Ganz großes Kino: Netflix hat den Börsenwert von 500 Milliarden Dollar geknackt. Es dürfte nur eine Haltestelle auf dem Weg zum ganzen Triumph sein.
Netflix ist eine der größten und gleichzeitig unbeachteten Erfolgsstories des für Technologie- und Internetaktien schwierigen Börsenjahres. Während die Magnificent 7-Werte 2025 bis auf Microsoft und Meta im Minus notieren, kann der nach Broadcom und TSMC bereits zehntwertvollste Technologiekonzern der Welt ein Fabel-Börsenjahr feiern.
Bereits um 33 Prozent notiert die Netflix-Aktie nach nicht einmal fünf Monaten im Plus und hat dabei eine Bestmarke nach der anderen geknackt. Vergangene Woche durchbrach der 27 Jahre alte Streaming-Dienst einen ganz besonderen Meilenstein: Das von Reed Hastings und Marc Randolph als DVD-Versender gegründete US-Unternehmen war erstmals mehr als 500 Milliarden Dollar wert.
Netflix will bis 2030 eine Billionen-Dollar-Bewertung
Nach dem Willen des Netflix-Managements soll die historische Marke indes nicht mehr als eine Durchlaufstation zum ganz großen Coup werden. Erst im April ließ der mit über 300 Millionen zahlenden Abonnenten mit Abstand größte Streaming-Dienst der Welt gegenüber dem „Wall Street Journal“ durchblicken, dass Netflix bis 2030 in den illustren Billionen-Dollar-Club der Mag 7 aufsteigen wolle.
Angesichts des nachhaltigen Wachstumstempos erscheint das Vorhaben nicht ungerechtfertigt. Im Gegenteil: Der Aufstieg in die exklusive Liga der globalen Super-Aktien könnte möglicherweise einige Jahre früher erfolgen, wenn Netflix weiter wächst wie in der Vergangenheit. Tatsächlich hat Netflix längst eine so kritische Zuschauermasse erreicht, die offenkundig bereit ist, die immer größeren Preisanhebungen mitzumachen, weil der US-Konzern aus Los Gatos längst als Goldstandard des Streamings gilt.
Starke Zahlen im ersten Quartal
Das reflektiert auch immer wieder die Geschäftsentwicklung. Tatsächlich hat sich Netflix zur profitablen Wachstumsmaschine gewandelt – mit operativen Traummargen, die zuletzt auf über 31 Prozent gestiegen sind. Im ersten Quartal 2025 erzielte Netflix einen Umsatz von 10,54 Milliarden US-Dollar – ein Plus von 12,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gewinn pro Aktie lag mit 6,61 US-Dollar deutlich über den Erwartungen der Analysten (5,66 Dollar) und markierte einen Rekordwert.
Der Nettogewinn belief sich sogar auf den Rekordwert von fast 2,9 Milliarden Dollar. Für das laufende Quartal peilt Netflix sogar ein Umsatzplus von 15 Prozent, eine operative Marge von 33 Prozent und einen Gewinn je Aktie von 7,03 US-Dollar an. Das Ziel für das Gesamtjahr: bis zu 44,5 Milliarden Dollar Umsatz.
Netflix-Aktie mit neuen Umsatzquellen: Werbung, Sport, Restaurants?
Jüngster Wachstumstreiber ist dabei das im November 2022 testweise eingeführte werbefinanzierte Abo-Modell. Innerhalb von sechs Monaten wurden 24 Millionen neue Nutzer gewonnen. Werbung machte 2024 zwar erst 4 Prozent des Umsatzes aus, doch die Dynamik ist klar: Netflix geht davon aus, diese Einnahmen 2025 zu verdoppeln. Mithilfe von KI-gestütztem Targeting dürften sich Werbeumsätze künftig erheblich steigern lassen.
Und dabei bleibt es nicht: Während traditionelle Medienhäuser weiter damit ringen, die Streaming-Code zu knacken und nachhaltig erfolgreiche Serien zu etablieren, denkt Netflix in der Wertschöpfungskette längst weiter. Neben interaktiven Inhalten und Mobile-Gaming testet der US-Konzern auch physische Erlebnisse. In Las Vegas wurde bereits ein eigenes Restaurant eröffnet, in dem Fans Speisen aus bekannten Serien genießen können. Zwei „Netflix Houses“ mit interaktiven Erlebniswelten sollen folgen. Live-Sportrechte könnten ebenfalls neue Nutzergruppen erschließen – und vor allem in Märkten wie Indien oder Afrika Wachstum beschleunigen.
Starke Aktie, aber auch hohe Bewertung
Netflix’ Börsenkarriere gleicht unterdessen den besten Eigenproduktion: Es ist großes Drama, in dem der Film-Held immer wieder unterschätzt wird. Mal bezeichnete der damalige Time Warner-Chef Jeff Bewkes den Emporkömmling als „albanische Armee“, mal wurde Netflix nach dem Abonnentenschub in der Pandemie als kurzzeitiger Corona-Gewinner betrachtet - mal verbrannte sich sogar Star-Fondsmanager Bill Ackman beim Einstieg in Netflix die Finger und verkaufte die Aktie überhastet auf einem Mehrjahrestief.
Nahezu unfassbar: Seit Ackmans Verkauf vor ziemlich genau drei Jahren hat sich Netflix nochmals verzehnfacht! Einziger Wermutstropfen für alle Anleger, die filmreife Rallye verpasst haben: Die Bewertung ist inzwischen durchaus sportlich. Mit einem KGV von derzeit über 50 liegt Netflix weit über dem S&P 500 (21) und auch deutlich über dem Schnitt der Mag 7 (27).
Doch relativ zum eigenen historischen Durchschnitt – in den letzten fünf Jahren lag das KGV bei 52 – wirkt der Kurs, der aktuell an Schwelle zu 1200 Dollar angekommen ist, damit nicht mal überzogen. Zudem wird für die kommenden Jahre ein starkes EBITDA-Wachstum von jeweils 20 bis 26 Prozent erwartet.
Keine Frage: Die Aktie ist ambitioniert bewertet. Oft genug belohnen die Märkte indes außergewöhnliche Qualitätsunternehmen auch über eine längere Zeit mit Premium-Aufschlag. Netflix ist ein mittlerweile zu einem globaler Content-Koloss mit stabilen Margen, neuen Umsatzströmen und einer Vision aufgestiegen, die weit über das klassische Streaming hinausgeht. Es ist eine Erfolgsstory, die es verdient, im gleichen Atemzug mit den Mag 7 erzählt zu werden.
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