Vielen Skatern, Wanderern und anderen Outdoorfans hierzulande dürften die US-Marken The North Face und Vans bestens bekannt sein. Auf dem Skateboard steht es sich mit Sneakers von Vans schön sicher. Die Nordwand wiederum, so die Übersetzung von The North Face, konkurriert mit heimischen Anbietern wie etwa Jack Wolfskin um die Gunst der Kunden, zum Beispiel bei atmungsak­tiver und regendichter Oberbekleidung.

Für Jack Wolfskin und Co könnte der Markt für Outdoorartikel künftig noch ein wenig mehr zur Wildnis werden. Die VF Corporation, Dachkonzern von Vans, The North Face und anderen Marken mit Sitz in Greensboro, USA, hat Deutschland als Abenteuerland entdeckt. "Der Markt steht in den nächsten Jahren mehr im Fokus der Expansion und hat hohe Priorität", sagt Europa-Chef Martino Scabbia Guerrini. Zwar betreibt die VF Corporation bereits 120 Filialen in deutschen Städten, doch Guerrini wittert hier großes Potenzial.

Wohl zu Recht. Laut einem Report des europäischen Branchenverbands European Outdoor Group (EOG) ist Deutschland der wertvollste Outdoormarkt der Eurozone. 1,9 Milliarden Euro Umsatz machten Anbieter hier im vergangenen Jahr. Das Volumen wächst jährlich stabil um etwa drei Prozent, lediglich Großbritannien ist dynamischer. "Wir werden noch viel investieren, in Mitarbeiter, in die Organisation, in Läden", sagt Guerrini.

VF Corporation sucht Wege zu mehr Wachstum, seit etwa anderthalb Jahren bauen die Amerikaner ihr Portfolio um. Bis Ende Mai will das 1899 ursprünglich als Dessoushersteller gegründete Unternehmen seine Jeansmarken Lee, Wrangler und Rock & Republic unter dem Namen Kontoor Brands eigenständig an die Börse bringen. Damit entledigt sich der auf Freizeitmarken spezialisierte Dachkonzern eines Bremsklotzes: Wegen einer Umsatzschwäche der Handels­partner waren die Bestellungen im ­Modesegment zuletzt rückläufig, das Wachstum blieb hinter dem des Outdoorbereichs zurück.

Jeans müssen raus


Nicht nur der Wegfall der Denim-Ware aus der Bilanz bringt Schwung in die Zahlen. VF Coporation hat die Lieferketten verschlankt und die Belieferung von Einzelhändlern mit der Eröffnung eigener Filialen und dem Ausbau der Onlineplattform reduziert. Das Ergebnis: Ende Dezember erhöhte Vorstandschef Steven E. Rendle die Prognose für das bis März laufende Geschäftsjahr. Auch die Zahlen konnten sich sehen lassen.

Der Umsatz wuchs im Quartal um acht Prozent auf 3,9 Milliarden Euro. Der Gewinn stieg überproportional um 30 Prozent. Analysten erwarten eine weitere Verbesserung der Marge. Am kommenden Dienstag wird VF Corporation die Zahlen fürs Gesamtjahr präsentieren. Die dürften belegen, dass nach einem Gewinneinbruch im Jahr zuvor die Trendwende gelungen ist. Sowohl für das Ergebnis als auch für den Umsatz erwartet das Management einen Zuwachs von 20 Prozent.

Europa bleibt allerdings vorerst die Achillesferse des Konzerns. Derzeit wächst der Umsatz hauptsächlich in China. In Europa nimmt VF bislang nur ansatzweise am Outdoorboom teil, der das Wachstum der Branche nach Daten des Verbands EOG bereits 2017 um über sieben Prozent beschleunigte.

Vor allem in Deutschland ist die Konkurrenz groß - und die Markenlandschaft zersplittert. Deutsche Marken wie Adidas und Puma sowie US-Konkurrent Nike dominieren den Turnschuh- und Sportmarkt. Kleine, nicht börsennotierte Unternehmen wie Jack Wolf­skin, Deuter oder Vaude kämpfen neben den Großen um Marktanteile. Der Vorteil der VF Corporation: Der Dachkonzern ist breit aufgestellt und kann in ­eigenen Filialen Bewegungsbegeisterte rundum mit Rucksäcken, Zelten, Kleidung und Sportgeräten versorgen.

