Die Bilanz des 57-Jährigen, der vor gut drei Jahren das Ruder bei dem einstmals so stolzen Geldhaus übernahm, ist aus Sicht der Aktionäre ernüchternd. Denn die jahrelangen Verluste drückten die Dividende der Deutschen Bank massiv in Richtung Null.

Dass die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump die Deutsche Bank ebenso trifft wie jene Wall-Street-Banken, mit denen sich die Frankfurter so gerne messen würden, spielt nur eine Nebenrolle. Während Cryan unter dem Strich ein Defizit verkünden wird, mussten JP Morgan, Morgan Stanley und Goldman Sachs lediglich eine Gewinndelle im vergangenen Quartal hinnehmen. Sie konnten aufs Jahr gesehen mit satten Milliarden-Profiten punkten und ihre Top-Investmentbanker mit hohen Boni belohnen. Dass Cryans Mannschaft vor Steuern einen Gewinn eingefahren haben dürfte, ist da nur ein schwacher Trost.

AUFSCHREI IN DER POLITIK



Für die Deutsche Bank, die als einziges heimisches Institut in der Liga der großen US-Häuser mitspielen will, ist das ein Problem. Denn in den zurückliegenden Jahren mussten auch die Banker darben, und deren Geduld scheint nun am Ende. Nicht wenige sollen mit Abwanderung gedroht haben, sollte der Bonustopf erneut zusammengestrichen werden. Cryan hat ihre Drohungen offenbar gehört - einem Medienbericht zufolge soll die Ausschüttung auf mehr als eine Milliarde Euro steigen, die Mitte März für 2017 gezahlt werden soll. Das wäre im Vergleich zu den 2,4 Milliarden Euro für 2015 zwar immer noch wenig, aber mehr als doppelt so viel wie für 2016. Cryan selbst hatte zuletzt bereits erklärt, er wolle trotz des Verlusts zum normalen Boni-System zurückkehren.

Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment, einem der größeren Anteilseigner der Bank, gibt Cryan Rückendeckung, stellt aber zu gleich auch eine Forderung auf: "Die Entscheidung, wieder Boni zu zahlen, ist grundsätzlich richtig. Dabei muss sichergestellt sein, dass Boni nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, sondern nur echte Leistungsträger belohnt werden. Das muss auch gegenüber den Aktionären transparent gemacht werden."

In der Politik sorgten die Pläne Cryans dagegen für einen Aufschrei. "Überall schließen Bankfilialen, Kunden verlieren ihre Berater, Berater ihre Jobs", bemängelte SPD-Chef Martin Schulz in der "Bild"-Zeitung. "Wenn in dieser Situation Boni in Höhe von einer Milliarde Euro ausgeschüttet werden, dann verliert ein Unternehmen nicht nur an Ansehen. Das schadet insgesamt unserer Solidargemeinschaft." Auch die Bundesregierung ließ zu Wochenbeginn Kritik an der Bank erkennen. Doch Cryan, der erst vor ein paar Tagen in Berlin Eile bei der Regierungsbildung anmahnte, dürfte in der Boni-Frage nicht auf diese Stimmen hören.

Auf Seite 2: Zu viele Baustellen





ZU VIELE BAUSTELLEN



Er hat zu viele Baustellen zu bearbeiten und kann sich einen größeren Aderlass an verärgerten Investmentbankern kaum leisten. Denn sie sind es, die für mehr Erträge sorgen sollen in den kommenden Jahren. Mit dem Privatkundengeschäft lässt sich nicht so viel Geld verdienen wie mit der Beratung bei Börsengängen und Fusionen sowie im Handel mit Aktien, Anleihen, Rohstoffen und Devisen. Gerade diese Geschäfte laufen seit Jahren nicht rund bei der Deutschen Bank.

Die großen Aktionäre wie der chinesische Mischkonzern HNA und das Emirat Katar machen daher Druck: "Da muss bald etwas passieren. An der Strategie der Bank insgesamt liegt es nicht", heißt es in ihrem Umfeld. Doch was kann Cryan anbieten? Viel ist es vermutlich nicht - schaut man sich die zwei anderen Säulen der Bank an. Bis die Integration der Postbank in den Konzern abgeschlossen ist, wird der Umbau der Sparte zur mit 20 Millionen Kunden größten deutschen Privatkundenbank eher Geld kosten. Bleibt der geplante Teil-Börsengang der Vermögensverwaltung: Rund zwei Milliarden Euro dürfte er in Cryans Kasse spülen - mit etwas Glück sogar schon zu Ostern.

Dem Aktienkurs hat das bislang kaum geholfen. Zwar kostet das Papier inzwischen mit 15,64 Euro wieder um einiges mehr als im Herbst 2016, als wegen einer milliardenschweren Strafdrohung aus den USA Zweifel an der Stabilität der Bank aufkamen. Aber im Vergleich zu Kursen während der Ära von Bankchef Josef Ackermann und zu Beginn der Amtszeit Cryans Mitte 2015 nimmt sich das bescheiden aus. Daher werden die Großaktionäre inzwischen ungeduldig: "In diesem Jahr ist beim Thema Dividende die Erwartungshaltung eine Nullrunde", sagt eine Person mit Kenntnis der Gedankengänge eines wichtigen Eigentümers: "Was wir aber auf jeden Fall sehen wollen ist eine gute Entwicklung des Aktienkurses. Hier hat die Deutsche Bank Nachholbedarf."

rtr