Nach der Manipulation von Abgaswerten bei weltweit elf Millionen Fahrzeugen steht der Konzern vor gewaltigen Kosten - für Rückrufaktionen, Beraterhonorare und mögliche Strafen. Der Sparkurs wird deshalb verschärft. Rund 3000 Stellen sollen Insidern zufolge in der Verwaltung abgebaut werden, ohne Kündigungen.
Die Betriebsräte wollen nun Schlimmeres verhindern. Sie fordern eine Standortvereinbarung für alle deutschen Werke mit festen Zusagen für Produkte, Stückzahlen und Investitionen. In Workshops arbeiten sie schon an ihrer Verhandlungsposition. "Einen anderen Weg der Gemeinsamkeit sehen wir derzeit nicht, da es der Markenvorstand an Verlässlichkeit fehlen lässt." Diess werfen sie unausgegorene Sparpläne vor.
VW-Personalchef Karlheinz Blessing bemühte sich, die Wogen zu glätten. Er begrüßte das Verhandlungsangebot für einen langfristigen Zukunftspakt. "Die Sicherung der Standorte liegt auch im Interesse des Vorstands", erklärte Blessing und versprach rasche und konstruktive Gespräche.
"HOHE LOHNKOSTEN EIN HIRNGESPINST"
Der Konflikt zwischen Betriebsrat und Diess gärt schon länger. Der 57-jährige Manager war auf Betreiben von Ex-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech von BMW abgeworben worden, um die bereits schwächelnde Hauptmarke des Konzerns auf Zack zu bringen. Der Österreicher hat den Ruf eines knallharten Kostendrückers. Im Juli wechselte er zu VW. Dass Diess mit seinen Plänen für Einsparungen und Effizienzsteigerungen beim Betriebsrat, der beim VW-Konzern traditionell eine starke Rolle spielt, anecken würde, war von vornherein klar. Anfangs versuchte er, den Konflikt zu entschärfen und lobte in einem Interview mit der Mitarbeiterzeitung Osterlohs Vorschlag, die kostentreibend hohe Zahl der Modellvarianten zu verringern.
Doch der Burgfrieden hielt nicht lange. Schon im November warf Osterloh Diess und Konzernchef Matthias Müller vor, Sparmaßnahmen einseitig und ohne Grundlage zu verkünden. Diess bekräftigte im März seine Forderung nach weiteren Einsparungen mit dem Verweis auf bessere Entwicklungen bei Seat, Skoda, Audi und Porsche. "Die Marke Volkswagen muss dagegen noch einiges tun, um in den nächsten Jahren profitabler zu werden." Nun spitzt sich der Konflikt zu: Nach Ansicht des Betriebsrats wird die Marke Volkswagen bewusst schlecht geredet. "Die angeblich so hohen Lohnkosten durch den Haustarifvertrag bei VW sind ein Hirngespinst", schrieb Osterloh in dem Brief. Die weitreichende Mitbestimmung sei nicht für den Dieselskandal verantwortlich.
Die Eignerfamilien Porsche und Piech, denen 51 Prozent des Wolfsburger Konzerns gehören, unterstützen jedoch den Reformkurs bei der Marke VW. Entsprechend hatte sich Wolfgang Porsche gegenüber dem "Handelsblatt" Anfang März geäußert. Diess müsse die Kernmarke umbauen und die Marge steigern. "VW wird an einigen Stellen schlanker werden müssen."
Auch das Emirat Katar, mit 17 Prozent der Stimmrechte drittgrößter VW-Aktionär, hatte im vergangenen Jahr Insidern zufolge die ständige Kritik des Betriebsrats am Vorstand bemängelt. Vom zweitgrößten Eigentümer, dem Land Niedersachsen, war zunächst keine Stellungnahme zu der Auseinandersetzung zu erhalten.