schwelle zu überspringen, steige das Risiko eines größeren Ausverkaufs, warnen Börsianer. Neben der Verunsicherung über die Trump'sche Politik würden die zu erwartenden dünnen Umsätze die Kursbewegungen in der neuen Woche verstärken. Die Wall Street bleibt am Donnerstag wegen des US-Erntedankfestes Thanksgiving geschlossen und schließt am Freitag vorzeitig. Am Mittwoch nehmen sich japanische Investoren eine Auszeit.

JAHRESENDRALLY IST NOCH NICHT VOM TISCH



Den Experten der Bank HSBC zufolge bleiben Dax & Co. dagegen trotz der Verunsicherung über den wirtschaftspolitischen Kurs der USA attraktiv. Aktienstratege Christian Jasperneite von der Bank M.M. Warburg traut dem deutschen Leitindex sogar einen Test der Schwelle von 12.000 Punkten zu. "Im Moment gehen wir davon aus, dass Trump keinen Handelskrieg anzetteln wird, der nur Verlierer kennen würde - auch in Amerika selbst." Anlagestratege Stefan Scheuerer von Allianz Global Investors rechnet mit einer 'Trumpflation', was Aktien tendenziell beflügeln und Anleihen unter Druck setzen würde.

Die Hoffnungen auf einen US-Wirtschaftsboom befeuern die Spekulationen auf anziehende Inflation und rasche Zinserhöhungen der Federal Reserve. "Trump, obwohl noch nicht im Amt, scheint das Deflationsgespenst endgültig vertrieben zu haben", sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Aus diesem Grund werden Investoren am Mittwoch die Protokolle der jüngsten Sitzung der US-Notenbank auf Hinweise hierauf durchsehen. Am selben Tag werden die Auftragseingänge langlebiger US-Güter und Zahlen zum Eigenheimabsatz veröffentlicht.

Börsianer rechnen damit, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bei ihrer Sitzung im Dezember die Leitzinsen anhebt, die aktuell in einer Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent liegen. Für das kommende Jahr erwarten die Commerzbank-Experten dann zwei weitere Zinserhöhungen um je 25 Basispunkte.

ZINSERHÖHUNG IM DEZEMBER AUSGEMACHTE SACHE?



Spekulationen darauf treiben nicht nur die Renditen der US-Bonds, sondern von Staatsanleihen weltweit. Hier drohe eine weitere Gefahr für die Börsen, warnt Stephen Jen, Teilhaber des Hedgefonds Eurizon SLJ. "Es wächst das Risiko, dass die Zinsen für die immer noch fragilen Volkswirtschaften Europas und der Schwellenländer zu hoch werden." Informationen zur Stimmung der europäischen Verbraucher erhalten Anleger am Dienstag. Der Ifo-Index, der die Stimmung in den deutschen Chef-Etagen widerspiegelt, steht am Donnerstag auf dem Terminplan.

Von Unternehmensseite sind in der neuen Woche kaum kursbewegende Neuigkeiten zu erwarten. Zu den wenigen Firmen, die nach dem Höhepunkt der Berichtssaison noch Geschäftszahlen vorlegen, gehören der Chip-Hersteller Infineon (Mittwoch) und der Stahlkonzern Thyssenkrupp (Donnerstag).

rtr