Man brauche zwar weniger Fahrzeuge, weil sie viel besser ausgelastet seien, aber sie müssten auch deutlich schneller ausgetauscht werden, sagte VW-Digitalchef Johann Jungwirth am Donnerstag auf einem Branchenkongress der Fachzeitschrift "Automobilproduktion" in München. Die Produktionskapazität werde dadurch "mehr als ausgeglichen". Außerdem kämen Kunden wie Rollstuhlfahrer, alte Menschen oder Kinder, die heute weitgehend auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen seien, als neue Nutzer dazu.

Jungwirth führte als Beispiel an, dass in Berlin nur etwa ein Siebtel der vorhandenen Fahrzeuge benötigt werde, um die gleiche Mobilität anzubieten wie heute. Mit selbstfahrenden Systemen könne die Auslastung der Autos von derzeit fünf Prozent auf 40 Prozent steigen. Dadurch müssten sie aber nach etwa zwei Jahren ausgetauscht werden - gut fürs Geschäft der Pkw-Bauer, die zudem neben dem Verkauf von Fahrzeugen auf breiter Front auch neue Mobilitätsdienstleistungen anbieten.

In vielen Innenstädten werde massiv Platz verschwendet für Parkmöglichkeiten, rund 30 Prozent des Verkehrs entfielen auf die Suche nach einem Abstellplatz. Auch die weitgehend verlorene Zeit im Auto - im Schnitt fast 38.000 Stunden im Laufe eines Lebens - werde durch selbstfahrende Flotten deutlich reduziert, erläuterte Jungwirth. "Aus Kundensicht wird das unser Leben verbessern."

Der Unfall eines per Autopilot gesteuerten Tesla, bei dem in den USA ein Mensch zu Tode gekommen war, ändert daran nach Auffassung des VW-Digitalchef nichts. "Ich bin der festen Überzeugung, dass uns das nicht zurückwirft. Die Fahrzeuge, die heute auf dem Markt sind, haben nur Assistenzsysteme. Self-driving-Systeme gibt es noch nicht." Sie würden noch entwickelt, sagte er mit Blick auf Sensorik, Redundanz oder nötige Rechenleistung an Bord. Wichtig sei, dass bei der Entwicklung "alles richtig" gemacht werde. Volkswagen hat sich wie andere Autokonzerne auf die Fahnen geschrieben, ein führender Anbieter autonom fahrender Autos zu werden.

BMW, Platzhirsch im Premiumsegment, kündigte vergangene Woche an, gemeinsam mit dem Chipriesen Intel und dem Kameratechnik-Spezialisten Mobileye bis 2021 ein selbstfahrendes Auto auf den Markt bringen zu wollen. Das Trio will eine offene Plattform schaffen, an der sich auch andere Unternehmen beteiligen können. Die Frage, ob dies für VW infrage kommt, ließ Jungwirth offen. Er sagte lediglich, dass bei der Entwicklung von selbstfahrenden Systemen in Bereichen, die nicht wettbewerbsrelevant seien, offene Plattformen oder Partnerschaften Sinn ergäben.