Zwei einstige Stars aus dem MDAX taumeln dem Abgrund entgegen. Die Aktie von Gerresheimer stürzt nach dem geplatzten Übernahmemärchen brutal ab, während Carl Zeiss Meditec unter dem Druck geopolitischer Spannungen in China weiter blutet. Beide Titel vereint derzeit vor allem eines: schwindendes Vertrauen, wegbrechende Perspektiven – und die schonungslose Quittung vom Markt.

Gerresheimer: Der Lack ist ab

Von der Übernahmefantasie direkt in die Realität: brutal, ernüchternd, enttäuschend. Der Spezialverpackungshersteller Gerresheimer hat seine Gespräche mit potenziellen Finanzinvestoren beendet – und damit den letzten Hoffnungsschimmer auf einen schnellen Befreiungsschlag pulverisiert. Das Resultat: Die Aktie rauscht am Donnerstagvormittag gnadenlos in die Tiefe. Minus sieben Prozent, das Papier steht bei kläglichen 47,10 Euro – und damit nur noch wenige Cent vom neu gesteckten Kursziel der Analysten bei Bernstein Research entfernt.

Was bleibt, ist ein Scherbenhaufen. Keine Übernahme, kein strategischer Großinvestor, keine Kursfantasie – und ein Vorstand, der nun plötzlich das Heft des Handelns wieder selbst in die Hand nehmen will. Doch was heißt das konkret? Nichts, was Anleger nicht schon zu oft gehört haben: „Wachstum zurückbringen“, „Vertrauen aufbauen“, „Schulden reduzieren“. Schön. Nur: Seit Monaten tritt der Konzern auf der Stelle – und der Kurs gleich mit.

Vom Börsenliebling zum MDAX-Sorgenkind

Erinnern wir uns: Noch im Herbst 2024 stand die Aktie bei stolzen 100 Euro. Heute? Ein Schatten ihrer selbst – über 50 Prozent Kursverlust, alleine 2025 rund ein Drittel eingebüßt. Dass sich Investoren in dieser Konstellation fragen, ob die Versprechen aus der Chefetage mehr als nur heiße Luft sind, dürfte niemanden wundern.

Dabei war die Rettung doch so greifbar: Im Februar loderten erstmals Übernahmegerüchte durch den Markt. Finanzinvestoren, KKR, Warburg Pincus, KPS – alle schienen Interesse zu haben. Kurse zogen an, die Anleger witterten ein Comeback. Aber dann das: Der Rückzug von KKR, wachsende Zweifel, und nun das endgültige Aus. Der letzte Hoffnungsschimmer – verglüht.

Eine Strategie der Enttäuschungen

Nicht nur das Management hat versagt – auch operativ ist Gerresheimer eine Aneinanderreihung von Enttäuschungen. Schwache Kosmetiknachfrage, Probleme im Geschäft mit flüssigen Medikamenten, gekappte Jahresziele, und zu allem Überfluss auch noch eine Dividendenkürzung. Und während man nach außen an "robusten Perspektiven" festhält, taumelt der Kurs von Tief zu Tief.

Jetzt soll ausgerechnet der Kapitalmarkttag im Oktober die Trendwende bringen. Barclays-Analyst Gaurav Jain fordert neue, erreichbare Ziele. Bernstein-Expertin Delphine Le Louet schreibt, das Management gewinne „die Kontrolle zurück“. Doch das klingt eher nach Schadensbegrenzung als nach Vision. Echte Strategien sehen anders aus.

Aktie unter Druck – und Vertrauen am Tiefpunkt

Gerresheimer hat seine Zukunft verspielt – zumindest kurzfristig. Wer hier noch investiert ist, braucht nicht nur Geduld, sondern auch starke Nerven. Das Vertrauen der Anleger ist weg, das Geschäft schwächelt, und ohne externen Befreiungsschlag bleibt nur ein mühsamer, steiniger Weg zurück.

Klartext für Investoren: Wer jetzt noch auf Gerresheimer setzt, spielt mit dem Feuer. Die Einstufung „Underperform“ ist fast noch geschmeichelt – realistisch betrachtet ist das Papier auf dem besten Weg, vollends aus dem Anlegerfokus zu verschwinden.

Carl Zeiss Meditec: Abwärtsstrudel statt Hightech

Was ist nur aus Carl Zeiss Meditec geworden? Der einstige Börsenliebling der Medizintechnikbranche steht mit dem Rücken zur Wand – die Aktie fällt, die Fantasie fehlt, und die Risiken stapeln sich wie nie. Die jüngsten Nachrichten aus China sind da nur der nächste Dominostein in einer langen Kette von Rückschlägen. Der Kurs gibt erneut nach, diesmal unter die kritische Marke von 54 Euro – und droht nun sogar, in Richtung der Tiefs bei 45 Euro zu stürzen.

Vom Hoffnungswert zur Halteposition – das ist der traurige Werdegang einer Aktie, die einst für Innovation, Präzision und globale Relevanz stand.

Zölle, Zweifel, Zerschlagung der Zuversicht

Am Montag hat China mit neuen Strafzöllen auf europäische Medizinprodukte geantwortet – eine klare Retourkutsche auf die EU-Sanktionen. Und mittendrin: Carl Zeiss Meditec. Das Jenaer Unternehmen ist plötzlich nicht nur Opfer geopolitischer Spannungen, sondern auch in seinem wichtigsten Wachstumsmarkt massiv unter Druck.

Fakt ist: Wer in China wachsen will, braucht politische Rückendeckung. Die fehlt jetzt. Und mit ihr fehlt auch jeglicher Rückenwind für die Aktie, die zuletzt ohnehin nur noch seitwärts kroch.

Quartalszahlen? Erwartet mau – Euphorie? Fehlanzeige

Obwohl Analysten von JPMorgan, UBS und der Deutschen Bank ihre Einschätzungen mehr oder weniger konstant halten – die Botschaft ist klar: Wachstum ja, aber wenn überhaupt nur in homöopathischen Dosen. Die Rede ist von einem Umsatzplus von fünf Prozent – aber mickrige Zuwächse bringen keine Trendwende.

UBS-Analyst Graham Doyle bringt es auf den Punkt: Der jüngste Kursrutsch ist keine Kaufchance – im Gegenteil. Die kurzfristigen Erwartungen sind zu hoch, und das China-Geschäft bleibt fragil. Gleichzeitig spricht niemand mehr über echte Innovationen oder bahnbrechende neue Technologien – das Unternehmen ist operativ auf Sparflamme unterwegs.

Der Chart spricht Bände – und sie sind nicht schön

Technisch ist die Aktie ein Trümmerfeld. Die Unterstützung bei 54 Euro wurde gerissen, jetzt droht der freie Fall bis auf 45. Das wären noch mal minus 13 Prozent vom aktuellen Niveau. Und obwohl einige Analysten eine „Upside“ von 21 Prozent sehen – wer glaubt da ernsthaft noch dran, wenn die operative Lage weiter trüb ist und geopolitisch neue Stolpersteine lauern?

Vorsicht, beide Papier sind kein Fels in der Brandung – es ist ein Risiko-Titel

Carl Zeiss Meditec und Gerresheimer waren mal sicherere Häfen – heute ist der Kurs ein Spielball globaler Machtspiele und operativer Mittelmäßigkeit. Wer hier investiert bleibt, muss an eine stille Wende glauben – und dabei zusehen, wie die Konkurrenz aus den USA, Asien und anderswo weiter davonzieht.

Einziger Trost: Die Hoffnung stirbt zuletzt – aber auch sie hat schon Schnappatmung.

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