So viele Tech-Börsengän- ge wie zurzeit gab es zuletzt vor zwei Jahrzehnten: Laut Datenanbieter Bloomberg könnte das Emissionsvolumen von Technologie- IPOs (Initial Public Offering) in New York und Shanghai in diesem Jahr auf 57 Milliarden Dollar klettern, einschließlich der für Oktober geplanten Mega- Emission des chinesischen Fintechs Ant Financial Group. Mit einem Volumen von bis zu 30 Milliarden Dollar könnte Ant einer der größten Börsengänge aller Zeiten werden und sogar den bisherigen Rekordhalter Saudi Aramco (29,4 Milliarden Dollar 2019) übertreffen. 1999 wiederum hatten Börsenneulinge insgesamt 62 Milliarden Dollar eingesammelt.
Zu den neuen Tech-IPOs zählen der Unterkünftevermittler Airbnb, der Datensammler Palantir und der Softwarespezialist Asana, der allein angeblich 20 Milliarden Dollar Börsenwert auf die Waage bringen soll. Beflügelt wird der unerwartete Boom von der raschen Erholung der Aktienmärkte nach dem Corona-Einbruch, dauerhaft niedrigen Zinsen und der weiter expansiven Geld- und Fiskalpoltik in vielen Regionen.
Investoren fassen Vertrauen
Auch am Finanzplatz Frankfurt regt sich neues IPO-Leben. Im Vergleich zu den Tech-Monstern in Übersee sind es hierzulande aber eher zarte Pflänzchen. Dazu zählt der Caravanhersteller Knaus Tabbert, der vom Wohnmobil-Boom in Corona-Zeiten profitiert und am Dienstag seine Börsenpläne konkretisierte. Der Börsengang könnte demnach 400 Millionen Euro schwer werden.
Der Münchner Rüstungselektronikhersteller Hensoldt - 2017 vom Finanzinvestor KKR von Airbus übernommen - könnte Finanzkreisen zufolge in den kommenden Tagen den IPO- Startschuss geben. Hensoldt stellt Radarsysteme für Kampfjets her und soll zwei Milliarden Euro Börsenwert haben.
"Ich rechne damit, dass Knaus Tabbert oder Hensoldt keine Einzelfälle bleiben, sondern dass sich hier tatsächlich ein Trend zu Börsengängen in Frankfurt abzeichnet", sagt Jürgen Kurz von der Aktionärsvereinigung DSW. "Bis vor Kurzem gab es großes Misstrauen in die allgemeine Marktentwicklung und Angst vor massiven Einbrüchen. Doch inzwischen beginnen Investoren, der guten Börsenentwicklung zu trauen, und man hat auch angesichts der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland eine verlässliche Perspektive für die nächsten sechs bis zwölf Monate. Viele werden sich jetzt aus der Deckung wagen", glaubt Kurz.
Zu weiteren Kandidaten zählt etwa die Funkturmsparte von Vodafone sowie der Fachverlag Springer Nature. Der vergleichsweise größte Brocken ist die für den 28. September angekündigte Abspaltung der Energiesparte von Siemens. Der Ableger Siemens Energy soll einen Börsenwert von zehn Milliarden Euro haben. Die bisherigen Siemens-Aktionäre sollen rund 55 Prozent der Anteile erhalten. Siemens selbst will zunächst 35 Prozent behalten, der Rest geht an den Pensionsfonds des Konzerns. Zwölf bis 18 Monate nach dem Börsengang will Siemens seinen Anteil weiter verringern. Das Unternehmen fährt einen strikten Sparkurs.