Eigentlich steht die Automarke Porsche nicht im Zentrum der Affäre um den Betrug bei Abgastests des Volkswagenkonzerns. Die 100-prozentige Tochter der Wolfsburger baut überhaupt keine Nobelwagen mit 1,6- bis Zwei-Liter-Dieselmotoren und sie liefert weiterhin hervorragende Zahlen. Aber genau dieses gute Abschneiden der Sportwagenfirma und die niedrige Bewertung des VW-Großaktionärs, der Porsche Holding SE, sollten das Interesse der Aktionäre wecken.

"Die besten Kaufgelegenheiten ergeben sich, wenn einem guten Unternehmen etwas Schlechtes widerfährt", sagt Warren Buffett. Die Börsenlegende hat schon viele ähnliche Fälle erlebt, etwa rund um die Finanzfirma American Express. Und auch der deutsche Kurszettel hält vergleichbare Konstellationen bereit: Bayer musste 2001 den Cholesterinsenker, der in den USA unter dem Namen Baycol vertrieben wurde, nach zahlreichen Todesfällen vom Markt nehmen. Die Aktie stürzte ab, Horrormeldungen machten die Runde. Heute notiert der Anteilschein bei einem Vielfachen des damaligen Werts.

Den Schaden überschätzt?


Ausverkaufspreise werden auch bei Stamm- und Vorzugsaktien von Volkswagen und den Anteilscheinen des VW-Großaktionärs Porsche SE ausgerufen. Bei VW beträgt der Wertverlust gemessen an den Halbjahreswerten rund 45 Milliarden Euro. In ihrem Windschatten hat die Porsche-Aktie nachgegeben. Wie bei American Express und Bayer machen hohe Schadensummen die Runde. Im Fall von VW reichen sie bis zu 47 Milliarden Euro, wie die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg als schlimmsten Fall annehmen. Die Vergangenheit lehrt allerdings, dass in den meisten Fällen der Schaden deutlich überschätzt wird. Und es spricht vieles dafür, dass das auch bei VW der Fall sein könnte. So kann ein Großteil der elf Millionen betroffenen Fahrzeuge mit einem Update der Software in Ordnung gebracht werden. Das kostet wahrscheinlich weniger als 100 Euro pro Fall. Damit könnte womöglich sogar der bereits zurückgestellte Betrag von rund 6,5 Milliarden Euro, der den Gewinn im laufenden Jahr belastet, ausreichen. Sicher muss der Konzern noch einiges draufpacken, um die Strafen zu zahlen. Und auch die anstehenden Sammelklagen werden kosten.

Der Wert von Volkswagen besteht aus Märkten und Marken. Die wichtigsten Absatzregionen sind Europa und China. Der US-Markt ist hingegen weniger bedeutend. Wichtiger ist deshalb, dass der Anteil von Dieselfahrzeugen in China gering ist. Damit drohen dem Konzern in seinem wichtigsten Einzelmarkt keine Repressalien.

Ebenfalls nicht betroffen sind die Sport- und Luxuswagen der Gruppe. Hier liegen erhebliche Werte im Verborgenen. So könnte nach Ansicht der Analysten der Investmentbank Berenberg allein die Porsche-Marke einen Wert von 30 Milliarden Euro haben. Das ist eher vorsichtig geschätzt - verglichen mit dem Gewinnmultiplikator, den Ferrari bei seinem Börsengang erreichen soll. Werden dazu noch die Werte der Nutzfahrzeugsparte mit den Marken MAN und Scania addiert, ist der Börsenwert von Volkswagen bereits abgedeckt. Nicht berücksichtigt sind Audi mit einem Börsenwert von rund 28,9 Milliarden Euro sowie die Marken VW, Skoda, Seat, Bugatti, Bentley und Lamborghini. Diese Aufstellung zeigt: Es müsste schon ziemlich schlecht laufen, damit der aktuelle Aktienkurs nicht abgedeckt wäre.

Porsche bevorzugt


Wir präferieren die Vorzugsaktie von Porsche. Das Unternehmen hatte im Jahr 2008 einen Übernahmeversuch bei Volkswagen gestartet und auch die Mehrheit der Stammaktien erworben. Allerdings konnte Porsche wegen des VW-Gesetzes nicht wirklich die Kontrolle übernehmen. Damit fiel auch die Refinanzierung der Übernahme ins Wasser und Porsche stand mit dem Rücken zur Wand. Durch den Verkauf von Aktien und vor allem durch den Verkauf des Sportwagengeschäfts an VW konnte sich Porsche retten. Was blieb, war die Mehrheit der VW-Stämme und 2,5 Milliarden Euro auf dem Bankkonto. Nach Dividendenzahlungen und dem Erwerb weiterer 1,5 Prozent am Stammkapital von VW hat sich der Bargeldbestand auf circa 1,4 Milliarden Euro reduziert. In der Summe hält Porsche nun 154 Millionen Stammaktien von VW. Umgerechnet sind das eine VW-Stammaktie auf zwei Titel von Porsche. Hinzu kommt noch ein Bargeldbestand von rund 4,50 Euro pro Aktie. In der Vergangenheit hatte die Porsche-Aktie immer einen erheblichen Abschlag zu ihrem inneren Wert. Das ist auch jetzt der Fall. Im Moment wird die Porsche-Aktie zu 41 Euro gehandelt. Der innere Wert liegt hingegen bei über 64 Euro.