Im Zusammenhang mit den enttäuschten Erwartungen sei auch der Wechsel an der Spitze zu sehen. In den Augen der Analysten habe der Vorstand seine Glaubwürdigkeit verloren. "Es konnte nicht jedem glaubhaft gemacht werden, dass das nur an den Marktveränderungen lag", so ein Sprecher. Die Glaubwürdigkeit sei für die Analysten beschädigt gewesen. Blanco war bislang stellvertretender Vorstandschef von Nordex und zuvor mehr als vier Jahre Chef der durch Nordex übernommenen Acciona Windpower.
Maßgeblich dank diesem Zukauf konnte Nordex heute melden, alle Ziele für das vergangene Jahr erreicht zu haben. Das allerdings nur, weil die Prognosen für das vergangene Jahr zuvor gesenkt wurden. Der Umsatz kletterte dank der Übernahme von Acciona Windpower (AWP) nach vorläufigen Zahlen um 40 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente Nordex 95,4 Millionen Euro, ein Zuwachs von 82,4 Prozent.
Doch der positive Effekt durch die AWP-Übernahme währt nur einmal. In 2017 soll der Umsatz 3,1 bis 3,3 Milliarden Euro erreichen. Am unteren Ende der Erwartungen würden Einnahmen damit im Vergleich zum Vorjahr um gut neun Prozent sinken. Analysten hatten für 2017 eigentlich gut 3,6 Milliarden Euro auf dem Zettel. Auch beim operativen Gewinn erwarten die Norddeutschen 2017 schlechter abzuschneiden als zuvor. Noch düsterer sieht das Bild 2018 aus. Zwar glaubt das Management beim Umsatz dann mit 3,4 bis 3,6 Milliarden Euro und stabiler Ertragskraft wieder wachsen zu können, doch eigentlich hatte sich Nordex viel mehr vorgenommen. Ursprünglich sollten die Einnahmen im kommenden Jahr auf 4,2 bis 4,5 Milliarden Euro steigen und die Ebitda-Marge weiter zulegen.
Wie sehr die neuen Planungen die Anleger verschreckten weiß Blanco, dafür reicht ein Blick auf den eingebrochenen Aktienkurs. Die Gründe für den laut Blanco "für viele Aktionäre enttäuschenden Ausblick" hat der neue Nordex-Chef klar im Blick. Die Energiepolitik in wichtigen Märkten sei "weniger verlässlich" geworden, "Ausschreibungen kommen verspätet zur Ausführung oder aber die Politik übt direkt und indirekt Druck auf Vergütungssysteme aus" erklärt der Manager. Die Folge seien steigender Preisdruck und das vor dem Hintergrund einer sich konsolidierenden Branche. Zusätzlich gesteht der Neue ein, dass Nordex dem Preisdruck nicht mehr "in vollem Umfang" durch die Senkung der Stromgestehungskosten begegnen könne.
Die Probleme aber plant Blanco mit altbekannten Rezepten lösen. Er will "eine noch höhere Kostendisziplin beweisen", aber auch investieren, um "die besten, leistungsfähigsten und kosteneffizientesten Turbinen" anbieten zu können. Blanco stellt damit die Turbine in den Mittelpunkt seiner Anstrengungen, obwohl etwa am Service- und Betreibergeschäft von Windparks deutlich mehr verdient wird. "Aber die Anlage ist der Ausgangspunkt für alle nachgelagerten Leistungen", so der Spanier.