FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Hoffnung auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus der EZB hat dem deutschen Aktienmarkt auch am Freitag Rückenwind beschert. Der tags zuvor bereits gestärkte Dax kletterte vor dem Wochenende bis dicht an die psychologisch wichtige Marke von 16 000 Punkten heran. Gegen Mittag stand der deutsche Leitindex mit 0,95 Prozent bei 15 955,29 Punkten im Plus. Rückenwind kam auch von der tags zuvor starken Wall Street. Im weiteren Handelsverlauf könnte nun der große Verfall an den Terminbörsen noch für die ein oder andere Kursschwankung sorgen.

Für den MDax der mittelgroßen Unternehmenswerte ging es in zuletzt um 0,89 Prozent auf 27 568,41 Zähler nach oben. Auf europäischer Bühne zog der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 um 0,89 Prozent auf 4317,69 Punkte an.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Aktienmärkten in Europa und hierzulande tags zuvor frischen Schwung eingehaucht: Die Notenbanker hatten zwar in ihrer mit äußerster Spannung erwarteten Sitzung den Leitzins noch einmal um 0,25 Prozent hochgesetzt; nach damit zehn Leitzinserhöhungen in Folge dürfte der straffe Anhebungskurs nach Einschätzung von Experten aber ein Ende gefunden haben.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte entsprechende Andeutungen gemacht, allerdings sich auch die Tür für weitere Erhöhungen generell offen gelassen. Eine Garantie für ein Ende der Zinserhöhungen gibt es also nicht. "Vermutlich ist der Deckel noch nicht endgültig drauf", glaubt daher Rolf Schäffer von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Marktbeobachter Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets warnt denn auch die Investoren davor, in Sachen Geldpolitik bereits zu optimistisch zu werden. Das könne sich als Fehler erweisen. In der kommenden Woche entscheidet dann die US-Notenbank Fed über ihren Leitzins.

An diesem Freitag stehen in den USA noch einige Konjunkturdaten auf der Agenda, die von Interesse sein dürften: darunter Zahlen zur industriellen Produktion, den Im- und Exportpreisen sowie das von der Universität Michigan ermittelte Verbrauchervertrauen.

Auf Unternehmensseite hierzulande standen die Immobilienwerte auf den Verkaufslisten. Anleger dürften nun Gewinne mitnehmen, nachdem der zinsempfindliche Sektor tags zuvor im Zuge des EZB-Entscheids weiter hochgeschossen war. Die stark kreditfinanzierte Branche leidet seit geraumer Zeit unter dem hohen Zinsniveau, das auf die Bewertungen drückt, sowie steigenden Baukosten. Für Anteile an den Gesellschaften Vonovia , TAG und Aroundtown ging es zuletzt von 1,2 bis etwa zwei Prozent nach unten.

Bei den übrigen Einzelwerten zeigten sich die Pharma- und -zuliefererwerte stark. Papiere des Medizintechnikspezialisten Siemens Healthineers verteuerten sich als einer der größten Dax-Favoriten um gut 2,2 Prozent. Aktien des Laborzulieferer Sartorius bauten ihre Kurserholung mit plus 1,6 Prozent aus, nachdem sie in dieser Woche auf das tiefste Niveau seit Ende Juli gefallen waren. Auch Fresenius und Merck-Aktien stiegen.

Chemiewerte waren ebenfalls gefragt, BASF-Aktien verteuerten sich in der Folge um fast zwei Prozent, für Lanxess ging es um 1,3 Prozent nach oben. Laut dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" erwägt die Regierung eine indirekte Strompreis-Subvention energieintensiver Unternehmen, zu denen auch der Sektor zählt.

Auffällig starke Kursbewegungen gab es in den hinteren Börsenreihen. Morphosys -Papiere schossen zeitweise auf ein Hoch seit Anfang 2022 und verteuerten sich zuletzt um mehr als vier Prozent. Hier sorgte ein aufgegebenes negatives Votum der US-Bank Goldman Sachs für Schub. Analyst Rajan Sharma zeigte sich mit Blick auf das Marktpotenzial des Krebsmittels Pelabresib noch optimistischer und erhöhte seine Schätzungen. Das Mittel ist der größte Hoffnungsträger der Bayern und befindet sich aktuell in der klinischen Forschung.

Die Morphosys-Titel waren bereits zur Wochenmitte deutlich angezogen, da ein Mittel der Bayern gegen Gebärmutterkrebs es in ein beschleunigtes Zulassungsverfahren in den USA geschafft hat. Der Kurs hat sich in diesem Jahr bereits mehr als verdoppelt, war allerdings in den drei Jahren zuvor auch auf einen Bruchteil eingebrochen.

Baywa -Papiere katapultierte ein Analystenkommentar auf ein Hoch seit Anfang August, mit einem Aufschlag von neun Prozent waren sie Spitzenreiter im SDax der kleineren Unternehmenswerte. Baader-Analyst Rene Rückert gab für den Agrarhandelskonzern in einer Ersteinschätzung eine Kaufempfehlung ab. Ihm zufolge winkt mit dem neuen Konzernchef und weiterer Treiber eine Neubewertung der zuletzt von Investoren oft übersehenen Aktien./tav/mis

--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx