KASSEL (dpa-AFX) - Der von hohen Schulden geplagte Dünger- und Salzkonzern K+S will mit Sparprogrammen und einem Spartenverkauf zurück in die Spur finden. Dabei gab es nun einen entscheidenden Fortschritt. Was bei dem Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI K+S:

Es soll der Befreiungsschlag werden: K+S hat einen Käufer für das amerikanische Salzgeschäft gefunden - und der ist auch noch bereit, inklusive Schulden 3,2 Milliarden US-Dollar (2,7 Mrd Euro) zu zahlen. Das ist viel mehr als von vielen Industrieexperten für möglich gehalten. Konzernchef Burkhard Lohr kann die hohe Verschuldung des hessischen Unternehmens nun womöglich noch mehr senken als bislang avisiert. So lautete das Ziel bisher, die Schulden bis Ende 2021 um deutlich mehr als zwei Milliarden Euro zu drücken.

Mittlerweile heißt es: "Das Maßnahmenbündel und die jetzt vereinbarte Transaktion werden dazu beitragen, dass die Verschuldung noch deutlicher zurückgeführt werden kann." Mit "Maßnahmenbündel" sind zwei umfangreiche Sparprogramme gemeint. So braucht der nach dem Spartenverkauf kleinere Konzern weniger Verwaltung. Hier will das Unternehmen ab 2021 jährlich 60 Millionen Euro und damit 30 Prozent weniger ausgeben als noch 2019.

Bei einem anderen, schon etwas länger laufenden Programm, das auch Logistik, Produktion, Vertrieb und Marketing umfasst, kam K+S bereits gut voran. Bis Ende 2020 sollen hier wie geplant mehr als 150 Millionen Euro Synergien erreicht sein.

Durch die Kostensenkungen will Lohr selbst im Fall eines niedrigen Preisniveaus für Standarddünger sowie bei einer witterungsbedingt schwachen Nachfrage nach Auftausalz an allen deutschen Produktionsstandorten einen positiven freien Mittelzufluss erzielen. Das ist auch notwendig, um die Schulden dauerhaft zu senken. Denn mit dem amerikanischen Salzgeschäft fällt ein recht verlässlicher, im Vergleich zum Düngergeschäft weniger schwankungsanfälliger Geldbringer weg.

Und gerade im Düngergeschäft lief es in den vergangenen Jahren alles andere als rund. Produktionsprobleme in Deutschland wegen mangelnder Entsorgungsmöglichkeiten für Abwässer machten dem Konzern schwer zu schaffen. Als hier Lösungen gefunden waren, drehte sich der Wind auf dem internationalen Markt für Kalidünger. Die Nachfrage sank und damit auch die Preise. Der infolge des milliardenschweren Neubaus eines Kaliwerks in Kanada, das zudem mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen hatte, gestiegene Schuldenberg konnte auch daher nicht wie eigentlich geplant schrumpfen.

Wenig hilfreich ist es da, dass die Preise für Kalidünger im Jahresvergleich weiter unter Druck stehen. Immerhin: Zuletzt gab es positive Signale einer Stabilisierung, wohl auch weil die Düngervorräte vieler Farmer weniger wurden. Es bleibt abzuwarten, ob das ausreicht, 2020 das Unternehmensziel eines Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 480 Millionen Euro zu erreichen. Eingerechnet sind da schon Sonderkosten für den Konzernumbau in Höhe von 40 Millionen Euro. Näheres dazu dürfte es am 12. November im Zuge der Veröffentlichung der Zahlen für das dritte Quartal geben.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Experten werten den Verkauf des amerikanischen Salzgeschäfts vor allem wegen des erzielten Preises positiv. Viele bleiben aber eher skeptisch hinsichtlich der Geschäftsaussichten für das "neue" K+S. Mit dem Schritt verschaffe sich das Unternehmen mehr Zeit für die Restrukturierung, aus dem Gröbsten sei es damit aber noch nicht heraus, meint etwa Thomas Swoboda von der französischen Bank Societe Generale.

Angesichts der niedrigen Kalipreise und hoher Kosten für Umweltschutzmaßnahmen dürften die Kasseler im kommenden Jahr Geld verbrennen, erklärte der Experte seine vorsichtige Einschätzung. Es brauche schon höhere Düngerpreise und wohl noch mehr Restrukturierung, um befriedigende Niveaus bei Profitabilität und Geldzufluss zu erreichen. Swoboda rät daher weiterhin nur zum Halten der Aktie.

Axel Herlinghaus von der DZ Bank gibt zudem zu bedenken, dass K+S nun wieder "als nahezu reinrassiges Düngemittel-Unternehmen" dastehe. Und hier sei der Wettbewerb hart und die Verkaufspreise schwankten stark. Zudem müsse der Konzern noch an den Produktionskosten arbeiten.

Deutlich optimistischer ist Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe. "Die Auferstehung habe begonnen, K+S ist nun ein Übernahmekandidat", titelt er in einer Studie. Der Verkaufspreis des amerikanischen Salzgeschäfts verdeutliche, dass K+S am Aktienmarkt unterbewertet sei. Das könnte sich nun ändern. Mit seinem Düngergeschäft und den europäischen Salzaktivitäten könnte das Unternehmen zudem als Übernahmeziel für Beteiligungsgesellschaften interessant sein.

Mit einem Kursziel von 12 Euro ist Gabriel der mit Abstand zuversichtlichste Experte unter den neun von dpa-AFX seit der Ankündigung des Verkaufs des amerikanischen Salzgeschäfts an Stone Canyon Industries erfassten Experten. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund acht Euro. Dabei gibt es sieben Halteempfehlungen, zwei Experten sagen "Kaufen".

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die im Index der mittelgroßen Werte MDax gelisteten Aktien stehen, abgesehen von wenigen Erholungsphasen, seit mehr als einer Dekade unter Druck. Kurz vor der Weltfinanzkrise im Jahr 2008 hatten die Papiere mehr als 97 Euro gekostet. Aktuell sind es etwas mehr als 7 Euro.

Zwar folgte auf den Kurseinbruch im Sog der globalen Finanzkrise 2008 bis 2009 eine Erholung bis ins Jahr 2011 hinein. Anschließend purzelte der Aktienkurs wieder. 2015 trieb das Interesse des kanadischen Wettbewerbers Potash den Kurs nochmal bis auf rund 40 Euro. Allerdings gab Potash - das mittlerweile mit Agrium zu Nutrien fusionierte - die Pläne wegen des Widerstands des Managements von K+S sowie einer Eintrübung des Kali-Marktumfeldes auf.

Von den knapp 40 Euro ist aktuell weniger als ein Fünftel übrig, vom Rekordhoch aus 2008 weniger als ein Zehntel. Allein im laufenden Jahr steht trotz der jüngsten Erholung ein Minus von rund 35 Prozent zu Buche. Damit schrammt K+S derzeit nur knapp an einem Platz unter den zehn schwächsten Werten im 60 Titel umfassenden MDax vorbei.

Beim Börsenwert reicht es mit rund 1,35 Milliarden Euro nur noch für den drittletzten Platz im Index der mittelgroßen Werte. Zum Vergleich: Mitte 2015 waren es im Zuge des Interesses von Potash noch rund sieben Milliarden Euro gewesen. Damals war K+S auch noch im deutschen Leitindex Dax notiert./mis/ssc/bek/he

Quelle: dpa-Afx