"Das wird eine hektische Woche", sagt Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research. Fraglich sei, ob der Dax die psychologisch wichtige Marke von 12.000 Punkten halten könne. Schon in der alten Woche verlor der Dax, der am 1. Juli 1988 erstmals berechnet wurde, fast zwei Prozent auf rund 12.300 Punkte.

Mit Argusaugen dürften Investoren darauf schauen, wie es im Asylstreit weitergeht. Der beim EU-Gipfel gefundene Kompromiss sorgte am Freitag zunächst für Erleichterung an der Börse und beim Euro. Mit der Einigung sei die Chance gestiegen, dass CDU und CSU doch noch eine Einigung in der Flüchtlingsfrage finden, jedoch sei ein Bruch der Regierungskoalition noch nicht vom Tisch, warnte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Kanzlerin Angela Merkel habe es nicht geschafft, die Anrainerstaaten Deutschlands zur Rücknahme von Flüchtlingen zu bewegen. Bundesinnenminister Horst Seehofer und Merkel hatten sich in der Frage zum Umgang mit Flüchtlingen überworfen und an den Börsen wurde über ein Auseinanderbrechen der Koalition spekuliert.

Normalerweise gelte der Spruch 'Politische Börsen haben kurze Beine', sagte Aktienexperte Heinz-Gerd Sonnenschein von der Postbank. Das Risiko sei aber, dass die aktuelle politische Börse kein kurzes Intermezzo sei, sondern Investoren noch länger beschäftigen werde. Prozentual zweistellige Kurssprünge, wie sie 2017 der US-Leitindex S&P 500, der japanische Topix und der Dax erzielt hätten, seien für 2018 nicht zu erwarten.

SPIRALE IM HANDELSSTREIT DREHT SICH WEITER

Für Interesse dürfte auch sorgen, welche Entwicklungen es im Handelskonflikt gibt. Damit der Dax die 12.000er Marke verteidigen könne, sei eine verbale "Feuerpause" notwendig, sagte Vermögensverwalter Thomas Metzger vom Bankhaus Bauer. Jedoch stehe inzwischen auch fest, dass es im Zollstreit nicht bei ein paar Entgleisungen der Beteiligten bleibe, sondern dass sich die Spirale abwärts drehe, warnte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets. Die USA haben auf zahlreiche Waren, die aus China und Europa importiert werden, Zölle erhoben. Die anderen Nationen reagierten mit Gegenmaßnahmen. Einem Bericht zufolge sprach sich US-Präsident Donald Trump außerdem für einen Austritt der USA aus der Welthandelsorganisation (WTO) aus.

Wegen des US-Handelskonflikts senkten führende Konjunkturforschungsinstitut bereits ihre Prognosen. So geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt nur um 1,9 Prozent steigt statt wie bisher vorausgesagt um 2,4 Prozent. Viele andere Institute sagen ähnliche Wachstumsraten vorher. Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen war im Juni so schlecht wie seit über einem Jahr nicht mehr.

US-ARBEITSMARKT BRUMMT

Dass sich die deutsche Wirtschaft schwer tue, dürften die Daten zu den Auftragseingängen der Industrie (Donnerstag) und die Industrieproduktion im Mai (Freitag) zeigen. Analyst Michael Holstein von der DZ Bank geht von einem Rückgang aus. "Das verschlechterte internationale Umfeld wirkt sich dämpfend auf die Aktivität im deutschen Industriesektor aus."

Dominiert wird die neue Handelswoche allerdings von US-Konjunkturdaten. Gleich am Montag steht der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe an. Am Donnerstag gibt dann der private Jobvermittler ADP einen Vorgeschmack auf die offiziellen Beschäftigungszahlen der US-Regierung (Freitag). Analysten der Commerzbank rechnen mit einem Zuwachs von 185.000 Stellen. Auch die Löhne werden ihnen zufolge leicht zulegen.

Aus den USA kommen zudem aktuelle Zahlen zum Autoabsatz. Wegen des Unabhängigkeitstags der USA bleibt die Wall Street am Mittwoch geschlossen.

rtr