Erst Anfang Juli hieß es, dass hohe Zinskosten, teure Materialen und ein Investitionsstau die Preise für Wohnimmobilien um durchschnittlich vier bis sechs Prozent drücken werden. Doch nun rechnen Ökonomen nach einer neuen Umfrage weltweit mit stark steigenden Immobilienpreisen. Für Deutschland wird demnach ein Plus von 7,2 Prozent erwartet – jährlich. Die Gründe...

Das Ifo-Institut und das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik haben in ihrer vierteljährlichen Umfrage unter rund 1400 Wirtschaftsexperten aus 133 Ländern erstaunliche Ergebnisse erzielt. Die Fachleute rechnen demnach weltweit mit kräftig steigenden Immobilien-Preisen. Die Preise dürften global in den nächsten zehn Jahren im Mittel um jährlich neun Prozent steigen.

Jährliche Preissteigerungen zwischen knapp 5 und 25 Prozent

International sind die erwarteten Preiszuwächse allerdings sehr unterschiedlich. In Westeuropa und Nordamerika liegen die erwarteten Steigerungsraten mit 6,4 Prozent und 7,7 Prozent unter dem globalen Durchschnitt. In Süd- und Osteuropa liegen sie mit 18,4 und 14,9 Prozent dagegen deutlich darüber. Besonders hoch rangieren die Preiserwartungen für Süd- (25,1 Prozent) und Westasien (22,4 Prozent) sowie für Mittelamerika (24,4 Prozent). Für Deutschland werden demnach 7,2 Prozent erwartet, in Österreich 6,9 Prozent und in der Schweiz 4,8 Prozent. 

"Die Steigerung der Immobilienpreise wird dabei eher von Nachfrage- als von Angebotsfaktoren getrieben", sagte Ifo-Forscher Timo Wochner. Ein gestiegener Lebensstandard und höhere Einkommen, aber auch der Wunsch nach mehr Wohnfläche und das Bevölkerungswachstum führen demnach in vielen Regionen der Welt zu einer erhöhten Nachfrage auf dem Immobilienmarkt. Das gaben 37 Prozent der Befragten als Grund für die erwarteten hohen Preisanstiege an. Auch die Tendenz zu mehr Homeoffice spielt dabei eine Rolle.

"Angebotsfaktoren wie begrenzte Produktionskapazitäten, höhere Preise für Baumaterialien und ein Mangel an Baugrund sind für 27 Prozent der Expertinnen und Experten für steigende Immobilienpreise verantwortlich", sagt Wochner. Die Geldpolitik der Zentralbanken, die Inflation und die Regierungspolitik werden von zwölf Prozent der Befragten als Treiber der Preisanstiege von Immobilien angegeben.

Reales Preiswachstum wohl etwas geringer

Angegeben wurden nominelle, also nicht inflationsbereinigte Werte. "Die realen Wachstumsraten werden geringer ausfallen", sagte Ifo-Forscher Philipp Heil. In Deutschland seien die Hauspreise in den vergangenen zehn Jahren bereits um mehr als 81 Prozent gestiegen. "Dieser Trend wird sich vermutlich fortführen", sagte Heil. In Österreich waren es sogar 95 Prozent, in der Schweiz lediglich 44 Prozent.

Eine andere Umfrage zeigte vor etwa vier Wochen einen Rückgang der Immobilienpreise in Deutschland im laufenden Jahr. Die erheblich schlechteren Finanzierungskonditionen und die Unsicherheit über zukünftige Investitionen in eine energetische Sanierung sowie neue Heiztechnik dürften die Immo-Preise im einstelligen Prozentbereich zurückgehen, so eine Studie der DZ Bank.

Vor allem die Zinssteigerungen führen zu einem Rückgang der Baugenehmigungen. Allein im Mai brach diese Zahl laut Statistischem Bundesamt um 26 Prozent ein. Im nächsten Jahr könnte die Zahl neu gebauter Wohnungen auf 177.000 zurückgehen – weit vom Ziel der Bundesregierung von 400.000 Wohnungen entfernt.

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Rückenwind für Immo-Aktien

Der Mangel an Wohnungen bei gleichzeitig erhöhter Nachfrage dürfte die Mieten weiter steigen lassen. Die Werte für Bestands-Immobilien könnten daher steigen. Was den Immobilien-Aktien wie Vonovia, LEG, TAG Immobilien oder Aroundtown mittelfristig Rückenwind geben sollte.

Thomas Rothäusler von der Deutschen Bank sieht gute Chancen, dass sich auch die Hauspreise in der zweiten Jahreshälfte 2023 stabilisieren werden. Eprognostiziert, dass die Werte von Wohnimmobilien in Deutschland von der Spitze bis zum Tiefpunkt nicht um mehr als 20 Prozent sinken werden. Vor diesem Szenario sollten die Immo-Firmen ohne Kapitalmaßnahmen durch den Abschwung kommen.

Immobilien-Aktien sollten ihren jüngsten Wiederaufschwung daher mittelfristig fortsetzen. Die Abschläge auf die Substanzwerte in den Konzern-Bilanzen sind immer noch hoch. Sollte sich mit den nächsten Notenbank-Sitzungen der Eindruck am Markt verfestigen, dass die Zinsen "ein Plateau" erreichen, wie es EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau kürzlich äußerte, dann dürfte der Discount immer geringer werden.

Vonovia (WKN: A1ML7J)

Nach Einschätzung von BÖRSE ONLINE hat Branchenprimus Vonovia aktuell das beste Chance-Risiko-Verhältnis unter den deutschen Immo-Aktien. Noch kämpft der Kurs des DAX-Werts jedoch mit seiner 200-Tage-Linie (siehe Chart). Aroundtown ist hingegen eher für spekulative Naturen geeignet, die mit einer (noch) höheren Volatilität leben können. (Mit Material von dpa-AFX)

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