Bis vor Kurzem war von Elektromobilität auf der Straße wenig zu sehen. Doch zumindest bei den Zweirädern ändert sich das gerade. Während Elektroautos in Deutschland immer noch relativ selten sind, boomt der E-Bike-Markt.

Hierzulande kletterte der Absatz 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent auf über 600 000 Stück. Jedes siebte verkaufte Fahrrad hat bereits einen Elektromotor. Die Branche setzte geschätzt mehr als 400 Millionen Euro mit den Elektrozweirädern um. Und der Markt steht immer noch am Anfang. Der Versicherungskonzern Allianz rechnet aufgrund einer Studie damit, dass sich die Verkaufszahlen bis 2023 verdreifachen werden. Der Verband der Deutschen Zweirad-Industrie schätzt, dass der Marktanteil der E-Bikes an den neu verkauften Fahrrädern in Deutschland von heute 15 Prozent langfristig auf 30 Prozent steigen wird. Und weltweit soll der Markt für Elektroräder laut dem US-Analysehaus Navigant bis 2025 um mehr als 50 Prozent auf 22,4 Milliarden Euro wachsen.

In Asien ist das E-Bike schon in solche Dimensionen vorgefahren. 2016 wurden in China 33 Millionen Elektrozweiräder verkauft. Es handelt sich zum großen Teil um die gern genutzten Mopeds, bei denen die Elektrovariante den Verbrennungsmotor ablöst. Aber auch normale E-Fahrräder werden immer beliebter. Profiteure sind mit den Anbietern Giant und Merida sowie dem Komponentenspezialisten Sun Race drei Unternehmen, die an der Börse von Taiwan notiert sind. Auch wenn die Aktien grundsätzlich einen Blick wert sind und die Firmen zudem gute Geschäfte in Europa machen - mangelnde Transparenz und fehlende Handelbarkeit sprechen aus hiesiger Investorensicht dagegen.

Allerdings gibt es Alternativen: Auch bei heimischen Herstellern sorgt der E-Bike-Boom für starken Antrieb. Zu den Marktführern in Europa zählt die niederländische Accell Group, die 2016 Umsatz und Ertrag spürbar steigerte. Die Gruppe ist in Deutschland mit Marken wie Ghost, Winora und Haibike vertreten. Der Erfolg weckte Begehrlichkeiten. Der Wettbewerber Pon Holding, ebenfalls in den Niederlanden ansässig, legte im April ein Übernahmeangebot vor, das die Aktionäre jetzt allerdings als zu niedrig zurückwiesen. Die Börsianer scheinen das auch so zu sehen: Die Aktie gab nach dem Platzen des Deals nur leicht nach. Und schon vor der Offerte hatte sich der Accell-Kurs innerhalb von 36 Monaten verdoppelt.

Ein Grund für den Erfolg der E-Bikes ist ihr neues Image: Galten sie einst als Räder für Rentner, eignen sie sich heute für manch rasanten und sportlich ambitionierten Ritt. So sind aktuell elektrische Mountainbikes (MTBs) der letzte Renner. Manche Anbieter verkaufen bereits die Hälfte ihrer MTBs als Elektrovariante.

Davon profitieren Hersteller von Hochleistungskomponenten. Bei den E-MTBs zählt dazu Shimano. Das japanische Unternehmen, das bei klassischen Fahrradketten und Schaltungen weltweit führend ist, hat sich mit einem speziellen Antrieb für E-Bikes im Zukunftsgeschäft etabliert. Das schafft Fantasie für die Aktie der Firma, deren Absätze wegen Rückgängen bei Sportfahrrädern in den Hauptmärkten Japan, Europa und USA zuletzt geschrumpft waren. Für 2017 rechnet der Spezialist, der 90 Prozent seiner Umsätze mit Fahrradkomponenten und den Rest mit Angler- und Ruderzubehör erzielt, wieder mit Wachstum. Vom weltweiten Trend zum umweltfreundlichen Verkehr sollten die Japaner dank ihrer Marktposition langfristig ohnehin profitieren. Die Finanzlage ist mit einer Eigenkapitalquote von 88  Prozent mehr als solide.

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Moderne Batterien



Auch Panasonic hat sich als Motorenanbieter für E-Bikes einen Namen gemacht. Die Firma liefert mit den Akkus wichtige Bauteile. Die Japaner konzentrieren sich auf zukunftsfähige Lithiumtechnologie und kooperieren mit Tesla: In Zusammenarbeit mit dem Elektroautohersteller errichtet Panasonic in Nevada die weltgrößte Lithium-Ionen-Batteriefabrik. Nachdem das klassische Panasonic-Geschäft etwa im Bereich TV zuletzt rückläufig war, schlug die Firma mit der Neuausrichtung auf grüne Mobilität eine vielversprechende Richtung ein.

Indes müssen gerade bei E-Bikes aus Sicherheitsgründen die Komponenten, etwa die Vorderradgabeln, von besonders hoher Qualität sein, schließlich sind die Räder wegen höherer Geschwindigkeiten einer höheren Beanspruchung ausgesetzt. Ein Spezialist ist der US-Zulieferer Fox Factory. Das Geschäft läuft wie geschmiert, auch im Segment für klassische Räder und MTBs. Der Umsatz kletterte voriges Jahr um zehn Prozent und der Nettogewinn um 40 Prozent. Zwei Drittel des Geschäfts entfallen auf Fahrräder. Nachdem sich der langjährige Großaktionär Compass im März im Rahmen einer öffentlichen Aktien-platzierung von seinem Paket getrennt hatte, war der Titel weiterhin im Aufwind. Auch das klassische Fahrrad bietet der Firma Potenzial. Denn Strampeln ist gut für die Gesundheit. Räder und Zulieferer profitieren daher von der weltweit steigenden Nachfrage nach Sportartikeln.

Das zeigen auch die jüngsten Geschäftszahlen des auf Navigation und Datenmessung spezialisierten Mobilgeräteentwicklers Garmin. Während der Markt fürs klassische Navigationsgerät fürs Auto schrumpft, ist das Fitnesssegment, zu dem die Fahrradcomputer einen beträchtlichen Teil beitragen, kräftig gewachsen. Es machte 2016 mehr als ein Viertel des Umsatzes aus. Die Entwicklung soll anhalten, so das Unternehmen - angesichts des E-Bikes-Booms ist das nicht unwahrscheinlich.



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