Wer beim Anlegen keine Zeit verlieren will, fragt sich früher oder später, ob ein digitaler Vermögensverwalter die Lösung sein könnte. Ein Test zeigt, was die Anbieter unterscheidet. Von Bernhard Bomke

Im März 2020 war es so weit. Die rein digitalen Vermögensverwaltungen alias Robo-Advisor, die es in Deutschland erst seit 2013 gibt, gerieten nach sieben Jahren Schönwetterlage an den Börsen erstmals unter Stress. Viele Aktienkurse fuhren wegen der Corona-Pandemie in den Keller. Das Börsendesaster währte jedoch nicht lange. Der Wiederaufstieg der meisten Titel erfolgte schneller, als viele Experten erwartet hatten. Für manche Robo-Advisor war der ultrakurze Bärenmarkt gut, andere fuhren indes höhere Verluste ein als Depots, die ganz traditionell von belebten Vermögensverwaltern gemanagt werden. Stephan Schrödl vom Münchner Analysehaus Fondsconsult ist mit Blick auf das Corona-Jahr 2020 positiv überrascht, "wie gut sich viele Robos im Vergleich zu klassischen Vermögensverwaltungen geschlagen haben". Kurz zur Einordnung: Fondsconsult agiert eigenständig, hat aber zusammen mit dem Finanzen Verlag, in dem BÖRSE ONLINE erscheint, eine Tochter namens €uro Advisor Services.

Der Senior Analyst beobachtete allerdings auch die genannten Unterschiede zwischen den verschiedenen Renditemaschinen. "Robos mit rein algorithmusbasierten Ansätzen funktionierten in der Corona-Krise sehr gut", sagt Schrödl. Die Erklärung: Sie reagieren vergleichsweise schnell auf Änderungen an den Aktienmärkten. Mit dem extrem spitzen V an den Börsen im Frühjahr 2020, also dem Absturz vieler Kurse und der sehr raschen Erholung, kamen sie gut zurecht.

Gute und schlechte Krisen-Robos

Ganz anders hingegen Robos, die in größeren Zeitfenstern vorgehen, darunter die digitale Vermögensverwaltung des Marktriesen Scalable Capital (rund zwei Milliarden Euro gemanagtes Robo-Vermögen). Sie rentierten auffallend schlecht. In den sechs Musterfällen, die wir für unseren aktuellen Test von Robo-Advisor definiert haben, zählt Scalable zu den Anbietern, die ihren Anlegern im Geschäftsjahr 2020 besonders hohe Verluste bescherten.

Grund: Solche Anbieter bauen in Krisenzeiten zwar ganz schnell Risiken ab, warten aber sehr lange, bis sie neue Anlagerisiken eingehen. Also nutzen sie nicht das, wofür Anleger üblicherweise gute Nerven brauchen - und was Schrödl in die Worte fasst: "Kaufen, wenn die Kanonen donnern", also wenn die Kurse im Keller sind.

So war die Corona-bedingte Ultrakurzbaisse zwar einerseits ein Lackmustest für die Robos, andererseits aber nur für einen sehr bestimmten Crash-Typus. Auf die große Frage, ob die Robos im Schnitt die besseren Vermögensverwalter sind, weil sie zum Beispiel bar jeder Emotion vorgehen, "wird es nie eine Antwort geben", erklärt Schrödl. Zwar habe die Corona-Krise Stärken und Schwächen der verschiedenen Investitionsansätze gezeigt. "Aber es könnte sein, dass diejenigen Robos, die diesmal eher schlecht durch die Krise kamen, bei der nächsten vergleichsweise gut abschneiden." Apropos gut abschneiden: BÖRSE ONLINE hat gemeinsam mit dem Deutschen Kundeninstitut (DKI) die digitalen Vermögensverwaltungen getestet. Die Düsseldorfer nahmen 27 Anbieter unter die Lupe. Sie alle erfüllen die grundsätzliche Bedingung, Interessenten nicht nur Anlagevorschläge zu unterbreiten, sondern diese auch direkt in komplette Portfolios umzusetzen.

Anleger, so die Maxime beim Aufsetzen des Tests, sollen nach dem Erhalt von Vorschlägen nicht noch eigenverantwortlich direkt in vorgeschlagene Einzelpositionen wie etwa ETFs (Indexfonds), Aktienfonds oder ETCs (börsennotierte Rohstoffe) investieren müssen. Der Grund für diese Herangehensweise: Die meisten Nutzer der Robos wollen nicht nur von niedrigen Gebühren profitieren, sondern auch davon, Zeit zu sparen und sich so wenig wie möglich kümmern zu müssen.

Testsieger: Whitebox

Den Test entschied der Robo-Advisor Whitebox für sich. Er erreichte die Bestnote "sehr gut +", was ansonsten nur noch dem Zweitplatzierten Growney gelang. Whitebox nutzt die FlatexDegiro Bank fürs Führen der Anlegerdepots und punktete im Vergleich vor allem mit dem besten Angebot und dem ebenfalls mit "sehr gut +" bewerteten Kundenservice.

