NEW YORK (dpa-AFX) - Der Euro ist am Donnerstag nach den geldpolitischen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) kurzen aber deutlichen Schwankungen ausgesetzt gewesen. Unter dem Strich neutralisierten sich diese und so zeigte sich die Gemeinschaftswährung im späten US-Handel relativ stabil knapp unter der Marke von 1,02 US-Dollar. Zuletzt wurden 1,0194 Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,0199 Dollar und damit auf dem Niveau vom Mittwoch festgesetzt. Der Dollar hatte entsprechend 0,9805 Euro gekostet.

Der Euro hatte am Mittag zunächst mit einem steilen Anstieg darauf reagiert, dass die Rekordinflation die Euro-Währungshüter zu einem unerwartet hohen Tempo bei ihrer ersten Zinserhöhung seit elf Jahren führt. Die Leitzinsen steigen um jeweils 0,50 Prozentpunkte und nicht wie von Analysten erwartet um lediglich jeweils 0,25 Prozentpunkte. Höhere Zinsen machen eine Währung für Anleger in der Regel attraktiver, so dass der Euro bei 1,0278 Dollar sein Tageshoch erreichte.

Die Euphorie verflog aber während der Pressekonferenz von EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die im Anschluss an die Verkündung der geldpolitischen Entscheidungen stattfand. Der Euro sackte vom Tageshoch schnell um mehr als einen Cent ab. Nach Ansicht von Händlern wuchsen die Zweifel bezüglich des am Donnerstag vorgestellten neuen Anti-Krisen-Programms, des sogenannten Transmission Protection Instruments (TPI). Dieses soll sicherstellen, dass Zinserhöhungen Länder wie zum Beispiel Italien nicht über Gebühr belasten, und eine Fragmentierung des Währungsraums verhindern.

Das neue Anti-Fragmentierungswerkzeug lasse den Verdacht aufkommen, dass die europäischen Währungshüter statt Geld- auch Fiskalpolitik betrieben, schrieb Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Steigende Risikoaufschläge sollten eigentlich Anreiz für Regierungen sein, ihre Staatsfinanzen zu konsolidieren. Diesen Mechanismus hebele die EZB im Zweifelsfalle mit ihren Wertpapierkäufen aus.

Bereits vor den EZB-Entscheidungen hatte der Euro geschwankt. Im frühen Handel reagierten die Anleger erleichtert darauf, dass Russland wieder Gas durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 liefert. Die Befürchtung, Moskau könne den Gashahn wegen des Ukraine-Kriegs komplett zulassen, bewahrheitete sich zunächst nicht. Dies hätte die Rezessionsgefahr im Euroraum schnell deutlich erhöht.

Doch bereits am Vormittag kam die Regierungskrise in Italien wieder als Belastung für den Euro mit dem Rücktritt von Ministerpräsident Mario Draghi hinzu. Hintergrund ist die fehlende Unterstützung dreier Koalitionsparteien. Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat bereits die Auflösung der beiden Parlamentskammern verfügt. Damit ist klar: Italien wird früher als geplant ein neues Parlament wählen, und zwar am 25. September./la/tih/he

Quelle: dpa-Afx