Hat der Online-Modehändler Zalando die Krisen aus dem Jahr 2018 endlich hinter sich gelassen? Das vergangene Geschäftsjahr war definitiv kein Leichtes: schleppendes Onlinegeschäft wegen der sommerlichen Hitze, Gewinnwarnung und ein Kursrutsch der Aktie um rund 20 Prozent. Doch nun scheint es mit dem MDax-Konzern bergauf zu gehen.
Zalando überzeugte Anfang Mai mit einem überraschend starken ersten Quartal. Das operativ bereinigte Ergebnis (Ebit) stieg auf über sechs Millionen Euro an. Analysten hatten hier mit einem Verlust von zehn Millionen Euro gerechnet. Im Vergleichsquartal 2018 hatte der Modehändler noch einen mageren Überschuss von 400.000 Euro erzielt. Auch die Zahl der aktiven Nutzer konnte im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 14 Prozent auf 27,2 Millionen gesteigert werden. Als aktive Nutzer sieht Zalando alle Kunden, die in den letzten zwölf Monaten mindestens eine Bestellung aufgegeben haben. Die Zugriffe auf die Zalando-Website (Site-Visits) nahmen im gleichen Zeitraum um fast ein Drittel auf 924 Millionen zu.
Um das starke Wachstum bewältigen zu können, baut Zalando nun ein neues Logistikzentrum. Das soll für 200 Millionen Euro in der Nähe von Rotterdam in den Niederlanden entstehen. Von dort sollen ab Sommer 2021 Kunden in den Beneluxstaaten sowie Frankreich, Spanien und Großbritannien mit den bestellten Waren beliefert werden, wie es in einer Mitteilung des Berliner Unternehmens vom Donnerstag heißt. Damit möchte sich der Konzern auch international stärker aufstellen.
Das wäre der neunte Logistikstandort von Zalando. Das Zentrum in Rotterdam soll eine Lagerkapazität von 16 Millionen Artikeln haben und rund 1.500 Menschen beschäftigen. Zudem soll es den größten Automatisierungsgrad aller Lager haben. Zalando will den Standort allerdings nicht selbst betreiben: Ein Partner wird per Ausschreibung gesucht.
Zalando mit neuen Logistikideen
Mit Partnern arbeitet Zalando in mehreren Bereichen zusammen. So testen die Berliner gemeinsam mit dem skandinavischen Logistiker Postnord die private Packstation beim Nachbarn. Derzeit fungieren 50 Nachbarn im dänischen Aarhus oder Kopenhagen, die tagsüber zuhause sind, als Packstationen. Dafür erhalten sie monatlich eine Zahlung, die abhängig von den abgegebenen und abgeholten Paketen ist.
Mit den privaten Packstationen würde die CO2-Belastung sinken, da weniger Wegstrecke zurückgelegt werden muss. Der Online-Handel müsse umweltfreundlicher werden, sagte Vorstandsmitglied David Schneider bei der Hauptversammlung Ende Mai in Berlin. Das sei auch wichtig für den Geschäftserfolg. Zusätzlich würden durch die privaten Packstationen auch die Lieferzeiten geringer werden, so Zalando am Donnerstag.
In Deutschland hat Zalando 2015 zusammen mit DHL den "Paketbutler" getestet: Eine Aufbewahrungseinrichtung, die an die Haustüre gehängt wird und zur Lieferung oder Abholung von Retouren genutzt wird.
Retouren soll ein Dritter übernehmen
Und damit nicht genug: Zalando will künftig die Rücksendungen der Kunden nicht mehr selbst in Empfang nehmen. Für die Logistikstandorte Erfurt, Lahr und Mönchengladbach sollen spezialisierte Drittanbieter die Abwicklung und Aufbereitung die Retouren übernehmen, berichtete die Wirtschaftswoche kürzlich.
Die zurückgeschickten Pakete sind im Onlinehandel ein großes Problem. Denn Branchenexperten zufolge werden rund die Hälfte aller bestellten Artikel von den Kunden zurückgeschickt - damit zählen Retouren zu den größten Kostentreibern bei Zalando. Etwa 97 Prozent der Rücksendungen werden über den Zalando-Shop wieder verkauft, teilte eine Sprecherin mit. Der große Teil des Rests werde über andere eigene Plattformen oder in Outlets an den Mann gebracht. Kaum Artikel werden vernichtet.
Prognose für 2019 bestätigt
Derweil bestätigte Zalando die Jahresprognose für das Geschäftsjahr 2019. Das Ebit soll bei bis zu 225 Millionen Euro liegen, im Vorjahr waren es hier 173 Millionen Euro. Die Erwartungen sind hoch: Denn in den kommenden zwei Jahren soll die Ebit-Marge zwischen zwei und vier Prozent liegen. Langfristig soll sie dann auf zehn bis 13 Prozent klettern.
Einschätzung der Redaktion
"Schrei vor Glück" - Den Werbeslogan kann man derzeit auf den Kurs der Zalando-Aktie beziehen. Nach dem massiven Kursrutsch von mehr als 20 Prozent im vergangene September zeigt sich das Papier seit Anfang des Jahres stark: Ein Plus von mehr als 70 Prozent und damit stärkste Aktie im MDax.
Charttechnisch betrachtet erholt sich die Zalando-Aktie vom Mehrjahrestief im Dezember 2018. Derzeit pendelt sich der Kurs zwischen 35,00 und 39,00 Euro ein - damit liegt der Kurs weit über der wichtigen 200-Tagelinie bei rund 33,00 Euro. Mittelfristig dürfte es wieder in Richtung Allzeithoch bei 50 Euro laufen.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 55,00 Euro
Stoppkurs: 35,00 Euro