Die deutschen Autobauer, die derzeit Milliarden in neue Werke in Mexiko stecken, werden nach Einschätzung von Analysten deshalb Baukräne und Bänder zwar nicht stoppen, doch neue Projekte könnten aufgeschoben oder sogar gestrichen werden. "Das wird Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen haben", sagt etwa Jürgen Pieper, Autoanalyst vom Bankhaus Metzler. Trumps Ankündigungen, das Freihandelsabkommen mit Mexiko neu zu verhandeln, sei nicht nur Wahlkampf-Rhetorik gewesen. "Es steckt politischer Wille dahinter, die Freihandelszone Nafta steht zur Disposition", erklärte Pieper. "Produziert in den USA oder zahlt eine hohe Steuer an der Grenze", drohte Trump dem größten US-Autobauer General Motors erst am Dienstag. Künftig könnten auf Einfuhren aus Mexiko bis zu 35 Prozent Zoll fällig werden. Der Kostenvorteil der Produktion mit Lohnkosten, die nur etwa ein Sechstel der in den USA ausmachen, würde schwinden.

Ford habe seinen Plan kippen können, weil das Werk noch in der Planungsphase gewesen sei, erklärte Gerhard Wolf, Autoanalyst von der Landesbank Baden-Württemberg. "Die deutschen Hersteller sind schon in der Bauphase, das ist schwieriger zu stoppen." Sie könnten jedoch die geplanten Kapazitäten stutzen. Frank Schwope, Autoexperte von der NordLB, nannte den Fall Ford ein Signal. "Alle Autobauer werden künftig vorsichtiger agieren, um nicht auf Überkapazitäten sitzen zu bleiben."

PROTEKTIONISMUS AUF DEM VORMARSCH

Die Volkswagen -Tochter Audi hat erst im Herbst sein neues Werk in Betrieb genommen, wo der SUV Q5 sowohl für die USA als auch für den Weltmarkt produziert wird. "Wir beobachten die Lage genau", sagte ein Sprecher mit Blick auf Trumps Zollpläne. Daimler will zusammen mit Renault -Nissan eine Fabrik in Aguascalientes eröffnen. Dieses Jahr soll die Produktion eines Modells der Nissan-Marke Infiniti beginnen, ab 2018 sollen Mercedes-Kompaktwagen vom Band rollen. Weder der Stuttgarter Autobauer noch Volkswagen wollten sich zu Trumps Plänen äußern.

Den größten Spielraum, Investitionen notfalls zu kappen, hat BMW. Der Bau des ersten großen Standorts in San Luis Potosi, wo sich auch Ford niederlassen wollte, hat gerade erst begonnen. Der Produktionsstart für den 3er BMW ist für 2019 geplant. "Uns bleibt also noch Zeit, um uns auf mögliche Entwicklungen einzustellen", sagte BMW-Chef Harald Krüger kürzlich in einem Interview mit der "Börsen-Zeitung".

Die Münchner hoffen, Trump mit ihrer starken Präsenz in den USA zu besänftigen. So sagte Krüger weiter, die US-Regierung werde das Bekenntnis des Konzerns zum Standort USA anerkennen. "Was mir Vertrauen gibt, ist allein schon die Tatsache, dass wir in Spartanburg im US-Staat South Carolina unser weltweit größtes Werk betreiben." Auch Daimler baut die Produktion in den USA gerade aus.

Nicht nur in den Vereinigten Staaten, auch in China oder Südamerika gebe es Tendenzen zu Protektionismus, sagte LBBW-Analyst Wolf. Zölle und andere Handelsschranken seien deshalb ein Faktor, der zusätzlich zu Produktionskosten und Absatzchancen einkalkuliert werden müsse. Der Zwang zur Lokalisierung, also der Produktion vor Ort für den jeweiligen Markt, werde wachsen. "Für mich ist die Botschaft: Investitionsentscheidungen werden komplexer - die Autobauer müssen lernen, noch flexibler mit den Standorten umzugehen."

rtr