Der Rückzug von KKR trifft MDAX-Unternehmen Gerresheimer hart – die Aktie taumelt, der Traum vom 90-Euro-Deal scheint geplatzt. Doch ist das nur die Ruhe vor dem Sturm? Wie es jetzt weitergeht, warum der Quartalsbericht für Unruhe sorgt – und wer trotzdem Chancen sieht. Von Jörg Lang
Der Spezialist für Verpackung bei Pharma-, Biotech und Kosmetikprodukten Gerresheimer, kann mit den Zahlen zum ersten Quartal des gebrochenen Geschäftsjahres nicht überzeugen. Der Umsatz und das Betriebsergebnis ging zwar mit zweistelligen Zuwachsraten nach oben. Das war allerdings der Einbeziehung der erworbenen Bormioli Pharma zu verdanken. Werden die Effekte rausgerechnet, ging der Umsatz um 6,5 und der Betriebsertrag um 9,3 Prozent nach unten.
Gewinneinbruch und Schuldenberg: Das steht jetzt in der Bilanz
Der Blick in den Quartalsabschluss offenbart zudem, dass der bereinigte Gewinn pro Aktie auch wegen höherer Abschreibungen um 29 Prozent fiel. Unbereinigt drücken Finanzkosten den Gewinn tief in den roten Bereich. Gleichzeitig sind die Finanzschulden um 900 Millionen Euro angestiegen. Die Relation zum Betriebsergebnis liegt bei fast dem Vierfachen.
Mit etwas Vorsicht ist zudem die Jahresprognose zu betrachten, die einen Gewinn pro Aktie vor Sondereffekten von 4,85 Euro.
Hoffnungsträger Spritzengeschäft – reicht das für ein Comeback?
Gerresheimer hat viel in den Ausbau des Spritzengeschäfts investiert und erhofft sich wachsende Geschäfte bei den Abnehmmitteln, die etwa von Novo Nordisk vermarktet werden. Zudem hat sich Gerresheimer in anderen Darreichungstechnologien von Medikamenten neue Produkte in der Entwicklung, die im Moment aber nicht zum Erfolg beitragen. Hier sind Investitionen nötig, die der Konzern in dieser Form aus eigener Kraft nicht stemmen kann.
KKR steigt aus: Ist die Übernahme vom Tisch?
Deshalb hatte das Management die Firma ins Schaufenster gestellt. Es gibt ein Bieter-Konsortium, aus dem zuletzt aber die bekannte Beteiligungsfirma KKR ausgestiegen ist. Das hat die Aktie deutlich gedrückt. Der vor dem Ausstieg von KKR kolportierte Übernahmepreis von 90 Euro pro Aktie scheint aktuell wohl nicht mehr erreichbar zu sein.
Ist die Übernahmephantasie aus dem Kurs entwichen? Erst einmal schon – wahrscheinlich. Die potenziellen Bieter werden sich die neuen Zahlen und die Bilanz genau anschauen. Und angesichts der Marktunsicherheit etwa auch bei möglichen Zollhemmnissen für Pharmaprodukte in den USA scheint unmittelbar auch keine Eile geboten zu sein.
Fazit
Mittelfristig ist das Unternehmen mit dem Schwerpunkt in einem demographisch günstigen Umfeld sicherlich für Beteiligungsfirmen spannend. Zumal das Geschäftsvolumen durch gezielte Zukäufe sicherlich deutlich vergrößert werden könnte. Anleger, die das Risiko einer Kapitalerhöhung nicht scheuen, bleiben engagiert oder kaufen bei Schwäche eher zu.