MÜNCHEN (dpa-AFX) - Das Geschäft rund um die Digitalisierung von Industrie und Infrastruktur läuft weiter wie geschmiert und treibt den Technologiekonzern Siemens
Siemens habe "Allzeithochs bei den Ergebnissen bei Digital Industries und Smart Infrastructure sowie einen erneuten Rekord im Auftragsbestand" erzielt, zeigte sich Busch bei der Vorlage der Zahlen am Mittwoch in München zufrieden. Mit einem Bestand von 105 Milliarden Euro habe Siemens "einen sehr klaren Blick auf den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres 2023 und darüber hinaus", sagte er in einer Telefonkonferenz. So sollen in der zweiten Geschäftsjahreshälfte aus dem Bestand noch rund 30 Milliarden Euro als Umsatz realisiert werden.
Der Aktie gab dies am Mittwoch Auftrieb. Der Kurs stieg am Vormittag kurz bis zu 154 Euro und damit auf ein Hoch seit Januar 2022, danach drehten die Papiere aber wieder leicht ab. Aktuell liegen sie noch rund 2,3 Prozent im Plus. Analyst Andrew Wilson von JPMorgan attestierte dem Industriekonzern in einer ersten Reaktion ein sehr starkes Quartal. Alle drei Konzernsegmente hätten bei den Aufträgen, dem Umsatz und den Margen positiv überrascht und einige Rekordwerte erreicht. Das neue Ergebnisziel des Konzerns liege um acht Prozent über der Markterwartung, schrieb Analyst Gael de-Bray von der Deutschen Bank. Trotz der Schwäche der Tochter Siemens Healthineers
So erwartet Siemens für 2022/23 (per Ende September) ein vergleichbares Umsatzwachstum von neun bis elf Prozent. Dabei herausgerechnet sind Währungs- und Portfolioeffekte. Zuletzt waren die Münchner von einem Plus von sieben bis zehn Prozent ausgegangen. Dies wird sich auch auf den Gewinn positiv niederschlagen. So soll der Gewinn je Aktie vor bestimmten Kaufpreiseffekten auf 9,60 bis 9,90 Euro steigen, nach zuvor in Aussicht gestellten 8,90 bis 9,40 Euro. Inklusive der Ende des Quartals erfolgten Wertzubuchung bei der Beteiligung Siemens Energy
Auch die Aussichten für die Sparten Industrie-Digitalisierung und intelligente Infrastruktur wurden angehoben. Für das Zuggeschäft erhöhte Siemens den Umsatzausblick. Der Technologiekonzern hatte bereits zum ersten Quartal seine Aussichten erhöht.
Die dynamische Entwicklung setzte sich auch im zweiten Quartal fort. So stiegen die Umsätze um 14 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro. Dabei steigerten die Geschäfte rund um die Industrie-Digitalisierung, intelligente Infrastruktur sowie das Zuggeschäft Mobility ihre Erlöse jeweils um mehr als 20 Prozent. "Die Anspannungen in den Lieferketten gingen weiter zurück. Bauteile sind wieder leichter verfügbar. Wir konnten daher unsere Fertigung besser auslasten und die Kunden besser beliefern", sagte Busch.
Zudem konnte Siemens mehr Neugeschäft einwerben. Der Auftragseingang stieg um 13 Prozent auf 23,6 Milliarden Euro, getrieben durch die Zugsparte. Dagegen sanken die Aufträge bei Digital Industries. "Wie erwartet, hat sich das Bestellvolumen unserer Kunden im Produktgeschäft von Digital Industries und in Teilen bei Smart Infrastructure wieder normalisiert, weil Lieferzeiten kürzer wurden und Komponenten wieder besser verfügbar sind", sagte Busch. Dies werde sich in den kommenden Quartalen fortsetzen. Den Auftragsbestand in den kurzzyklischen Produkt- und Systemgeschäften sieht der Manager "daher auf ein nachhaltiges Niveau zurückkehren". Dennoch geht er davon aus, dass beide Sparten das kommende Geschäftsjahr 2024 mit einem weiterhin hohen Auftragsbestand beginnen. Dies ermögliche "ein hohes Maß an Visibilität".
Das Ergebnis der Industriegeschäfte, das die operative Ertragskraft misst, legte im Quartal um knapp die Hälfte auf 2,6 Milliarden Euro zu, wobei die drei Kernsparten deutliche Zuwächse erzielten. Allein die Medizintechniktochter Siemens Healthineers musste wie bereits bekannt einen deutlichen Rückgang hinnehmen. Nach Steuern konnte Siemens seinen Gewinn mit 3,55 Milliarden Euro fast verdreifachen. Dabei profitierte das Unternehmen auch von der Wertzubuchung bei Siemens Energy, nachdem sich deren Aktienkurs wieder deutlich von seinen Tiefständen erholt hat.
Nach einer Kapitalerhöhung des Energietechnikkonzerns hält Siemens noch 31,9 Prozent. Langfristig will sich der Siemens von der Beteiligung trennen. So wurden die 9,9 Prozent, die der Pensionsfonds hielt, inzwischen bereits vollständig verkauft, wie Finanzvorstand Ralf Thomas in der Konferenz sagte. Zum Ende des Geschäftsjahres soll über das weitere Vorgehen entschieden werden. Thomas zufolge besteht jedoch keine Eile bei einem Verkauf./nas/niw/stk
Quelle: dpa-Afx