Beim Angebot überzeugte der Robo-Advisor aus Freiburg mit großer Vielfalt und Transparenz. Whitebox bietet 25 verschiedene Portfolios mit fester Allokation der Zielinvestments an. Anleger profitieren davon, dass es zehn verschiedene Risikoklassen gibt. Das steigert die Chance, eine wirklich passende zu finden. Die Breisgauer nennen auf der Website nicht nur die Risikoklassen der angebotenen Portfolios, sondern auch die Anteile der Produktklassen (ETCs, ETFs, Fonds). Whitebox informiert Kunden vor dem Kauf über die historischen Renditen des vorgeschlagenen Portfolios - und auch über die zu erwartenden Erträge.

Je nach Strategie gibt es die Möglichkeit, auch ohne Einmalanlage einen Sparplan zu eröffnen, für den jeden Monat mindestens 25 Euro fällig sind. Das ist eine eher niedrige Hürde. Zum Vergleich: Beim Warburg Navigator beträgt die Mindestrate für einen Sparplan 200 Euro im Monat. Allerdings gibt es auch Anbieter wie Easyfolio, Evergreen, Minveo, die Openbank oder Robin (Deutsche Bank), bei denen es schon bei einem Euro im Monat losgeht. Bei Einmalanlagen reichen die Mindestsummen von einem Euro bei Evergreen bis zu 50 000 Euro bei Zeedin, dem Robo von Hauck & Aufhäuser.

Doch zurück zum Testsieger Whitebox. Der punktete im Kundenservice mit starken Bewertungen der Hotline-Mitarbeiter hinsichtlich Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Kompetenz. Auch der Servicegehalt der Website überzeugte die Prüfer. In puncto Kosten positioniert sich der Anbieter bei allen Musterfällen im Mittelfeld. Allerdings liegen die jeweiligen Renditen deutlich über dem Durchschnitt.

Ein kurzer Blick auf den Tabellenletzten: Vividam, der Robo-Advisor der in Marburg ansässigen Finet Asset Management, bekam die Note "befriedigend". Das ist vor allem auf die schlechteste Bewertung der Konditionen zurückzuführen. So ist die Servicepauschale mit 1,18 Prozent im Jahr im Vergleich die zweithöchste. Zudem schlagen mit durchschnittlich 1,57 Prozent die höchsten produktinternen Kosten zu Buche. Die Kosten für die Musterfälle sind bei dem Anbieter, der ausschließlich nachhaltige Portfolios im Programm hat, jeweils vergleichsweise hoch. Für den Kundenservice gab es ein "sehr gut", fürs Angebot ein "gut". Noch ein paar Besonderheiten fielen im Test auf. Eine Servicepauschale wird nur von Evergreen nicht erhoben. Demgegenüber steht Solidvest. Der Robo kassiert mit im Schnitt 1,25 Prozent im Jahr bezogen auf den Depotbestand die höchste Standardgebühr. Ohnehin lohnt ein Blick auf die Gebührenstruktur der Anbieter, um den passenden Robo zu finden. Andererseits zeigen unsere Musterfälle, dass geringe Kosten nicht alles sind. Bringt ein Robo für wenig Gebühr nur schwache Rendite, ist das für Anleger eher schlecht.

26 der 27 Robos bieten die Möglichkeit eines Sparplans. Einzig Zeedin schert hier aus. Allerdings verlangen elf Anbieter als Bedingung für einen Sparplan eine Einmalanlage.

Sieben Robos bieten nur Portfolios mit ETFs an. Die Spanne der Risikoklassen reicht von zwei (Kapilendo) bis 23 (Scalable) und die der Portfolios mit fester Allokation von drei (Easyfolio) bis 204 (Smavesto). Bei 17 Anbietern können Kunden gezielt nachhaltige Portfolios auswählen, wobei die Unternehmen unter "nachhaltig" höchst Unterschiedliches verstehen.

Ob "nachhaltig" auch bedeutet, glimpflich durch den nächsten Börsencrash zu kommen, wird vermutlich erst die nächste Krise zeigen. Wie spitz dann auch immer das V von Kursabfall und -erholung ausfallen mag. Sofern das V dann kein U oder L sein wird.

 


So wurde getestet

Beim Test von Robo-Advisor, den das Deutsche Kundeninstitut (DKI) von Mai bis Juli realisiert hat, waren 27 digitale Vermögensverwalter dabei. Sie wurden mittels 650 Kundenkontakten auf 345 Einzelkriterien geprüft. Die Bewertung der Teilnehmer erfolgte in den drei Kategorien Angebot, Konditionen und Kundenservice. Es waren in der Gesamtwertung und den Kategorien jeweils bis zu 100 Punkte möglich; kamen Bonuspunkte hinzu, konnten es auch ein paar mehr sein.

Angebot (40 Prozent Gewicht): Hier checkte das DKI etwa die Anzahl der angebotenen Portfolios, Mindestanlagesummen, die Möglichkeit von Sparplänen und die Zahl der Risikoklassen.

Konditionen (40 Prozent): Die Höhe der Kostenpauschale sowie diverse andere mögliche Gebühren flossen hier ein. Zudem wurden für sechs Musterfälle die Kosten und Renditen ermittelt.

Kundenservice (20 Prozent): Das DKI prüfte die Qualität, mit der Kundenanfragen pariert wurden.

Hier die Tabelle zu den Robo-Advisorn