Greife niemals in ein fallendes Messer, sagt eine alte Börsenweisheit. Allerdings lässt man bei dieser Strategie die Chance aus, an einer Trendwende kräftig zu verdienen. Anleger, die Turnaround-Situationen nutzen wollen, können sich als Alternative zu Aktien auch Bonuszertifikate ansehen. Diese Papiere bieten auf die bereits gefallenen Kurse noch einen zusätzlichen Risikopuffer.
Bonuszertifikate sind ein Urgestein der Derivatewelt. Die Produkte kommen in vielen Erscheinungsformen vor. Für den Einsatz bei Turnaround-Wetten reichen aber die beiden Klassiker aus: ungedeckelte Bonuszertifikate und sogenannte Bonus-Cap-Produkte. Sie sind auch für weniger erfahrene Anleger verständlich.
Ein Bonuspapier hat eine Laufzeit, eine untere Barriere und eine höhere Bonusschwelle. Die Regel besagt: Berührt oder unterschreitet der Basiswert während der Laufzeit die Barriere nicht, erhalten Anleger am Fälligkeitstag mindestens den Bonusbetrag ausgezahlt, der durch die Schwelle definiert ist. Notiert der Basiswert allerdings über der Bonusschwelle, profitieren Anleger beim klassischen Bonus im vollen Umfang. Gedeckelte Bonus-Cap-Zertifikate hingegen begrenzen das Gewinnpotenzial auf die Höhe der Bonusschwelle.
BÖRSE ONLINE hat die Bonuslandschaft nach Basiswerten durchforstet, die stark an Wert verloren haben und eine Comebackchance bieten. Lukrative Investmentmöglichkeiten ergeben sich etwa bei Bayer, Morphosys und Ceconomy.
Der Leverkusener DAX-Konzern sieht sich seit der Übernahme von Monsanto mit Schadenersatzklagen im zweistelligen Milliardenbereich konfrontiert. Analysten zufolge hat Bayer Rückstellungen in ausreichender Höhe gebildet. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass es mit der Einigung zu einem Kurssprung kommt. Als Alternative zur Aktie eignen sich daher Bonuszertifikate ohne Kursdeckelung (Cap), die unbegrenzt von der Entwicklung des Basiswerts profitieren.
Zur Finanzierung der Bonuschance und des Puffers behält der Emittent die Dividende ein. Besonders günstig sind für diese Spekulation deshalb vor allem Produkte mit einer langen Laufzeit. Denn im Bayer-Kurs sind einige Dividendenzahlungen eingepreist. Damit tritt die Konstellation ein, dass das Bonuszertifikat in vielen Fällen mit Abgeld, also unterhalb des Basiswerts, notiert: Den Risikopuffer und die Bonuschance gibt es gratis dazu.
Auf die Bayer-Aktie ist eine breite Auswahl an Produkten erhältlich. Dabei können Risikopuffer, Bonusrendite, Auf- und Abgeld je nach Risikoneigung gewählt werden. Dabei gilt: je höher der Risikopuffer, umso geringer die Seitwärtsrendite. Sehr hohe Puffer und üppige Renditen gibt es fast nur, wenn man bereit ist, ein Aufgeld zu bezahlen. Unter den langlaufenden Papieren bietet etwa das Bonuszertifikat mit der WKN LB2 N8V mit einem kleinen Abgeld und einer annualisierten Seitwärtsrendite von über zehn Prozent eine gute Chance-Risiko-Kombination. Der Puffer beträgt allerdings nur 24 Prozent.
Vorsichtige Anleger können daher zugunsten des Risikopuffers auf Seitwärtsrendite verzichten. Das von der Redaktion ausgesuchte Produkt hat eine annualisierte Seitwärtsrendite von 3,9 Prozent, was ungefähr die entgangenen Dividenden ausgleichen sollte. Zudem gibt es einen Risikopuffer von 38 Prozent. Damit sind auch sehr negative Szenarien abgefedert. Sollte die Aktie durchstarten, läuft das Zertifikat eins zu eins mit.
Hohe Seitwärtsrenditen mit Deckel
Anders ist der Fall bei Morphosys und Ceconomy gelagert. Hier gibt es keine Dividende, die ein Bonuspapier finanzieren müsste. Dafür ist die Volatilität hoch. Das sorgt für günstige Konditionen bei Zertifikaten mit Cap. Die Gewinnbegrenzung wird vom Emittenten durch den Verkauf einer Call-Option finanziert. Der Wert der verkauften Option steigt mit der Volatilität - und damit auch der Risikopuffer.
Die Aktie von Ceconomy, dem Mutterkonzern der bekannten Ketten Saturn und Media Markt, hat unter der Pandemie gelitten. Das hat den Kurs belastet. Andererseits hat der Lockdown aber auch dazu geführt, dass die Elektronikkette das Onlinegeschäft massiv ausbaute. Nun sind die Läden wieder geöffnet. Auf dem Weg zurück in die Normalität sollte die Aktie nachziehen. Zumindest das Jahreshoch bei fast sechs Euro sollte erreichbar sein.
Inhaber eines gedeckelten Bonuspapiers können den Weg ein Stück begleiten. Bei einer Barriere von drei Euro und einem Cap bei fünf Euro bietet das Derivat bis September kommenden Jahres eine Seitwärtsrendite von über 17 Prozent. Die Barriere liegt unter dem 52-Wochen-Tief.
Die Morphosys-Aktie kostete Anfang 2020 noch 135 Euro, heute ist sie für 40 Euro zu haben. Gründe des Einbruchs: Das neu zugelassene Krebsmittel Monjuvi verkauft sich schlechter als erwartet. Zudem hat Morphosys sichere Lizenzerträge zur Finanzierung der Übernahme der Gentechnikfirma Constellation Pharma eingesetzt. Der Börsenwert ist aber nun nur noch so hoch wie der Kaufpreis von Constellation. Da Monjuvi-Kooperationspartner Incyte auf Basis einer zweieinhalbfach höheren Bewertung eingestiegen ist, besteht einiges an Aufholpotenzial.
Anders als bei Ceconomy gibt es in der gedeckelten Bonuswelt zu diesem Basiswert einige Produkte, die einen Risikopuffer von mindestens 20 Prozent bieten. Wer bereit ist, ein Aufgeld zu bezahlen, kann mit dem Bonuszertifikat mit der WKN HB0GT0 bei einem Risikopuffer von 23 Prozent bis Juni 2022 eine Rendite von über 30 Prozent einfahren. Wer vorsichtiger ist, versucht über einen niedrigen Einstiegspreis zu punkten. Das von der Redaktion ausgewählte Zertifikat wird mit einem Abgeld von elf Prozent gehandelt: Damit ist der Griff ins fallende Messer fast schon doppelt abgesichert.