Der DAX zeigt sich am Freitag plötzlich sehr freundlich und kann deutlich ansteigen. Das treibt den deutschen Leitindex jetzt an und so kann es jetzt weitergehen. Außerdem im Fokus der Anleger: Die Aktien von PVA Tepla und ein Prozess rund um Schadensersatz bei Wirecard.
Der DAX hat am Freitag zum Start zugelegt. Kurz nach der Xetra-Eröffnung stieg der deutsche Leitindex um 0,55 Prozent auf 19.253 Zähler. Damit hat er auf Wochensicht sein Minus aktuell wettgemacht. Der MDax gewann 0,53 Prozent auf 26.006 Punkte. Für den Eurozonen-Index EuroStoxx 50 ging es um 0,6 Prozent hoch.
Die Experten der Landesbank Helaba wollen trotz der jüngsten Kursgewinne noch nicht von einem Befreiungsschlag sprechen, denn geopolitische Risiken und insbesondere die Sorgen vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs ließen Zweifel an einer dauerhaften Stimmungsaufhellung aufkommen.
Die Vorgaben sind am Freitag überwiegend positiv. In den USA hatten die wichtigsten Indizes ihre Gewinne nach dem Handelsschluss in Europa noch etwas ausgebaut. In Asien fielen die Börsen in China in einem ansonsten guten Marktumfeld mit Verlusten aus der Reihe.
Wirecard-Prozess im Fokus
Viereinhalb Jahre nach der Wirecard-Pleite verhandelt das Bayerische Oberste Landesgericht an diesem Freitag stellvertretend für eine Lawine von Schadenersatzforderungen die Musterklage eines hessischen Aktionärs. Das Musterverfahren steht quasi stellvertretend für insgesamt 8.500 Klagen von Anlegern des Finanzdienstleisters. Zusammen fordern sie 750 Millionen Euro Wiedergutmachung für ihre Kursverluste. Wegen des erwarteten großen Andrangs hat der 1. Zivilsenat des höchsten bayerischen Gerichts die Verhandlung in die Wappenhalle des ehemaligen Flughafens München-Riem verlegt, die eigentlich als Veranstaltungsort für Konferenzen oder Partys dient.
Ex-Konzernchef Braun verarmt - Zielscheibe Wirtschaftsprüfer
An erster Stelle einer Liste von insgesamt elf Beklagten steht der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun, auf dem zweiten Platz die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Letztere ist die eigentliche Zielscheibe der Schadenersatzforderungen. Denn der einstige Milliardär Braun hatte den größten Teil seines Vermögens in Wirecard-Aktien angelegt. Dementsprechend erlitt Braun durch die Wirecard-Pleite selbst horrende Verluste. Braun hat von Beginn an sämtliche Vorwürfe bestritten, EY weist die Schadensersatzklagen als unbegründet zurück.
Anleger sehen sich durch falsche Informationen zum Kauf der Aktien verleitet
Geschädigte Anleger können dann auf Entschädigung hoffen, wenn sie wegen vorsätzlich falscher Informationen die jeweiligen Aktien kauften. Im Fall Wirecard waren es die mutmaßlich frei erfundenen Gewinne in den Bilanzen des Konzerns - mehrmals bestätigt durch die Abschlussprüfer von EY. Erst im Jahr 2020 verweigerten die Prüfer das Testat für die Wirecard-Bilanz des Vorjahres.
Münchner Zivilgerichte kämpfen mit Wirecard-Lawine
Das zivilrechtliche Musterverfahren läuft parallel, aber getrennt vom Wirecard-Strafprozess, in dem Braun seit knapp zwei Jahren als Hauptangeklagter unter Betrugsverdacht vor Gericht steht. Das Musterverfahren soll die rechtliche Aufarbeitung der Schadenersatzforderungen vereinfachen und beschleunigen. Denn solange das Musterverfahren andauert, sind die übrigen Klagen ausgesetzt. Sonst müssten alle 8.500 Klagen vom Landgericht München I separat verhandelt und entschieden werden.
Das Urteil im Musterprozess wird aber nicht automatisch die Entscheidung über alle 8.500 Klagen bedeuten, sondern wird als eine Art Blaupause für die übrigen Verfahren dienen. Abgesehen von den 8.500 Klägern haben noch 19.000 weitere Wirecard-Anleger Forderungen bei Gericht angemeldet.
Urteil frühestens in einigen Jahren
Das bedeutet jedoch nicht, dass das Musterverfahren eine kurze Angelegenheit werden wird. Das Oberste Landesgericht geht davon aus, dass wegen der Komplexität des Verfahrens eine mehrjährige Dauer unvermeidlich sein wird, wie ein Sprecher mitteilte. Musterklägeranwalt Peter Mattil ist vergleichsweise optimistisch und schätzt, dass ein Urteil in erster Instanz bereits in drei Jahren ergehen könnte.
Aktien von PVA Tepla im Fokus
Die Aktien von PVA Tepla setzen am Freitag dank beschlossener Aktienrückkäufe mit Schwung zu einer Erholung an. War der Kurs zuletzt im Bereich von 11 Euro auf einem Tief seit vier Jahren angekommen, zog er im vorbörslichen Tradegate-Handel um 4,4 Prozent auf 11,45 Euro an.
Damit bessert sich im Chartbild aber nur wenig, denn nicht einmal die beliebte 21-Tage-Linie kommt damit in Reichweite. Diese Indikatorlinie verläuft aktuell bei 11,85 Euro. 2024 ist PVA bislang um mehr als 46 Prozent abgesackt, womit die Aktie im SDax zu den sieben größten Verlierern zählt. Allein seit Ende August haben sie um mehr als ein Viertel nachgegeben.
Das Technologieunternehmen PVA ermutigte zu Wochenschluss die Anleger mit der Ankündigung, eigene Aktien von bis zu zehn Prozent des Grundkapitals und im Wert von bis zu 30 Millionen Euro erwerben zu wollen. Das Programm soll möglichen Übernahmen sowie langfristigen Vergütungsplänen dienen.
Mit Material von dpa-afx
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