Der Leitsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld liegt seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Die Währungshüter bekräftigten zudem, dass die vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe noch bis mindestens Ende September 2018 fortgesetzt werden sollen. Experten sagten in ersten Reaktionen:

THOMAS GITZEL, VP BANK:



"Mario Draghi hält die Füße still. Ein großer kommunikativer Kurswechsel war nicht zu erkennen. Draghi machte vielmehr klar, dass die EZB an ihrem Kurs festhalten wird. Die schleppende Inflationsentwicklung macht weiterhin eine expansive Geldpolitik erforderlich. Der EZB-Chef wurde im Laufe der Pressekonferenz sogar ungewöhnlich deutlich: Die Chancen auf eine Zinserhöhung in diesem Jahr seien sehr gering. Die Währungshüter werden aber in den kommenden Monaten verstärkt darüber diskutieren, ob die Anleihekäufe im September eingestellt werden oder ob es mit gleichem oder einem reduziertem Volumen weitergeht. Selbst wenn die Anleihekäufe im September eingestellt werden, bleibt die Wiederanlage fällig werdender Papiere davon ausgenommen.

Erst die klärenden Worte, dass die Chancen für eine Zinserhöhung im laufenden Jahr sehr gering seien, bereitete dem kurzzeitig entfachten Euro-Anstieg ein Ende. Draghi stellte grundsätzlich nochmals klar, dass eine stärkere Währung Implikationen für den Wachstums- und Inflationsausblick haben könne. Gerade letzteres wird an den Devisenmärkten unterschätzt. Tatsächlich dämpft der starke Euro die Teuerungsraten, da importierte Güter günstiger werden. Je stärker der Euro wird, desto schwerer fällt der Ausstieg aus der ultra-expansiven EZB-Geldpolitik."

CHRISTOPH KUTT, DZ BANK:



"Angesichts der recht heftigen Marktreaktion scheint man aber doch die Frage stellen zu dürfen, warum sich die EZB unzufrieden über die Volatilität des Euro zeigt, wenn sie sich selbst als Quelle der Volatilität entpuppt. Die heutige Nachricht scheint eher gewesen zu sein, dass die EZB auf Kurs bleibt, aber nicht nochmal expansiver wird und die Krisenmedikamente angesichts einer robusten Konjunkturentwicklung langsam reduziert. Die Erfahrung hat aber auch gezeigt, dass die EZB-Vertreter in den Tagen nach einer Sitzung nachlegen, wenn ihnen die Marktreaktion nicht gefallen hat."

UWE BURKERT, LBBW:



"Die EZB hält weiter ihren seit etwa 2012 eingeschlagenen Kurs. Die Fundamentaldaten zu Wachstum und Inflation lassen allerdings vermuten, dass sich der Grad der Expansion 2018 verringern wird. Die nächste geldpolitische Sitzung Anfang März bringt neue Projektionen zu Wachstum und Inflation. Da sich die Perspektiven seit dem Dezember eher noch ein Stück verbessert haben, dürfte eine graduelle Anpassung des Wordings zu diesem Termin in Reichweite sein."

ULRICH LEUCHTMANN, COMMERZBANK:



"Draghi redet den Euro nicht herauf, er redet ihn nicht genug nach unten. Der Markt interpretiert das so, dass es noch Platz nach oben gibt. Die EZB scheint noch keinen Handlungsbedarf zu sehen."

THOMAS ALTMANN, QC PARTNERS:



"Mario Draghi hat den Euro erwähnt. Eine verbale Intervention sieht jedoch anders aus. Es wirkt, als wolle der Markt jetzt testen, bei welchem Euro-Kurs die Schmerzgrenze der EZB liegt. Mario Draghi hat zwar die Euro-Schwankungen beleuchtet, nicht jedoch den Euro-Kurs. Für deutsche Aktien ist das keine gute Nachricht. Die Anleger stellen sich jetzt eine Frage: Konnte Mario Draghi den Euro nicht stoppen oder wollte er nicht?"

ALEXANDER KRÜGER, BANKHAUS LAMPE:



"Die rasante Festigung des Euro dürfte die EZB bestärkt haben, den Wortlaut ihrer Forward Guidance unverändert beizubehalten. Die EZB sendet das klare Signal, dass sie sich beim Ausstieg aus ihrer ultra-expansiven Geldpolitik nicht treiben lassen wird. Diesen Grundsatz dürfte sie sich auch weiterhin erhalten. Den weiteren Ausstieg dürfte die EZB im März und April durch eine schrittweise Änderung der Forward Guidance vorbereiten und das Ende der Wertpapierkäufe dann im Juni benennen."

FRIEDRICH HEINEMANN, ZEW:



"Die Kluft zwischen der guten wirtschaftlichen Lage der Euro-Zone und der immer noch sehr vorsichtigen Tonlage der EZB wächst. Bedauerlich ist, dass die EZB den Märkten nicht genügend Orientierung zum Ende der Anleihekäufe bietet. Bei den Käufen von Staatsanleihen verschieben sich die Gewichte aktuell deutlich hin zu den EU-Mitgliedstaaten mit hohen Schulden. Die EZB nimmt damit steigende rechtliche und ökonomische Risiken in Kauf.

Rechtlich rückt das Kaufprogramm jeden Monat mehr in die Nähe der vertraglich untersagten monetären Staatsfinanzierung. Ökonomisch wächst die Wahrscheinlichkeit von Bondmarkt-Turbulenzen, wenn die EZB die Märkte mit einem schlecht vorbereiteten Ausstieg überrascht. Dieses Risiko betrifft insbesondere den Markt für italienische Staatsanleihen, auf dem die Parlamentswahl im März ohnehin eine Phase steigender Unsicherheit auslösen könnte."

CHRISTIAN OSSIG, BANKENVERBAND BDB:



"Die Europäische Zentralbank hat heute die Chance vertan, ein neues Signal in Richtung einer geldpolitischen Normalisierung zu senden. Stattdessen verharrt sie tief im Krisenmodus. Dieser Kurs muss in absehbarer Zeit enden. Denn die Gegensätze sind enorm: Während im Euro-Raum ein recht kräftiger Aufschwung in Gang gekommen ist, und sich die Inflationsrate bereits vor einem Jahr deutlich von der Nulllinie entfernt hat, pumpt die EZB weiterhin jeden Monat einen zweistelligen Milliardenbetrag an zusätzlicher Liquidität in die Märkte. Zudem belastet sie mit einem negativen Einlagezins die Ertragslage der Banken im Euro-Raum - derzeit mit rund 7,5 Milliarden Euro jährlich. Dieses Geld könnten die Finanzinstitute an anderer Stelle viel besser einsetzen, etwa um ihre Bilanzen zu stärken oder um noch mehr in die Digitalisierung zu investieren."

rtr