Ziel sei, eine gemeinsame Linie zu finden. Sollte schon vorher eine Einigung erzielt werden, könne die Aufsichtsratssitzung auch entfallen, sagte eine der Personen. Die Stimmrechte der Porsche SE werden auf der VW-Hauptversammlung üblicherweise von einem Vertreter ausgeübt.

Der VW-Kontrollrat hatte Ende April gegen die Stimmen der Familien beschlossen, den Aktionären trotz des höchsten Verlusts in der Unternehmensgeschichte im Zuge des Dieselskandals eine Minidividende von elf Cent je Stamm- und 17 Cent je Vorzugsaktie vorzuschlagen. Im Vorjahr waren an die Eigner noch 4,80 je Stamm- und 4,86 Euro zu Vorzugsaktie gezahlt worden. Über die Porsche SE halten die Familien Porsche und Piech gut 52 Prozent der Stimmrechte. Weitere VW-Eigner sind das Land Niedersachsen mit 20 Prozent und das Emirat Katar mit 17 Prozent.

Seit der VW-Aufsichtsratssitzung steht die Drohung von Teilen der Familien im Raum, auf der Hauptversammlung gegen die Ausschüttung einer Dividende zu stimmen. Ein nicht genanntes Mitglied des Porsche-Piech-Clans soll aus Verärgerung über die Abstimmungsniederlage damit gedroht haben, berichteten zwei Insider. Eine weitere Person mit Kenntnis der Beratungen bestätigte den Streit. Für eine Ausschüttung hatten den Eingeweihten zufolge die zwölf Vertreter der Arbeitnehmer und des Landes im Aufsichtsrat gestimmt. Dagegen seien die sieben Mitglieder der Kapitalseite gewesen, darunter die vier Familienvertreter und die beiden Entsandten Katars. Über die Motive für ihr Stimmverhalten wird seither gerätselt. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch hatte sich den Insidern zufolge der Stimme enthalten. Weder VW noch Porsche äußerten sich.

Die Frage einer Dividendenzahlung ist kritisch, weil dahinter die Absicht einer Entmachtung Niedersachsens als VW-Aktionär vermutet wird. Sollte die Dividende zwei Jahre nacheinander ausfallen, erhalten die stimmrechtslosen Vorzugsaktien einmalig ein Stimmrecht. Der Anteil Niedersachsens würde dann unter die wichtige Schwelle von 20 Prozent fallen und das Land seine Sonderstellung als VW-Aktionär verlieren. Es wäre womöglich der Beginn einer Umwälzung der Machtverhältnisse bei Europas größtem Autokonzern.

WIE WEIT REICHT DIE MACHT DES EX-PATRIARCHEN NOCH?



Sinn machte dieses Unterfangen nach Meinung von Experten allerdings nur, wenn die Verwässerung der Anteile dazu genutzt würde, eine Kapitalerhöhung durchzusetzen. "Man kann davon ausgehen, dass das Land dabei nicht mitziehen kann", sagte einer der Insider. Dann könnte Niedersachsen sein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen dauerhaft verlieren.

Ein solches Vorgehen würde allerdings die Bundesregierung und die mächtige IG Metall auf den Plan rufen. Denn die Sonderstellung Niedersachsens bei Volkswagen ist im VW-Gesetz verankert. Der Grund für die starke Stellung der Arbeitnehmer bei dem Wolfsburger Unternehmen liegt ebenfalls in der Geschichte des Autobauers. Diese Grundpfeiler von Volkswagen würde niemand antasten, glauben Kenner des Unternehmens. Auch Ferdinand Piech nicht. Dem im Groll bei Volkswagen ausgeschiedene VW-Patriarchen werden nach wie vor Rachegelüste nachgesagt, nachdem er im April 2015 einen Machtkampf mit dem damaligen Vorstandschef Martin Winterkorn verlor. Piech unterlag damals im Aufsichtsratspräsidium gegen die Stimmen Niedersachsens, der Arbeitnehmer und seines Cousins Wolfgang Porsche. Er legte daraufhin alle Ämter in dem von ihm über Jahrzehnte geprägten Konzern nieder.