Mit den Höhen und Tiefen in der Biotechnologiebranche kennt sich Simon Moroney bestens aus. Der gebürtige Neuseeländer gründete den Antikörperspezialisten Morphosys bereits im August 1992 mit zwei Kollegen in Martinsried bei München. In einer Zeit, in der die Biotechnologie in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte, etablierte er den heutigen TecDAX-Konzern als führendes Unternehmen in der frühklinischen Forschung mit Antikörpern.

Morphosys identifiziert im Auftrag von Kooperationspartnern klinische Kandidaten aus den firmeneigenen Antikörperbibliotheken Ylanthia und Hucal. Diese Moleküle setzen nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip bei den Krankheitsaus-lösern an und blockieren deren Wirkung. Die Partner übernehmen die klinische Entwicklung, tragen deren finanzielle Risiken und leisten an Morphosys weitere - erfolgsabhängige - Zahlungen.

Neue Dosis Kurstreiber



Aktuell wird an über 100 Antikörpern auf Basis der Morphosys-Technologie geforscht, davon an 27 im klinischen Entwicklungsstadium. Darunter befinden sich fünf Wirkstoffe, die Morphosys in Eigenregie entwickelt. "Als reiner Dienstleister aufzutreten ist für internationale Investoren nicht so attraktiv", so Morphosys-Chef Moroney. Mit dem Schwenk in Richtung eigene Medikamente haben die Münchner in den vergangenen Jahren ihre Investorenbasis in den USA konsequent ausgebaut. Dieser Schritt war wichtig und strategisch sinnvoll. Denn in den Vereinigten Staaten spielt in der Biotechbranche die Musik - vor allem im Hinblick auf potenzielle Kapitalgeber. Für Morphosys bedeutet das auch: Wegen der steigenden Forschungs- und Entwicklungsausgaben wird die Gesellschaft in den kommenden Jahren wohl weiterhin Verluste schreiben.

Umgekehrt haben die Fortschritte in der eigenen Pipeline die Aktie seit einem halben Jahr wieder ans Laufen gebracht. "Wir wollen differenzierte Krebsmedikamente entwickeln - und 2017 könnte den Durchbruch bringen", prophezeit Moroney und gibt damit die Richtung vor. Bei den beiden am weitesten fortgeschrittenen Antikörpern MOR 208 und MOR 202 laufen die Wirksamkeitsstudien. MOR 208 durchläuft die Wirksamkeitsstudien in drei Leukämiearten. Noch in diesem Jahr will Morphosys mit der finalen klinischen Testphase vor der Zulassung beginnen.

Moroney verfolgt die Strategie "optimales Wirkprofil für eine überschaubare Patientengruppe". Verbunden mit dem Ziel, im Falle einer Zulassung mit einem eigenen kleinen Team den Vertrieb anzugehen und damit die gesamten Einnahmen zu verbuchen. Beim Wirkstoff MOR 202, der gegen Multiples Myelom, eine besonders aggressive Form von Blutkrebs, zum Einsatz kommen soll, will Moroney dagegen bis 2018 einen Partner gewinnen. Zeigt MOR 202 das erwartet gute Wirkprofil, könnte Morphosys bei Vertragsabschluss lukrative Konditionen aushandeln - und damit ein neues Kursfeuerwerk abbrennen. Geht alles glatt, ist bis dahin der erste Antikörper aus dem Morphosys-Labor auf dem Markt.

Das von Janssen, der belgischen Tochter des US-Pharmariesen Johnson & Johnson, entwickelte Mittel gegen Schuppenflechte namens Guselkumab soll bis Ende 2017 die Zulassung erhalten. Für Morphosys bedeutet das nach dem Verkaufsstart eine Umsatzbeteiligung von gut fünf Prozent.

Darüber hinaus könnte Pharmapartner Bayer in diesem Jahr mit seinen Wirksamkeitsergebnissen für Anetumab gegen Mesotheliom, also durch Asbeststaub ausgelöste Brustfelltumore, den Morphosys--Kurs bewegen. Fallen die Ergebnisse wie erhofft erfolgreich aus, könnte das Heilmittel 2019 auf dem Markt sein.

Zudem gibt es die Chance auf lukrative Meilensteinzahlungen durch den Partner Roche. Die Schweizer planen neue Phase-3-Studien für das Medikament Gantenerumab gegen bestimmte Alzheimer-Erkrankungen. Bei einem Happy End würden auch bei Morphosys die Kassen klingeln.

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