Bauchschmerzen bereiten Anlegern die Angaben eines Insiders, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Gespräch mit Premierminister Boris Johnson einen Deal als überaus unwahrscheinlich bezeichnete. Das sei zwar eine schlechte Nachricht, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Letztlich laufe dies aber auf einen erneuten Aufschub des EU-Ausstiegs Großbritanniens und Neuwahlen hinaus.

Das Pfund Sterling ging dennoch auf Talfahrt. Es verbilligte sich um bis zu 0,7 Prozent auf 1,2209 Dollar und markierte mit 1,1109 Euro ein Vier-Wochen-Tief. Einige Experten bezweifelten, dass Brexit-Hardliner Johnson den Aufschub beantragen wird, zu dem ihn das Parlament bei einem Scheitern der Gespräche verpflichtet hat. Er hat betont, lieber "tot im Graben" liegen zu wollen. Die oppositionelle Labour Party rief die Unterhaus-Abgeordneten dazu auf, gemeinsam einen von Johnson erzwungenen chaotischen Brexit zum 31. Oktober zu verhindern.

Britischen Personalvermittlern verhagelt dieses Hickhack bereits das Geschäft. Pagegroup und Robert Walters begründeten ihre enttäuschenden Zahlen unter anderem mit der Verunsicherung durch den Brexit-Streit. Die Aktien der beiden Unternehmen stürzten in London um jeweils mehr als zehn Prozent ab.

IM ZOLLSTREIT WAS NEUES?


Unterdessen bereiteten sich die beiden weltgrößten Volkswirtschaften auf die für Ende der Woche geplanten Gespräche zur Beilegung ihres Zollkonfliktes vor. "Eine kleine, eng begrenzte Einigung scheint möglich", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. "Aber selbst das könnte sich als Wunschdenken entpuppen, da die Positionen beider Seiten zu weit auseinander liegen."

US-Präsident Donald Trump könnte China entgegenkommen, um von der Diskussion über seine mögliche Amtsenthebung abzulenken, sagte Commerzbank-Analyst Hao Zhou. Denkbar sei aber auch, dass er aus eben diesem Grund den Ton verschärfe. Da die Verhandlungsdelegationen hochrangig besetzt seien, sei zumindest ein Mini-Deal zu erwarten. Trump steht wegen eines Telefonats mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unter Druck. Trump drängte Selenskyj, gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden zu ermitteln.

KURSSTURZ BEI QIAGEN - NOKIA UND ERICSSON IM AUFWIND


Am deutschen Aktienmarkt sorgte ein gut 22-prozentiger Kursrutsch bei der Biotechfirma Qiagen für Aufsehen. Das ist der größte Ausverkauf seit 2002. Ein Auslöser seien die enttäuschenden Quartalsergebnisse, schrieb Analyst Peter Welford von der Investmentbank Jefferies. Außerdem sorge der überraschende Abgang des langjährigen Chefs Peer Schatz für Verunsicherung. Ins Rampenlicht rückten außerdem Nokia und Ericsson, deren Titel sich um bis zu 1,1 Prozent verteuerten. Einem Medienbericht zufolge plädiert die US-Regierung für die Vergabe von Krediten an die beiden skandinavischen Telekom-Ausrüster, damit diese sich besser im Wettbewerb mit dem umstrittenen chinesischen Rivalen Huawei behaupten können.

rtr