Ziel ist ein Umstieg auf Erneuerbare Energien ohne Härten für Regionen und Beschäftigte. "Das fossile Zeitalter geht mit dieser Entscheidung unwiderruflich zu Ende", sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Umweltgruppen und Grüne kritisierten den Ausstieg als viel zu spät, das Gesetz als eine Gelddruckmaschine für die Konzerne.

Die Abstimmung im Bundestag endete beinahe im Eklat, da zunächst keine Mehrheit der Koalition für das Gesetz ausgemacht werde konnte. Erst in einer Wiederholung, bei der die Abgeordneten den Saal im sogenannten Hammelsprung verlassen mussten und durch unterschiedliche Türen wieder betraten, kam die Mehrheit zustande. Vor dem Reichstagsgebäude demonstrierten Umweltgruppen und die Schülerbewegung "Fridays for Future" gegen das Gesetz. Greenpeace ergänzte den Schriftzug "Dem Deutschen Volke" am Reichstag mit dem Zusatz "...eine Zukunft ohne Kohlekraft". Der BUND sprach von einer Farce, denn fast die Hälfte der Braunkohlemeiler gingen erst nach 2034 vom Netz.

Wirtschaftsminister Altmaier sprach im Bundestag von einem Generationenprojekt. Deutschland sei das einzige Industrieland, das nach der Atomenergie auch aus der Kohle aussteige. Er verwies darauf, dass den betroffenen Kohleregionen im parallel beschlossenen Strukturhilfegesetz bis zu 40 Milliarden Euro zuflössen. "Das ist ein guter Tag für den Strukturwandel", sagte auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Konkret sollen Gelder in Digitalisierung, Batteriespeicherung und Wasserstofftechnologie fließen. Als Beispiele wurden auch Behördenansiedlungen sowie der Ausbau von Wissenschaft und Forschung genannt. Diesem gesonderten Gesetz stimmten auch die Grünen zu. Dem Ausstiegsgesetz verweigerten sie aber das Ja, unter anderem wegen der Entschädigungen für die Braunkohlebetreiber von 4,35 Milliarden Euro. RWE soll 2,6 Milliarden und die ostdeutsche LEAG 1,75 Milliarden Euro erhalten. Dies sei eine Gelddruckmaschine für die Unternehmen, kritisierten die Grünen. Viele Kraftwerke wären ohnehin aus wirtschaftlichen Gründen früher abgeschaltet worden. "Es trifft mich ins Mark, dass ich heute diesem Kohleausstiegsgesetz nicht zustimmen kann." Die AfD, die den menschengemachten Klimawandel ohnehin bezweifelt, nannte den Kohleausstieg eine Gefahr für die Versorgungssicherheit und ein Angriff auf die Industrie in Deutschland.

KOMMISSION SOLLTE KONSENS SCHAFFEN


Um einen größtmöglichen Konsens zum Kohleausstieg zu erreichen, hatte die Regierung eine Kommission mit Vertretern von Industrie, Gewerkschaften und auch Umweltverbänden einberufen. Anfang 2019 erzielte sie einen Kompromiss. Die Regierung versprach das Konzept umzusetzen.

Die beteiligten Umweltverbände sehen das Gesetz jedoch im Widerspruch dazu. So ging im Sommer mit Datteln gegen den Kommissionswillen noch ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz. Betreiber von Steinkohle-Meilern können sich in jährlichen Ausschreibungen um Entschädigungen bei Abschaltung bewerben. Die letzte Runde läuft 2027, danach kann entschädigungslos stillgelegt werden. Kraftwerke, die auch Wärme produzieren, könne zudem Hilfen für eine Umrüstung aus Gas oder Biomasse bekommen.

Die Industrie lobte trotz früher Vorbehalte das Gesetz. Es sei ein wichtiger Meilenstein der Energiepolitik, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch. "Nun geht es darum, neben dem Zubau von Gaskraftwerken ein besonderes Augenmerk auf den forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien zu legen." Die Energiebranche sprach ebenfalls von einer historischen Wegmarke. Jetzt müsse man aber beherzt in das Zeitalter von Wind- und Sonnenenergie einsteigen, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae. "Wir brauchen im zweiten Halbjahr einen Entwurf für eine umfassende Novelle des Erneuerbare-Energien-Gestzes." Basis für den Kohleausstieg ist, dass 2030 mindestens 65 Prozent des Stromverbrauchs aus Wind-, Wasser- oder Sonnenenergie stammen.

rtr