BERLIN (dpa-AFX) - Bayer
Oelrich verwies in dem Gespräch anlässlich einer Pharmabranchenkonferenz der US-Bank JPMorgan in dieser Woche auf zwei wichtige neue Hoffnungsträger: 2021 habe Nubeqa zur Behandlung von Prostatakrebs im ersten durchgehenden Jahr am Markt einen Umsatz von rund 220 Millionen Euro erzielt und damit mehr als ursprünglich erwartet, erklärte der Manager. Das seit Mitte 2021 in den USA zugelassene Kerendia zur Behandlung von Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes habe zudem einen starken Start hingelegt. Für beide Medikamente könnte der Konzern die mittelfristigen Umsatzprognosen wohl schon bald anheben.
"Wir werden uns dieses Thema im Laufe des Jahres anschauen müssen", antwortete der Manager auf die Frage nach höheren Schätzungen für den Spitzenumsatz mit den Mitteln. Für beide kalkuliert Bayer aktuell noch offiziell mit mehr als einer Milliarde Euro als Peak Sales, also dem höchsten Umsatz innerhalb eines Jahres.
Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan zählt beide Medikamente in einer aktuellen Studie zu den größten Wachstumstreibern der Leverkusener im noch jungen Jahr 2022. Er traut Kerendia einen Spitzenumsatz von fast zwei Milliarden US-Dollar im Jahr 2027 zu. Auf Nubeqa blickt er aktuell vorsichtiger als Bayer und kalkuliert ebenfalls für 2027 mit einer Dreiviertelmilliarde Dollar.
Allerdings könnte das Potenzial von Nubeqa schon bald größer werden. Mit ihm wird aktuell das nicht-metastasierte kastrationsresistente Prostatakarzinom behandelt. Bayer hofft angesichts aktueller Studiendaten auch auf eine Zulassung gegen das metastasierte hormonsensitive Prostatakarzinom. Detaillierte Resultate der Studie dazu soll es im Februar geben. Je nach Ausgang könnten dann auch Analysten ihre längerfristigen Schätzungen anpassen. Oelrich rechnet mit einer verdreifachten Anzahl potenzieller Patienten im Falle einer Zulassung durch die Arzneimittelbehörden.
Für Bayer ist ein Erfolg neuer Medikamente wichtig, da in den kommenden Jahren der Patentschutz für wichtige Umsatzbringer wie den Gerinnungshemmer Xarelto und das Augenmedikament Eylea nach und nach wegfallen wird. Die beiden Wachstumstreiber spülen jedes Jahr Milliardenumsätze in die Kassen des Dax-Konzerns.
Wegen des Auslaufens der Patente hatte die Bayer-Führung die Aktionäre eigentlich auf eine Umsatzdelle im Pharmageschäft im Jahr 2024 eingestellt. Ende Oktober hielt das Europäische Patentamt dann aber das Patent auf die einmal tägliche Verabreichung von Xarelto aufrecht. Damit ist es bis Mitte Januar 2026 gültig, zumindest bis einzelne EU-Länder anders entscheiden.
Angesichts eines Xarelto-Jahresumsatzes von rund zwei Milliarden Euro in der EU ist das eine wichtige Entscheidung, denn damit bleibt die Generika-Konkurrenz noch zwei Jahre länger außen vor. Wie viel geringer der Umsatzrückgang im Pharmageschäft 2024 dadurch ausfallen wird - oder ob er überhaupt noch Thema ist -, wollte Oelrich nicht sagen. "Das machen wir dann zu gegebener Zeit."
Zudem hat Bayer nun mehr Zeit, einen möglichen Xarelto-Nachfolger auf den Markt zu bringen. Der Konzern testet aktuell einen sogenannten Faktor-11-Gerinnungshemmer. In den kommenden Monaten werden hierfür Phase-II-Studienergebnisse erwartet, klinische Phase-III-Studien sind geplant. Allerdings ist der Markt auch hart umkämpft.
Längerfristig Rückenwind verspricht sich Oelrich durch die Gen- und Zelltherapieforschung. Erst zu Wochenbeginn hatte Bayer hier die Zusammenarbeit mit einem US-Spezialisten für Genveränderung, Mammoth Biosciences, bekannt gegeben. Durch die neuartigen Genschere-Systeme (Crispr) von Mammoth verspricht sich Bayer Vorteile bei der Entwicklung von Gen- und Zelltherapien. Die Systeme der US-Amerikaner sind viel kleiner als die aktuelle Standardtechnologie, können also einfacher in Zellen eingeschleust werden. Davon sollen auch die US-Biotech-Unternehmen Bluerock Therapeutics und Asklepios BioPharmaceutical (AskBio) profitieren, die Bayer in den letzten Jahren übernommen hatte.
Der Stammzellenspezialist Bluerock Therapeutics ist unter anderem auf neurologische und kardiologische Krankheiten wie Parkinson fokussiert. AskBio forscht an Gentherapiekandidaten für die Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen und neuromuskulären Defekten, aber auch an Mitteln gegen Stoffwechselerkrankungen wie die seltene Pompe'sche Krankheit. Bis erste Medikamente auf den Markt kommen, werden aber noch Jahre vergehen./mis/tav/eas
Quelle: dpa-Afx