Wohnungen sind vor allem in Städten knapp. Dadurch sind die Mieten hoch. Vermieter wie der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia verdienen daran - und zwar ziemlich gut.

Das zeigt auch ein Blick in die Zahlen. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres nahm der Bochumer Dax-Konzern durch Mieten 1,29 Milliarden Euro ein, drei Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei sind die Mieteinnahmen durch die jüngst zugekaufte Buwog aus Österreich nicht enthalten. Vonovia gehören mehr als 400.000 Wohnungen. Nur 2,7 (Vj.: 2,9) Prozent davon standen leer. Der operative Gewinn aus dem laufenden Geschäft, der in der Immobilienbranche als Funds from Operations 1 (FFO 1) bezeichnet wird, stieg um 12,7 Prozent auf 778,2 Millionen Euro.

Das Gewinnwachstum kommt nicht von ungefähr. Die Mieten bei Vonovia stiegen in den ersten neun Monaten in Deutschland gegenüber dem Vorjahreszeitraum im Schnitt um vier Prozent auf 6,45 Euro pro Quadratmeter. Vonovia vermietet hauptsächlich Wohnungen im unteren Preissegment. Der Großteil der Mietsteigerungen kommt aus den Modernisierungen.

Die Modernisierungen sind der Grund, weshalb Immobilienkonzerne immer wieder in der Kritik stehen. Denn werden die bereits vermieteten Wohnungen modernisiert, kann die Miete angehoben werden - meist sehr zum Unmut der Bewohner.

Vonovia geht auf Mieter zu



Vonovia reagiert jetzt und will deutlich weniger modernisieren. "Es nutzt nichts, wenn die Leute das nicht wollen", sagte Konzernchef Rolf Buch am Donnerstag. So investiere Vonovia ab sofort 40 Prozent weniger in die sogenannte energetische Sanierung, etwa die Dämmung oder der Austausch alter Fenster. Bislang habe Vonovia rund fünf Prozent des Wohnungsbestandes modernisiert. Jetzt soll die Sanierungsquote auf drei Prozent gesenkt werden.

Sollten Wohnungen dennoch saniert werden, würden die Mieten Buch zufolge künftig um maximal zwei Euro pro Quadratmeter steigen. "Wir versichern: Kein Mieter soll aufgrund einer Modernisierung ausziehen müssen." Es sei klar geworden, "dass die Akzeptanz für aufwendige energetische Modernisierung fehlt und viele Mieter auch finanziell nicht in der Lage sind, die damit verbundenen Mieterhöhungen zu tragen."

Denn die Bundesregierung verschärfte kürzlich das Mietrecht zugunsten von Mietern: Von 2019 an dürfen Hausbesitzer nach Modernisierungen nur noch acht Prozent der Kosten im Jahr auf die Miete umlegen. Zuvor waren elf Prozent erlaubt. Vonovia beschränke die Umlage auf die Mieter nach der Modernisierung auf sieben Prozent der Kosten, sagte der Chef.

Zudem darf die Miete dem Gesetzgeber zufolge nach einer Modernisierung pro Quadratmeter um maximal drei Euro angehoben werden. Eine Gesamtmiete von weniger als sieben Euro - was bei Vonovia dem Zwischenbericht zufolge größtenteils der Fall ist -, darf um maximal zwei Euro angehoben werden. Buch betonte, das Unternehmen reagiere mit seiner Deckelung des maximalen Anstiegs der Miete nicht auf die neue gesetzliche Lage. Man habe sich bereits seit dem Sommer damit beschäftigt und schon länger eine Obergrenze von zwei Euro erwogen. Bislang habe die durchschnittliche Mieterhöhung bei Vonovia nach einer Modernisierung bei 1,60 Euro pro Quadratmeter gelegen.

Wachstumstreiber Neubauten



Trotz der zurückgehenden Modernisierungen sollen die durchschnittlichen Mieten weiter steigen. "Der Mietanstieg kommt dann nicht aus der Modernisierung, sondern aus dem Neubau", sagte Buch. So wollen die Bochumer 2900 neue Wohnungen bauen. Noch in diesem Jahr würden 600 Wohnungen fertig gestellt. Ein großer Teil der neuen Appartements entstehe durch Aufstockungen bei bereits bestehenden Häusern.

Im kommenden Jahr will Vonovia insgesamt 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro investieren: Überwiegend in den Neubau und die Sanierung der kürzlich zugekauften Wohnungen in Schweden. Dort hatte Vonovia kürzlich das Unternehmen Victoria Park übernommen. In Schweden sei auch die gesellschaftliche Akzeptanz für die energetische Modernisierung größer, sagte Buch. 2018 investiert Vonovia eine Milliarde Euro, den Großteil davon in die energetischen Modernisierungen.

So soll Vonovia auch im kommenden Jahr wieder schöne Gewinne einfahren. Das FFO 1 soll auf 1,14 bis 1,19 Milliarden Euro steigen. Für das laufende Jahr stehen 1,05 bis 1,07 Milliarden Euro im Plan, was ein Wachstum von rund 15 Prozent wäre. Daran sollen auch die Aktionäre teilhaben. So soll die Dividende für 2018 um zwölf Cent auf 1,44 Euro je Aktie steigen.

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Einschätzung der Redaktion



An der Börse kam der Zwischenbericht von Vonovia gut an. So stieg der Kurs am Donnerstag im extrem schwachen Marktumfeld - der Dax verlor rund 2,5 Prozent - um zeitweise knapp zwei Prozent. Die Aktie konnte das Plus im Tagesverlauf aber nicht halten und gab bis zum Nachmittag den Großteil der Gewinne wieder ab.

Vonovia bekam für die Neun-Monats-Zahlen auch Lob von den Analysten. Der Konzern habe ein solides Zahlenwerk vorgelegt, schrieb Analyst Thomas Neuhold vom Analysehaus Kepler Cheuvreux.

Der Dax-Konzern dürfte auch weiterhin von den steigenden Mieten profitieren, trotz der Deckelung der Anstiege bei Modernisierungen. Denn durch den starken Zuzug in Ballungszentren wie das Ruhrgebiet, Berlin oder München - wo Vonovia stark vertreten ist - nimmt die Nachfrage nach Wohnungen weiter zu.

Ganz besonders profitiert der Dax-Konzern auch von den niedrigen Zinsen in der Eurozone. Denn dadurch sind die Kosten für die Refinanzierung geringer. Anders als in den USA, wo die Zinswende bereits begonnen hat, dürfte die Europäische Zentralbank die Leitzinsen noch längere Zeit auf dem derzeit tiefen Niveau halten.

Die Vonovia-Aktie überzeugt auch mit der schönen Dividendenrendite von derzeit rund 3,5 Prozent. Zudem kann sich das Papier derzeit noch ziemlich gut der Korrektur an den Märkten entziehen. So tritt der Kurs seit Jahresbeginn quasi auf der Stelle, während beim Dax mittlerweile ein Minus von mehr als 15 Prozent steht. Denn der Immobilienkonzern bleibt von den derzeitigen Stimmungskillern weitestgehend verschont. Der Zollstreit zwischen den USA und China oder der bevorstehende Brexit betreffen Vonovia kaum, da die Bochumer kein Geschäft in den USA oder Großbritannien betreiben.

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Stoppkurs: 30,00 Euro