Tech-Stratege Dan Niles bleibt kurzfristig bullisch – warnt aber vor einem potenziellen 20-Prozent-Crash im Herbst. Warum Anleger trotz Euphorie wachsam bleiben sollten.

Der Gründer der Satori Fund gilt als einer der skeptischsten wie schärfsten Beobachter des US-Techmarkts. Anfang 2025 noch bärisch gestimmt, stellte sich Niles im April taktisch um – und behielt recht. Seitdem hat der S&P 500 mehr als 28 Prozent zugelegt, die Nasdaq sogar noch mehr. Zur Jahreshalbzeit notieren die US-Leitbörsen allesamt auf Allzeithochs.

In einem Interview mit CNBC skizzierte Niles nun seinen Ausblick auf das zweite Halbjahr. Die Rallye könnte bis Thanksgiving weitergehen und Investoren übermütig werden lassen. „Der Markt kann irrational länger bleiben, als du solvent“, zitiert er Keynes.

Microsoft und Cisco: Alte, neue Favoriten 

Niles vergleicht die aktuelle Marktphase, die von KI-Euphorie bestimmt sei, mit der Situation der Internetblase in den späten 1990ern und dem „Transitory“-Irrtum der US-Notenbank (Fed) bei ihrer Zinspolitik im Jahr 2021. Auch heute ist das T-Wort zurück: Die Fed nennt Zoll-Inflation wieder „vorübergehend“ (transitory). Ob diesmal zurecht, bleibt offen.

Neben Nvidia und Microsoft zählt auch Cisco Systems zu Niles’ Favoriten – eine Art Value-Play im KI-Zyklus. Während KI-Highflyer wie Arista Networks (ANET) mit 40er-KGV im Minus notieren, sieht er bei Cisco mit 17er-KGV (2025e) noch Luft nach oben – gerade im Netzwerksegment der KI-Infrastruktur.

Warnung vor dem Herbst

Trotz kurzfristiger Zuversicht sieht Niles die Risiken jedoch steigen – spätestens im vierten Quartal. Grund: Viele Konsumenten hätten größere Anschaffungen bereits vorgezogen – von iPhones über Autos bis zu PCs. Apple etwa habe 600 Tonnen iPhones eingeflogen, um Zöllen zuvorzukommen. „Aber was vorgezogen wurde, fehlt im Weihnachtsquartal“, warnt Niles.

Dazu kommt die Sorge um das Bewertungsniveau: Ein 24er-KGV im S&P sei bei 2,4–3,0 Prozent Inflation schlicht zu hoch – historisch liegt der Schnitt bei 19. Und dann ist da noch das wachsende US-Defizit, das jährlich um 2 Billionen Dollar wächst – bei inzwischen 120 Prozent Staatsverschuldung relativ zum BIP. Allein die Zinslast verschlinge 15 Prozent des Bundeshaushalts.

Kurzfristig fährt Niles die Rallye mit, weil das Momentum zu stark ist und die Fed unterstützend wirkt. Doch mit Blick auf Thanksgiving und vierte Quartal rechnet er mit einem stürmischen Herbst und einer deutlichen Korrektur: „10 bis 20 Prozent Rücksetzer halte ich für sehr wahrscheinlich.“ Anleger sollten entsprechend gewarnt sein: Wenn die Euphorie am größten ist, erscheint der nächste Abschwung nicht weit.

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Infront S&P 500 (WKN: A0AET0)