In einer ersten Runde traten um Mitternacht Washingtoner Zeit US-Sonderabgaben von 25 Prozent auf Einfuhren aus China im Wert von 34 Milliarden US-Dollar in Kraft. Chinas Zoll reagierte umgehend mit eigenen Sonderzöllen auf Einfuhren aus den USA in ähnlichem Umfang. China sehe sich zum "notwendigen Gegenangriff" gezwungen, sagte ein Sprecher des Handelsministeriums in Peking. Die USA hätten "den größten Handelskrieg in der Wirtschaftsgeschichte" eingeläutet.
Von Chinas Strafzöllen sind landwirtschaftliche Produkte wie Sojabohnen, Fisch, Schweinefleisch, Rindfleisch, Molkereiprodukte betroffen. China zielt damit auf die Wählerschaft von Trump im ländlichen Raum. Höhere Zölle werden aber auch auf Autos erhoben. Darunter leiden vor allem deutsche Autobauer wie Daimler und BMW, die den größten Automarkt in China auch von ihren Werken in den USA aus beliefern. Daimler gab bereits eine Gewinnwarnung. Fast jeder fünfte BMW, der in China verkauft wird, kommt aus den USA.
Mit dieser ersten Runde von Strafzöllen steuern die beiden größten Volkswirtschaften auf einen handfesten Handelskrieg zu, da Trump im Falle chinesischer Vergeltung eine Eskalation in Aussicht gestellt hat. Ob er seine Drohung wahr macht oder mit seiner waghalsigen Politik nur seine Verhandlungsposition stärken will, schien unklar.
Zunächst kämen die Zölle für Waren im Wert von 34 Milliarden Dollar zum Einsatz, sagte Trump vor Journalisten. "Und dann haben wir weitere 16 (Milliarden) in zwei Wochen", fügte er hinzu. "Und dann sind wir, wie bekannt ist, auf weitere 200 Milliarden eingestellt, und nach den 200 Milliarden sind wir auf 300 Milliarden eingestellt."
Dass China mit 500 Milliarden US-Dollar mehr als die USA mit 130 Milliarden nach China exportieren, ist Trump ein Dorn im Auge. Er begründet die jetzigen Strafzölle mit zwangsweisem Transfer von Technologie, Verstößen gegen Urheberrechte oder auch unfairer staatlicher Subventionen für innovative Industrien in China.
Die jetzt verhängten Zölle treffen nach chinesischen Angaben aber zu 59 Prozent ausländisch investierte Unternehmen in China. US-Firmen in China kritisierten die Strafzölle auch als "kontraproduktiv". "Es gibt keine Gewinner in einem Handelskrieg", sagte der Vorsitzende der US-Handelskammer in China, William Zarit. Die 900 in China tätigen US-Unternehmen litten unter unfairen Wettbewerbsbedingungen, aber wachsende Spannungen behinderten ihre Tätigkeiten in China. Beide Seiten sollten an den Verhandlungstisch zurückkehren, forderte Zarit.
China kritisierte die Strafzölle als Verstoß gegen Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Die USA verfolgten "Schikane im Handel", was die Produktionsketten schädige, die Erholung der Weltwirtschaft beeinträchtige und Unruhe auf den globalen Märkten auslöse. "Es wird nicht nur nutzlos sein, sondern auch die Interessen der US-Unternehmen und Amerikaner schädigen", sagte der Sprecher.
Volkswirte befürchten, dass sich der Konflikt zwischen China und den USA zu einem unkontrollierbaren Handelskrieg auswächst. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die betroffenen Handelsvolumina zumindest derzeit noch als zu klein an, als dass dies allein zu größeren Problemen für die Weltwirtschaft führen könnte. Allerdings werden Effekte durch die Verunsicherung der Märkte und eine immer weiter rotierende Eskalationsspirale befürchtet.
Ein ausgewachsener Handelskrieg mit Strafzöllen auf den gesamten Handel könnte nach Schätzungen von Experten das Wachstum in beiden Ländern in diesem Jahr um 0,2 oder 0,3 Prozentpunkte reduzieren - und im nächsten Jahr um einen halben Prozentpunkt. Der Schaden für das US-Wachstum wäre größer, da Chinas Wirtschaft mit zuletzt 6,7 Prozent viel stärker wächst, analysierte die DBS-Bank.
Jenseits verkraftbarer kurzfristiger Folgen drohe langfristig "mehr Unheil", weil die globalen Produktionsketten der Unternehmen reißen könnten, schrieben die Volkswirte der Commerzbank. "Dann müssten multinationale Unternehmen Teile ihrer internationalen Produktionsstätten abschreiben und unter hohen Kosten heimische Produktionsstätten hochziehen", warnten sie. "Gewinneinbrüche und Kostensenkungsprogramme wären die Folge, was auch die Arbeitnehmer stark belasten würde."
Wegen des Defizits der USA von mehr als 800 Milliarden US-Dollar im Außenhandel zieht Trump an mehreren Fronten zu Felde, ohne sich an WTO-Regeln zu halten. Er belegte auch die Nachbarn Kanada und Mexiko sowie Verbündete wie die Länder der Europäischen Union mit Strafzöllen auf Stahl- und Aluminium. Auch von dieser Seite sind bereits Vergeltungszölle in Kraft gesetzt worden.
An Trumps Vorgehen gibt es nicht nur von US-Unternehmen in China, sondern auch im Inland massive Kritik. Teile von Trumps eigener republikanischer Partei sehen in den Zöllen versteckte Steuern. Kritiker glauben, dass ein Teil von Trumps in der Unternehmerschaft gefeierter Steuerreform dadurch neutralisiert werden kann.
In den von Vergeltung betroffenen US-Branchen herrscht Aufregung. Dies gilt insbesondere für die Bauern. China, Kanada und Mexiko verlangen etwa künftig erhöhte Zölle auf Schweinefleisch-Produkte, die EU hat Whiskey mit Vergeltungszöllen belegt.
Handelsjuristisch wird die Politik Trumps problematisch gesehen. Mehrere Länder und auch die Europäische Union haben bereits Klage bei der Welthandelsorganisation WTO eingereicht. Trump droht seinerseits mit einem Austritt aus der WTO oder gar mit deren Zerschlagung. Die USA blockieren die Neubesetzung von Stellen im Schiedsgericht der WTO. Sie argumentieren, bei der Besetzung der Richterstellen seien bisher nicht ausreichend US-Interessen gewürdigt worden./lw/dm