Die Strategie greift. 2019 war ein schwieriges Jahr für Deutschlands größten Chipkonzern - mit zwei Anpassungen der Prognosen in Folge. Doch jetzt steckt Infineon die weiterhin schwächelnde Nachfrage im größten Segment, Halbleiter für die Autoindustrie, weitaus besser weg als zuvor.
Zwar schrumpfte der Umsatz im ersten Quartal des Geschäftsjahrs 2019/20 gegenüber dem Vorquartal wie erwartet um sieben Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Doch das sogenannte Segmentergebnis lag mit 297 Millionen Euro klar über den 254 Millionen Euro, die Analysten im Durchschnitt geschätzt hatten. "Unsere Kostenmaßnahmen greifen. Dank ihnen und aufgrund mehrerer Sondereffekte fiel das Ergebnis besser als erwartet aus", erläutert Infineon-Lenker Reinhard Ploss die Bilanz für das Quartal.
Mit Blick auf den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres blieb er vorsichtig optimistisch. Der Vorstand rechne auch weiterhin "nicht vor der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres mit einer breiten Erholung der Nachfrage". Positiv sei jedoch, dass sich der Halbleitermarkt inzwischen stabilisiert habe, so Ploss.
Was Infineon noch nicht einschätzen kann, sind die Folgen der Corona-Epidemie aufs China-Geschäft. "Wir wissen es noch nicht. Wir müssen warten", sagt Ploss und ergänzt, dass die meisten Betriebe die Arbeit nach dem Neujahrsfest in China üblicherweise am 10. Februar, also am Montag, wieder aufnehmen. Mit 29 Prozent der Erlöse ist das Reich der Mitte für Infineon der größte Markt. Deutschland folgt auf Rang 2 mit 13 Prozent Umsatzanteil.
Aktie schafft ein neues Hoch
Trotz dieses neuen, zusätzlichen Risikos, das die Chipwerte nach einer entsprechenden Branchenstudie der Bank of America kürzlich erheblich unter Druck brachte, legte Infineon an der Börse zweistellig zu. Damit erreichte der Kurs ein charttechnisch wichtiges neues 52-Wochen-Hoch.
Die Münchner können es sich auch in branchenzyklisch bedingten Abschwungphasen leisten, mit unverminderter Finanzkraft in strategisch wichtige Projekte zu investieren, aktuell etwa in den Ausbau der nach Dresden zweiten Chipfabrik für die Fertigung von Wafern mit großem Durchmesser im österreichischen Villach. Rund ein Drittel des 1,3-Milliarden-Euro-Budgets ist dafür vorgesehen. Die im Vergleich zur herkömmlichen Fertigung von sogenannten Leistungshalbleitern kostengünstige Technologie entwickelte der DAX-Konzern selbst. Infineon verschafft sich damit langfristig einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Denn als deutlich dominierender Weltmarktführer in diesem Segment für Chips, die in verschiedenen Industrien Stromspannungen regulieren, gehört Infineon zu den wenigen Konzernen, die eine Fertigung auf großen Wafern auch langfristig auslasten können.
Der zweite wesentliche Kurstreiber für die Papiere, die neun Milliarden Dollar schwere Übernahme des US-Konzerns Cypress Semiconductor, verzögert sich indes bis Ende des laufenden oder bis Anfang des nächsten Quartals. Der Deal ist der zweite Milliardencoup der Münchner im Silicon Valley.
Auftrieb: Anleger belohnen die robuste Profitabilität des Konzerns und schicken die Aktie auf ein neues 52-Wochen-Hoch. Kaufen.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 26,00 Euro
Stoppkurs: 18,20 Euro