Der DAX reagiert am Freitag auf die Nachrichten aus dem Nahen Osten. Das ist konkret passiert und das müssen Anleger jetzt wissen. Außerdem im Fokus: die Aktien von Curevac und Boeing.
Mit der Eskalation im Nahen Osten geht es am Freitag am deutschen Aktienmarkt bergab. Der DAX sank kurz nach dem Handelsstart auf Xetra um 1,35 Prozent auf 23.450 Punkte. Damit reagieren die Anleger auf die geopolitische Unsicherheit nach dem israelischen Angriff auf den Iran. Staatsanleihen und Gold waren als sichere Häfen gefragt.
Im deutsche Leitindex rückt nun das Zwischentief von Mitte Mai bei 23.274 Punkten in den Fokus. Darunter droht charttechnisch weiteres Ungemach, nachdem in der Vorwoche noch ein Rekord von 24.479 Punkten erreicht worden war. Die meisten Investoren blieben lieber an der Seitenlinie oder nähmen weiter Risiken aus den Finanzmärkten raus, sagte der Marktexperte Andreas Lipkow. In der aktuell heiklen Situation spiele vor dem Wochenende kein Marktteilnehmer den Helden.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen verlor am Freitag 1,30 Prozent auf 29.810 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um 1,4 Prozent.
Israels Militär hatte in der Nacht iranische Atomanlagen angegriffen. Am Donnerstag hatte es bereits Hinweise auf eine bevorstehende Gefahr in Form des Abzugs von US-Botschaftspersonal aus dem Nachbarland Irak gegeben. Insgesamt sei die Gefahr eines Kriegs im Nahen Osten jedoch das am meisten unterbewertete Risiko gewesen - bis heute, kommentierte der Marktexperte Stephen Innes von SPI Asset Management.
Aktien von Curevac im Fokus
Eine Übernahmeofferte von Biontech hat bei Curevac am Donnerstag ein Kursfeuerwerk ausgelöst. Die Anteilsscheine des Tübinger Unternehmens sprangen um fast 40 Prozent auf 5,68 US-Dollar hoch auf das höchste Niveau seit Ende 2023. Der Kurs übertraf damit das Angebot des Mainzer Konkurrenten, der rund 5,46 Dollar zahlen möchte, um sein Geschäft im Bereich Krebsimmuntherapie voranzubringen.
Die beiden auf mRNA-Technologie spezialisierten Unternehmen, deren Anteilsscheine in New York hauptgelistet sind, stehen vor einem deutsch-deutschen Pharmadeal. Für Biontech wurde die Offerte aber nicht zu einem stärkeren Kurstreiber: Die Anteilsscheine bewegten sich zuletzt mit einem halben Prozent im Plus. Die Transaktion wird ein Milliardenvolumen haben. Es ist bereits der zweite milliardenschwere Deal, den Biontech binnen kurzer Zeit verkündet.
Biontech, einst mit seinem Covid-Impfstoff auf mRNA-Basis bekannt und reich geworden, forscht intensiv an Krebs-Immuntherapien. Bekannt sind beide Unternehmen für ihren Wettlauf um einen Corona-Impfstoff, an dem sie sich 2020 während der Pandemie beteiligt hatten. Biontech war damals erfolgreich, Curevac nicht. Dies zeigt sich auch an den Kursen: Auch wenn die Rekorde in der Corona-Zeit viel höher lagen, hat sich der Biontech-Kurs seit Februar 2020 bis heute ungefähr verdreifacht. Curevac war damals erst nach dem Corona-Ausbruch an die Börse gegangen, ist heutzutage aber nur noch Bruchteile wert.
Analyst Umer Raffat von Evercore ISI verwies in einem ersten Kommentar darauf, dass beide Unternehmen derzeit aus der Corona-Zeit noch Patentstreitigkeiten austragen, die durch eine Übernahme beendet werden könnten. "Stand heute sind es weniger als drei Wochen bis zu einem wichtigen Prozess in Düsseldorf, der über die Patentverletzung und möglicherweise Schadensersatz entscheiden würde", schrieb er.
"Für mich ist diese Transaktion weit mehr als nur ein geschäftlicher Schritt", sagte Curevac-Chef Alexander Zehnder. "Seit über zwei Jahrzehnten verfolgen beide Unternehmen ähnliche Ziele und sind dabei oft Herausforderungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln angegangen." Das solle nun unter einem Dach zusammengebracht werden.
Curevac-Gründer Ingmar Hoerr bewertete die geplante Übernahme durchweg positiv und sprach von einem guten Zeichen für Europa. Damit entstehe neben dem Branchen-Giganten Moderna aus den USA ein solcher in Europa, sagte Hoerr, der sich im Frühjahr 2020 von seinem Posten bei den Tübingern zurückgezogen hatte, der Deutschen Presse-Agentur.
Aktien von Boeing im Fokus
Die Aktien von Boeing sind am Donnerstag angesichts eines Flugzeug-Absturzes in Indien deutlich unter Druck geraten. Mit einem fast fünf Prozent großen Abschlag waren die Titel des Flugzeugbauers im Dow Jones Industrial das abgeschlagene Schlusslicht. Nahe der 200-Dollar-Marke konnte sich der Kurs auf dem Niveau von Ende Mai aber zuletzt stabilisieren.
Für die Aktien bedeuten die Kursverluste einen herben Rückschlag, nachdem sie zu Wochenbeginn mit 218,80 Dollar noch den höchsten Stand seit Januar 2024 erreicht hatten. Der Kurs rutschte unter die 21-Tage-Linie, die bei Anlegern einen beliebten kurzfristigen Trendindikator darstellt. Im Ranking der größten Dow-Gewinner im laufenden Jahr rutschten die Aktien auf den vierten Platz ab. Aktuell stehen sie 2025 noch mit gut 15 Prozent im Plus.
Der Absturz hat viele Menschenleben gefordert, doch über die Unfallursache kann bislang nur spekuliert werden. Darauf verwies auch JPMorgan-Analyst Seth Seifman, der aber erwähnte, dass die 787-Jets für Boeing und seine Zulieferer eine kritische Modellserie seien. Passend dazu ließ der Unfall auch die Anteile des Triebwerkszulieferers GE Aerospace mit 2,3 Prozent ins Minus rutschen. Vor wenigen Tagen waren sie noch so teuer wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr.
Die Nachricht vom Absturz weckte bei Anlegern böse Erinnerungen an mehrere Katastrophen mit anderen Boeing-Maschinen des Typs 737 Max. Diese hatten in den vergangenen Jahren auch viele Menschen das Leben gekostet und für Boeing wegen Sicherheitsbedanken weltweit und über längere Zeit Flugverbote nach sich gezogen.
JPMorgan-Experte Seifman schrieb, dass Boeing derzeit fünf 787-Maschinen pro Monat baue und die Zahl bald auf sieben erhöhen werde. Sollten diese Produktionssteigerungen verschoben werden, befürchtet er negative Folgen für die Geschäftsprognosen. Auch wegen der starken Nachfrage erklärte er die Serie "zu einem Schlüsselfaktor für die erwartete finanzielle Erholung von Boeing". Das Programm sei auch für viele Zulieferer wichtig, darunter neben GE Aerospace auch die Unternehmen RTX, Howmet Aerospace und ATI.
Enthält Material von dpa-AFX
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