Auf breiter Front sinken die Preise für Industrie-Rohstoffe. Kobalt, Nickel und Kupfer sind von ihren Höchstständen im Frühjahr deutlich zurückgekommen. Lithium jedoch hält sich auf hohem Niveau. Auf Basis der chinesischen Währung Yuan wurden sogar neue Höchststände für das wichtige Batterie-Leichtmetall erreicht. Lithium-Produzenten profitieren.

Die Lithiumpreise haben sich innerhalb eines Jahres nahezu verdreifacht (siehe Chart). Der Preisanstieg für das Leichtmetall, das zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien benötigt wird, "beruht größtenteils auf der steigenden Nachfrage nach Elektro-Fahrzeugen und der mangelnden Elastizität des Angebots", sagte Alec Lucas, Forschungsanalyst bei Global X, gegenüber dem Magazin "Barron's".

Lithium-Preis
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Lithium-Preis in Chinesische Yuan pro Tonne

Im laufenden Jahr scheinen Angebot und Nachfrage für Lithium zwar recht ausgeglichen zu sein. Im August berichtete Alice Yu, leitende Analystin bei S&P Global Commodity Insights, man rechne in diesem Jahr mit einem Angebot von 671.782 metrischen Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent und einer Nachfrage von 670.406 metrischen Tonnen. Daraus ergibt sich ein kleiner Überschuss von 1.376 metrischen Tonnen. Dem gegenüber stand ein geschätztes Defizit von 4.429 metrischen Tonnen im Jahr 2021, so Yu.

"Die Kluft wird größer, je näher wir dem Jahr 2030 kommen"

Doch zunehmend kommt es zu Engpässen fürs Lithium-Angebot. Die Batterie-Nachfrage aus der Elektrofahrzeuge produzierenden Autoindustrie wächst. "Wenn man bedenkt, dass es von der Minen-Erschließung bis zur Förderung über 10 Jahre dauern kann, kommt es natürlich zu Verzögerungen“, sagt Cameron Perks. Der leitende Analyst für Lithium bei Benchmark Mineral Intelligence ist der Ansicht, dass "wir bereits jetzt einen Lieferengpass haben. Das zeigen die aktuellen und anhaltend hohen Preise".

Der von Benchmark ermittelte Preis für batterietaugliches Lithiumkarbonat in China ist von knapp 19 Dollar vor einem Jahr auf etwas über 70 Dollar pro Kilogramm geklettert. "Es ist eigentlich ganz einfach: Es steht schlichtweg nicht genug Lithium zur Verfügung."

Ob das Angebot im nächsten Jahr mit der Nachfrage Schritt halten kann, ist nicht das Problem, zitiert "Barron's" Tony Fusco, den Präsidenten des Unternehmens Blue Horizon Capital. "Die Kluft wird größer, je näher wir dem Jahr 2030 kommen." 

Lithium-Angebot kann nicht mit Nachfrage mithalten

Die Biden-Regierung will die Hälfte aller 2030 verkauften Neufahrzeuge zu emissionsfreien Fahrzeugen machen. Auch in Deutschland sollen ab 2035 neue Fahrzeuge mit Verbrenner-Motoren nicht mehr verkauft werden. "Saubere Energie befindet sich an einem Wendepunkt, und das schafft langfristige Investitionsmöglichkeiten“, sagt Charl Malan, leitender Analyst im Bereich Natural Resources Equity Strategy von VanEck. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur verdoppelte sich der weltweite Absatz von Elektroautos im Jahr 2021 auf einen Rekordwert von 6,6 Millionen.

China und Europa dürften in naher Zukunft die weltweite Nachfrage nach E-Fahrzeugen ankurbeln, so Malan. Was das Lithiumangebot und die Lithiumreserven angeht, haben Australien und Chile "die Nase vorn", vor China mit dem größten E-Auto-Markt der Welt.

China verfüge über einen "maßgeblichen Marktanteil in der chemischen Verarbeitung von Lithium, in der Kathoden- und Anodenproduktion und in der Herstellung von Lithium-Ionen-Zellen – alles Bereiche, die die Nachfrage nach Roh-Lithium steigern“, so Lucas von Global X. In den "nächsten Jahren wird das unelastische Lithiumangebot schlichtweg nicht mit dem prognostizierten Anstieg der E-Auto-Nachfrage mithalten können", sagt er.

Chancen mit Lithium-Aktien

Gegen 2025 oder 2026 könnte sich das Lithium-Angebot stabilisieren, wenn neue Produktionskapazitäten auf den Markt kommen. Vor allem kleinere Anbieter, die derzeit neue Lithium-Gewinnungs-Technologien entwickeln, dürften den wichtigen Rohstoff beisteuern. Zu nennen sind hier insbesondere Unternehmen wie Standard Lithium, Vulcan Energy Resources oder Rock Tech. Doch auch etablierte Lithium-Produzenten wie Albemarle, SQM, Ganfeng Lithium oder Livent bleiben vor dem Hintergund eines begrenzten Lithium-Angebots bei zunehmender Nachfrage aussichtsreich. Alle diese Aktien dürften sich in den kommenden Jahren besser als der Schnitt entwickeln.

Wer statt auf Einzelwerte lieber auf ein Index-Produkt setzen möchte, das das Schwankungsrisiko auf mehrere Unternehmen verteilt, kann zum Global X Lithium & Battery ETF (WKN: A143H3) greifen. Darin sind neben Lithium-Produzenten auch Hersteller von Batterien wie LG Chem oder Samsung SDI enthalten, sowie Elektroauto-Bauer Tesla und BYD.

Dem Experten Alec Lucas zufolge ist es "ein guter Zeitpunkt, um in den Lithiummarkt zu investieren, zumal die langfristigen Wachstumsaussichten für Elektroautos und Energiespeicherung nach wie vor gut sind und beide Technologien in absehbarer Zeit Lithium benötigen werden."

Hinweis auf Interessenkonflikte:

Der Mehrheitsinhaber der alleinigen Gesellschafterin der Finanzen Verlag GmbH, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Rock Tech.