Auf Seite 2: Finnen mischen mit

Finnen mischen mit


Vergleichbares bietet in Europa lediglich der finnische Konzern Amer. In den 80er-Jahren sattelte der einstige Zigarettenhersteller auf Sportmarken um und schluckte insgesamt 13 Marken, darunter Peak Performance, Tennisausrüster Wilson und die Wintersportmarken Salomon und Atomic. "Wir können Rückschläge auf einzelnen Gebieten leichter ausgleichen. Andererseits besitzen wir auf sehr vielen Feldern Wachstums­möglichkeiten", erläuterte Chefsportler Heikki Takala jüngst die Vorteile.

Salomon etwa hat Amer in den vergangenen zwölf Jahren seit der Übernahme von Adidas konsequent auf Wintersport fokussiert und so den Umsatz verdoppelt. Bis 2020 soll die Marke mehr als eine Milliarde Euro Umsatz erzielen. Im vergangenen Jahr hat Amer ein Rekordergebnis erzielt, ist mit 2,7 Milliarden Euro Umsatz allerdings ein Zwerg im Vergleich zu VF Corporation.

Zu Jahresbeginn fiel Amer Sports selbst für 4,6 Milliarden Euro in die Hände des weltweit drittgrößten Sportartikelherstellers Anta. Zwar soll Amer als eigenständiges Unternehmen weitergeführt werden, im Ringen um das bestmögliche Outdoor-Markenportfolio in Europa kann das finnische Unternehmen aber nun nicht mehr allein entscheiden.

Allerdings baut sich vom Firmensitz in der Schweiz ein neuer Spieler auf dem Markt auf: die wegen der Wurzeln in Schweden nur an der dortigen Börse gelistete Fenix. Martin Nordin, Sohn des Gründers der Marke Fjällräven, ist auf Einkaufstour. Sein letzter Zukauf ist der US-Reiseausrüster Royal Robbins. Vor allem national bekannte Labels,wie Naturkompaniet in Schweden gehören zum Haus.

An internationale Expansion von Marken glaubt Nordin dabei nicht: "Wir bleiben mit unseren jeweiligen Konzepten national ausgerichtet." Deshalb kann man beim eigenen Händler Globetrotter auch Produkte der Konkurrenz kaufen. Das Filialnetz soll weiter wachsen, natürlich in Deutschland. "Deutschland ist der größte Markt für Fjällräven, und das schon seit 40 Jahren", sagt Nordin. Auch vom jährlichen Gruppenumsatz in Höhe von 575 Millionen Euro entfallen 40 Prozent auf Deutschland. Im europäischen Gelände ist das eben der wichtigste Markt.


Investor-Info

VF Corporation
Gipfelstürmer


Am Dienstag legt der US-Outdoorkonzern VF Corporation Zahlen für das Geschäftsjahr 2018/19 vor. Sowohl Umsatz als auch Gewinn sollten laut Unternehmensprognose um rund 20 Prozent zulegen. Wenn das Spin-off der Jeanssparte bis Ende Mai vollzogen ist, dürfte sich die Gewinnmarge weiter ausweiten. An­leger dürften kursseitig von der Trendwende profitieren, zudem dürfte die Dividende steigen.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 100,00 Euro
Stoppkurs: 69,00 Euro

Adidas
Universalsportler


Die Herzogenauracher fertigen auch Outdoor- bekleidung, machen den Großteil des Geschäfts aber mit Ausrüstung für andere Sport­arten wie Fußball, Joggen oder Fitness. Gute Quartalszahlen brachten der Aktie Anfang Mai einen Schub: Lieferengpässe im Bekleidungssegment belasteten den Umsatz, Europa und Südamerika zeigten sich ausbaufähig. China und Russland trieben jedoch das Geschäft an, die Marge verbesserte sich. Es gibt eine Chance, dass die Jahresprognose angehoben wird. Kursrückschläge sind Kaufgelegenheiten.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 295,00 Euro
Stoppkurs: 199,00 Euro

Umsatzmix
Outdoor wird Mode


Die mit Abstand größte Wertschöpfung steuert laut Branchenverband European Outdoor Group die Warengruppe Bekleidung bei. Die Grenzen zwischen Funktions- und Designkleidung verschwindet, atmungsaktives Gewebe hält Einzug in den Alltag. Auch Frauen steigern den Umsatz, sie geben zunehmend Geld für stilvolle Outdoorausrüstung aus.