Der wahrscheinlich größte Konferenzraum der Welt: In der Spitze haben sich mehr als 300 Millionen Teilnehmer täglich auf der Videoplattform Zoom eingeloggt. Tausende Unternehmen verlegten während der Massenquarantäne ihre Besprechungen in die virtuelle Welt der Techfirma aus Kalifornien. Der Ansturm hat Zoom eine Menge Arbeit und Ärger, aber auch viel Geld eingebracht.
In dem zum April beendeten Quartal schoss der Umsatz von Zoom Video Communications, so der volle Name, um 169 Prozent nach oben auf 328 Millionen Dollar. Damit übertraf Konzernchef Eric Yuan nicht nur die eigene Zielsetzung deutlich, sondern auch die höchste Analystenprognose. "Die Gelegenheiten, den Dienst anzuwenden, sind rapide gewachsen, weil Menschen Zoom in ihre Arbeit, ihr Lernen und ihr persönliches Leben integriert haben", ließ Yuan verlauten.
Für das bis Ende Januar laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen jetzt bis zu 1,8 Milliarden Dollar Umsatz. Das wäre fast dreimal so viel wie im Vorjahr. Der Gewinn überraschte ebenfalls positiv: Zoom verdiente im Quartal 27 Millionen Dollar. Analysten hatten lediglich mit drei Millionen kalkuliert. Hinter der Profitabilität von Zoom stand ein großes Fragezeichen, da Kunden ein Basisangebot gratis nutzen können. Viele aber sind bereit, für umfassende Pakete zu zahlen. So haben 769 Unternehmenskunden über die vergangenen zwölf Monate mehr als 100.000 Dollar für Zoom-Produkte ausgegeben, 90 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Gestiegen sind aber auch die Kosten: Weil Zoom mehr Kapazitäten bei Cloud-Anbietern wie Amazons AWS mieten musste, schrumpfte die Marge.
Die starke und plötzliche Nachfrage hat das Unternehmen einige Male in Verlegenheit gebracht: Wegen Sicherheitslücken wurden Konferenzen durch ungebetene Gäste gestört. Mit "Zoombombing" gibt es dafür inzwischen sogar ein spezielles Wort.
Der nächste Schritt
Die kommenden Wochen dürften für das Unternehmen schwieriger werden. Die Pandemie hat die Kunden nahezu ohne Marketingaufwand zu Zoom getrieben. Inzwischen aber kehren immer mehr Angestellte zurück in ihre Büros. Damit dürften Videokonferenzen nicht mehr so häufig genutzt werden. Die Gefahr steigt, dass Abos gekündigt werden. Finanzstarke Konkurrenten wie Microsoft, Facebook und Google verschärfen zugleich den Wettbewerb. Zoom wird also härter um Kunden kämpfen müssen.
Auch die Erwartungen der Börse sind gestiegen. Die Aktie hat sich in diesem Jahr mehr als verdreifacht. Das Bewertungsniveau ist entsprechend hoch. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt selbst auf Basis der Schätzungen für 2023 im dreistelligen Bereich. Die Wall Street ist eher skeptisch: Nur etwas mehr als ein Drittel der Analysten sieht die Aktie als Kauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt leicht unter dem aktuellen Börsenwert.
Boom: Die Quartalszahlen waren sehr stark, haben der Aktie weiter Schwung gegeben. Ab jetzt wird es aber schwieriger. Halten.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 220,00 Euro
Stoppkurs: 155,00 Euro