Verglichen mit seinem noch Mitte Februar markierten Rekordhoch von knapp unter 13.800 Punkten rutschte der Leitindex in der Spitze um rund zehn Prozent ab, gut acht Prozent davon allein in den vergangenen vier Tagen. Aktuell steht er bei etwa 12.500 Punkten und steuert auf den größten Wochenverlust seit vier Jahren zu.
WIE TIEF KANN DER DAX SCHLIMMSTENFALLS FALLEN?
DZ-Bank-Stratege Michael Bissinger beschreibt das dunkelste Krisenszenario folgendermaßen: "Lieferketten reißen, der Welthandel bricht ein und die Welt gleitet in eine Rezession ab." Der Dax könne dann ähnlich wie in den Rezessionsjahren 2003, 2009 und 2011 um rund 30 Prozent fallen. Damit würde er unter die psychologisch wichtige Marke von 10.000 Punkten rutschen.
Die Strategen von Goldman Sachs halten das Rezessions-Szenario für weniger wahrscheinlich. Sie sehen aber ein höheres Risiko für eine kurzfristige Korrektur an den Aktienmärkten. Mit einer generellen Kehrtwende rechnen sie nicht, da die Firmengewinne nicht wesentlich einbrechen dürften.
KANN CORONA SO SCHNELL ABGEHAKT WERDEN WIE SARS?
Viele Beobachter versuchen Parallelen zur Marktreaktion auf das Schwere Akute Atemwegssyndrom (Sars) zu ziehen, das ebenfalls in China seinen Ursprung hatte und an dem 2002 und 2003 weltweit fast 800 Menschen starben. Damals erholten sich die Kurse binnen relativ kurzer Zeit: Rund sechs Monate nach dem Auftreten von Sars lag der S&P 500-Index bereits wieder rund 15 Prozent im Plus. "Die Schwere des Virus wird letztendlich die Reaktion des Marktes diktieren, und nur, weil die Indizes in der Vergangenheit Ausbrüche ignorieren konnten, bedeutet das nicht, dass dies auch dieses Mal der Fall sein wird", sagt Portfolio-Manager Didier Anthamatten vom Schweizer Vermögensverwalter Unigestion.
Ein großer Unterschied ist, dass die chinesische Wirtschaft nun sechsmal größer sei als damals, rechnen die Strategen von Goldman Sachs vor. Zudem sei das Land viel stärker in die globalen Lieferketten eingebunden. Der Schaden durch Corona für die Weltwirtschaft könne intensiver, aber von kurzer Dauer sein, sagen die Ökonomen von IHS Markit voraus. "Das Coronavirus ist ansteckender als Sars, aber mit einer geringeren Sterblichkeitsrate." Zudem habe China viel schneller und umfassender reagiert, um die Krankheit einzudämmen.
KANN DIE LAGE MIT DER FINANZKRISE VERGLICHEN WERDEN?
Sollte der Virus jedoch international stärker um sich greifen, werden die Karten nach Meinung von Vontobel-Stratege Frank Häusler neu gemischt. Mit einem Absturz von rund 50 Prozent der Aktienkurse wie in den den Jahren 2008 und 2009 rechnen die meisten Experten aber nicht. "Die Krise damals hatte ihren Ursprung in einer Finanzkrise, die sich sukzessive auf die Realwirtschaft ausgeweitet und diese abgewürgt hat", sagt DZ-Bank-Experte Bissinger. Dagegen spricht auch, dass mit dem Abklingen der Krankheit im zweiten Halbjahr die Anleger wieder zuversichtlicher werden sollten. "Somit könnte eine starke Gegenbewegung zu beobachten sein."
rtr