Gespalten waren auch die Länder bei der Abstimmung von Ende September, deren Ergebnis erst jetzt öffentlich bekannt wurde: Das SPD-regierte Niedersachsen mit dem Konzernsitz von Volkswagen plädierte wie die Mehrheit der Länder für das Aus des Verbrennungsmotors. Das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg, wo Daimler und Porsche sowie viele Zulieferer sitzen, stimmte wegen der Sorge um Arbeitsplätze dagegen. "Wir arbeiten nicht mit Fristen", sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet. Stattdessen sollte die Industrie, die schon den Weg zu Elektroautos eingeschlagen habe, mit Grenzwerten und Anreizen zum Umstieg bewegt werden. Auch Bayern, Heimat von BMW und Audi, stimmte dagegen.
Anlass für die Stellungnahme des Bundesrates war die Mitteilung der EU-Kommission unter dem Titel "Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität". Die Länderkammer erklärt dazu unter anderem, sie sei der Überzeugung, dass "spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden". Dafür sollten Vorschläge zum "effizienten Einsatz von Abgaben und steuerrechtlichen Instrumenten" unterbreitet werden. Theoretisch könnte dies eine höhere Benzin- und Dieselsteuer sein. Die eigentliche Reaktion auf die EU-Kommission muss jetzt aber von der Bundesregierung kommen, die dafür die Stellungnahme der Länderkammer berücksichtigen soll.
INDUSTRIE UND GEWERKSCHAFT KRITISCH
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) nannte das Votum des Bundesrats daher irrelevant. "Vergessen Sie dieses Papier. Entscheidend ist für uns der Klimaschutzplan der Europäischen Union und der Klimaschutzplan, den die Bundesregierung gerade erarbeitet", sagte VDA-Chef Matthias Wissmann im Deutschlandfunk. Für die Branche ist die Weichenstellung heute bereits wichtig, da die milliardenschweren Entwicklungsetats der Konzerne in entsprechende Technologien gelenkt werden müssen. Derzeit wird noch viel in die Verbesserung von Verbrennungsmotoren investiert. Tausende Arbeitsplätze hängen an der Technik. Daher mahnte auch die IG Metall, die willkommene Wende zu CO2-freier Mobilität erfordere ein komplexes Umsteuern. "Ein öffentlicher Wettbewerb über möglichst radikale Maßnahmen und isolierte Ziele bringen in der Sache nichts", erklärte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann.
Hendricks hatte bereits in ihren "Klimaschutzplan 2050" geschrieben, dass der "weit überwiegende Teil" der Pkw-Neuwagenflotte spätestens ab 2030 elektrisch oder mit anderen umweltfreundlichen Antrieben ausgestattet werden müsse. Anders sei das Ziel, bis 2050 den Treibhausgas-Ausstoß fast vollständig zu beenden, nicht zu erreichen. Der Passus wurde aber nach der Vorlage des Papiers beim Kanzleramt wieder herausgestrichen. Derzeit ist das Konzept in der Abstimmung zwischen den Ressorts. Hendricks will weiter für ihre Version kämpfen.
rtr