Das hohe Impftempo in Großbritannien hatte TUI zu Jahresbeginn von einem Reiseboom träumen lassen. Doch einen Öffnungsplan beschloss die Regierung in London erst vergangene Woche, was TUI Stornierungen einbrachte. Dann stufte die Regierung zuletzt die wichtigen Reiseländer Spanien und Griechenland mit Gelb im neuen Ampelsystem ein, was Quarantänepflicht nach der Rückkehr bedeutet. Denn in den beiden Ländern liegen die Inzidenzen für das Gesamtland weit über der Risikoschwelle von 50, auf den wichtigsten Ferieninseln aber darunter.

TUI setzt darauf, dass für Griechenland und Spanien bei der nächsten Überprüfung Ende des Monats die Ampel auf grün springt. "Andere Länder buchen deutlich besser, hoffentlich wird Großbritannien aufholen." Für Kunden aus Deutschland ist entscheidend, ob das Auswärtige Amt bei den Reisewarnungen für Griechenland so wie bei Spanien regional differenziert und etwa grünes Licht für Rhodos oder Korfu gibt.

Der Buchungsbestand sank bei TUI gegenüber Februar um 200.000 auf 2,6 Millionen und liegt damit 69 Prozent unter dem zur gleichen Zeit im Vorkrisenjahr 2019. Vor der Krise zählte TUI 27 Millionen Kunden im Jahr und schrieb Milliardengewinn. Corona ließ die Kundenzahl im vergangenen Geschäftsjahr auf nur 2,7 Millionen einbrechen. Im ersten Halbjahr des laufenden Turnus machte der weltweit größte Reisekonzern einen operativen Verlust von 1,3 Milliarden Euro. Der Umsatz brach gegenüber dem noch wenig von Corona getroffenen Vorjahreszeitraum von Oktober bis März um 89 Prozent auf 716 Millionen ein.

NEUSTART ERHOFFT


Der TUI-Chef beschwor abermals die aufgestaute Reiselust der coronamüden Europäer. "Die Perspektiven im Frühsommer 2021 stimmen mich für den Tourismus und für die TUI optimistisch. Sie sind deutlich besser als im ersten Pandemiejahr 2020." Mit Impfkampagnen und Schnelltests soll sich das Blatt in der Pandemie wenden. "Wir stehen jetzt am Anfang des erwarteten Neustarts", sagte Joussen. Nach einer Umfrage wollten 70 Prozent der Europäer verreisen und hätten zum Teil schon gebucht. TUI will rund 75 Prozent des Sommerprogramms 2019 in diesem Jahr füllen. Anlass zur Hoffnung gab der starke Anstieg der Neubuchungen im April. Die Benelux-Länder stehen vor der Öffnung. Die EU will bis zum Start der Feriensaison im Juni einen europäischen Impfpass einführen, mit dem Reisende ihre Impfung oder notwendige negative Covid-Tests nachweisen könnten.

Mit steigenden Preisen müssen die Kunden laut Joussen bislang nicht rechnen. Zwar waren die Durchschnittspreise der vorliegenden Buchungen 22 Prozent höher. Doch das liege daran, dass Reisegutscheine des vergangenen Jahres genutzt werden, um sich bessere Hotels und Ressorts zu leisten. Die Verbraucher hätten viel gespart und gönnten sich mehr. Auf vergleichbarer Basis lägen die Preise etwas niedriger als 2019.

Der Reisekonzern aus Hannover musste mit staatlichen Finanzhilfen von rund 4,3 Milliarden Euro in der Corona-Krise vor einer Insolvenz bewahrt werden. Derzeit verfügt TUI über liquide Mittel von 1,7 Milliarden Euro bei einem monatlichen Mittelabfluss von zuletzt 300 Millionen Euro. Das sei ein gutes Liquiditätspolster, sagte Joussen. Doch eine Prognose, ob das Unternehmen ohne weitere Staatshilfe durch die Krise kommt, wollte er nicht geben.

rtr