Allein in den vergangenen Tagen mussten die VW-Aktionäre weitere schlechte Nachrichten verkraften. Angesichts der massiven Verluste nehmen jetzt auch Großinvestoren die Wolfsburger ins Visier. Die bisher eingereichten Schadenersatzklagen von 160 Investoren belaufen sich auf rund zwei Mrd. Euro. Weitere Zivilklagen und auch strafrechtliche Folgen sind nur eine Frage der Zeit. Ende vergangener Woche wurde bekannt, dass nach Bayern auch Hessen und Baden-Württemberg den Konzern auf Schadenersatz verklagen. Auf der anderen Seite des Atlantiks muss Volkswagen bis zum 24. Oktober weitere Unterlagen beim US-Umweltamt EPA einreichen und erklären, wie die Probleme bei den rund 85.000 Dieselwagen mit größeren 3,0-Liter-Motoren gelöst werden. Bis in Wolfsburger wieder Ruhe einkehrt, werden noch viele Autos vom Fließband fahren. Die Analysten der NordLB rechnen mit bis zu 35 Mrd. Euro Kosten für das Debakel, die tatsächlichen finanziellen Belastungen dürften erst in zehn Jahren feststehen.

VW zieht an Toyota vorbei



Operativ sieht es hingegen besser aus als von vielen Experten erwartet. Trotz des Imageverlustes blieb der befürchtete Absatzeinbruch aus. Einen kleinen Prestigeerfolg erzielte VW bereits im Sommer: Dank eines Umsatzwachstums von knapp zwei Prozent auf rund 57 Mrd. Euro ist Volkswagen im zweiten Quartal am Dauerrivalen Toyota vorbeigezogen. Im August verkaufte Europas größter Autobauer 6,3 Prozent mehr Fahrzeuge als im Vorjahr. In den ersten acht Monaten lag das Plus bei 1,8 Prozent. Auch die jüngsten Zahlen zeigen somit ein solides Auslieferungsergebnis.

Untermauert wird dies auch von fundamentaler Seite. In den vergangenen Monaten haben Analysten ihre Konsensschätzungen gegen den allgemeinen Trend sogar leicht nach oben genommen. Mitte März lag die Prognose für das 2017er-Ergebnis je Aktie noch bei 18,10 Euro, aktuell sind es 21,44 Euro. Mit einem KGV von 5,5 zählen die Papiere zu den günstigsten Werten im DAX.

BMW und Daimler sehen nur die Rücklichter



Natürlich schwebt der Skandal wie ein Damoklesschwert über der Aktie und dürfte vorerst eine zügige Erholung bis an das Vorkrisenniveau bei rund 170 Euro verhindern. Viele große Investoren werden die Papiere vorerst meiden, weil die genauen Risiken nur schwer abzuschätzen sind. Fakt ist aber auch, dass die Aktie trotz immer neuen Hiobsmeldungen nicht mehr das Vorjahrestief bei gut 86 Euro unterschritten hat. Wenn schlechte Nachrichten nicht mehr zu weiter fallenden Kursen führen, sollten Anleger hellhörig werden. Im Vergleich zu Daimler und BMW zeigt die VW-Aktie seit Jahresbeginn sogar relative Stärke. Technisch gesehen ist im Chart seit dem 2015er-Tief eine leicht steigende Tendenz zu erkennen. Rückschläge wurden immer früher gekauft, auch die 200-Tage-Linie verläuft wieder steigend. Eine Erholung bis an die wichtige Barriere bei 136/139 Euro ist durchaus möglich. Kurse darüber wären zwar aus charttechnischer Sicht ein sehr positives Signal, erscheinen aber angesichts der zahlreichen Baustellen vorerst nicht realistisch. Nach unten zeigt der Chart Nachkaufzonen bei 115, 109 und 95 Euro.

Aus Seite 2: Seitwärts auf der Überholspur



Seitwärts auf der Überholspur



Aufgrund der hohen Nervosität und damit der Volatilität bieten vor allem Inline-Optionsscheine attraktive Konditionen. Mit diesen Papieren wetten Anleger auf eine Fortsetzung der Seitwärtsbewegung in vorab festgelegten Grenzen. Die WKN SE60VE steigt bis Mitte März 2017 um 54 Prozent (132 Prozent p.a.), wenn die VW-Aktie nicht über 150 Euro steigt oder unter 85 Euro fällt. Beide Marken sind derzeit nicht in Gefahr, der Chart zeigt vorgelagert zahlreiche Hürden. Damit ist die Wahrscheinlichkeit auf Auszahlung des Maximalbetrags von zehn Euro durchaus gegeben. Je nach Kursentwicklung bietet sich auch ein vorzeitiger Verkauf an.



Basiswert Volkswagen
Kurs
Basiswert
118 EUR
Produkt Inline-Optionsschein
WKN SE60VE
Emittent Societe
Generale
Bewertungstag 17.03.2017
Oberes
Limit
150 EUR
Unteres Limit 85
EUR
Maximalrendite 54%
Maximalrendite
p.a.
132%


Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de