Das Machtgefüge bei VW mit den Familien Porsche und Piech, dem Land Niedersachsen und der mächtigen IG Metall gilt als fest zementiert. Fast 90 Prozent der Stimmrechte liegen bei den drei Haupteignern, zu denen auch das Emirat Katar gehört. TCI hält aber nach eigenen Angaben über Vorzugsaktien nur zwei Prozent an der "VW/Porsche -Gruppe", hat also kein Stimmrecht. "Was kann David gegen Goliath ausrichten?", lautet daher die zentrale Frage. Ohne gewichtigen Partner geht da wohl nichts.

"NATÜRLICHER VERBÜNDETER"



Als "natürlicher Verbündeter" gilt Katar. Die mit 17 Prozent an Volkswagen beteiligten Scheichs sind schon länger unzufrieden mit dem aus ihrer Sicht mangelnden Reformwillen bei VW. Ihre beiden Vertreter im Aufsichtsrat haben mehrfach die starke Stellung des Betriebsrats bemängelt, der aus ihrer Sicht eine Restrukturierung des von der Abgaskrise erschütterten Autobauers behindert. Ähnlich argumentiert TCI. Fondsgründer Chris Hohn kritisiert, die Produktivität bei VW sei nur halb so hoch wie die des japanischen Konkurrenten Toyota. In einem normalen Jahr wie 2014 seien zwei Drittel der erwirtschafteten Mittel an die VW-Belegschaft geflossen, während die Aktionäre nur einen Bruchteil erhalten hätten.

Der Vorstoß von TCI (The Children's Investment Fund) könnte das Emirat ermuntern, seinen Druck auf das VW-Management zu erhöhen. Doch auch im Schulterschluss werden TCI und die Scheichs nur wenig bewegen können. Denn das Land Niedersachsen als zweitgrößter Eigner kann dank seiner Sonderstellung bei VW mit seinem 20-Prozent-Anteil wichtige Entscheidungen blockieren. Jede Landesregierung, egal welcher politischen Couleur, hat sich bisher für die Arbeitsplätze bei VW eingesetzt. In dem Land arbeiten gut 120.000 VW-Beschäftigte, die Wolfsburger unterhalten dort mehrere Werke. Die Landesregierung stimmt sich deshalb im Aufsichtsrat mit dem Betriebsrat ab. Zusammen stellen die Arbeitnehmer und Niedersachsen zwölf Mitglieder in dem 20-köpfigen Kontrollgremium.

KOMMT PIECH WIEDER?



Denkbar wäre, dass Katar dank seines gestiegenen Einflusses zusammen mit TCI das Gespräch mit den Familien Porsche und Piech sucht, um sie für sich zu gewinnen. Insider verweisen darauf, dass die Haupteigner mit ihrer Holdingsgesellschaft Porsche SE angesichts der Lasten durch die Abgasminipultion zum Verzicht auf eine Dividende bereit gewesen wären. Sie hätten sich damit aber nicht durchgesetzt. Nun soll eine Minidividende von elf Cent je Stamm- und 17 Cent je Vorzugsaktie gezahlt werden.

Die Hauptversammlung am 22. Juni könnte diese Empfehlung allerdings kippen. Sollte die Dividende auch für 2016 ausfallen, bekämen die stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein Stimmrecht. TCI und Katar könnten die Zeit bis dahin nutzen und sich mit weiteren Papieren eindecken. Die Stimmrechtsverteilung würde sich dann ändern, der Anteil des Landes womöglich unter 20 Prozent sinken. Genau darauf könnten TCI und Katar spekulieren und weitere Verbündete suchen. Bisher ist nicht absehbar, ob sie die dafür nötige Mehrheit für sich gewinnen können.

Das wäre auch wohl nur mit einer Kehrtwende der Familien Porsche und Piech möglich, und die sind - bis auf Piechs abrupten Abgang vor gut einem Jahr - nicht für Pirouetten in der Unternehmenspolitik bekannt. Wenn überhaupt, wäre eine Veränderung der Machtbalance in dem Wolfsburger Imperium mit seinen zwölf Marken vermutlich nur in einigen Jahren möglich. Dabei könnte den oppositionellen Aktionären die Abgaskrise in die Hände spielen. Denn niemand kann derzeit sagen, wie hoch die finanziellen Lasten von "Dieselgate" am Ende ausfallen. VW könnte am Ende gar zu den von TCI und Katar jetzt verlangten Veränderungen gezwungen sein.

Reuters