Rüstungsaktien erleben ein schnelles Comeback: Ein Milliardenauftrag, EU-Gelder und der TKMS-IPO treiben Rheinmetall, Renk und Hensoldt kräftig an.

Die europäischen Rüstungswerte stehen erneut im Fokus der Anleger. Nach einem heißen Sommer und einer kräftigen Kursrally hatten die Aktien von Rheinmetall, Renk und Hensoldt im Herbst deutlich nachgegeben. Auslöser waren geopolitische Entspannungssignale und diplomatische Aktivitäten rund um den Ukraine-Konflikt. 

Doch die Schwächephase könnte sich als klassische Verschnaufpause entpuppen. Am Montag setzte ein starker Rebound ein – getragen von einem Milliardenauftrag für Rheinmetall, neuen politischen Investitionszusagen aus Brüssel und dem Börsendebüt von TKMS. Die Aufrüstung Europas ist längst kein kurzfristiges Thema mehr, sondern entwickelt sich zu einem strukturellen Investmenttrend, der Rüstungswerte strategisch stützt.

Korrekturphase eröffnet Einstiegschancen

Rheinmetall hatte in den Wochen zuvor rund 18 Prozent an Wert verloren – von über 2.000 auf 1.650 Euro. Hintergrund waren Entspannungssignale im Nahen Osten und Spekulationen über mögliche Fortschritte im Ukraine-Konflikt. Auch Zulieferer wie Hensoldt und Renk litten stark: beide verloren in der Spitze mehr als 30 Prozent.

Der Stimmungsumschwung am Montag fiel entsprechend kräftig aus: Aktien von Rheinmetall legten um 7 Prozent zu, Hensoldt und Renk verteuerten sich um 9 Prozent. Laut JPMorgan sehen viele institutionelle Anleger die Rücksetzer nicht als Trendwende, sondern als Einstiegsgelegenheit. Ein Waffenstillstand in der Ukraine ist nicht in Sicht – und damit bleibt die Nachfrage nach Verteidigungstechnologie hoch.

Milliardenauftrag als Wendepunkt

Neuer Rückenwund kam von der Politik. Die EU hat sich verpflichtet, bis Ende 2027 Finanzhilfen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zur Stärkung der Verteidigung bereitzustellen. Diese Entscheidung schafft Planungssicherheit für die Industrie und stützt die Rüstungsaktien. 

Für Rheinmetall kam die politische Rückendeckung genau zum richtigen Zeitpunkt: Der Düsseldorfer Konzern erhielt von der europäischen Beschaffungsorganisation OCCAR einen Großauftrag über 222 Radpanzer des Typs Schakal für die deutsche und niederländische Armee. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf 3,4 Milliarden Euro, wovon knapp 3 Milliarden direkt an Rheinmetall gehen. Der Vertrag beinhaltet neben den Fahrzeugen auch Ersatzteile, Ausbildungsprogramme und Spezialwerkzeuge sowie eine Option auf bis zu 248 weitere Panzer. 

Schakal als Symbol einer neuen Aufrüstungswelle

Der Schakal ist ein modulares System: ein Boxer-Fahrgestell kombiniert mit dem Puma-Turm. 150 Fahrzeuge gehen an die Bundeswehr, der Rest an die Niederlande. Für Rheinmetall und das Joint Venture Artec könnte der Auftrag der Auftakt zu weiteren Großprojekten sein, etwa für die geplante Artillerie-Radhaubitze RCH 155.

Die Systeme gelten als Kernbaustein einer neuen Generation europäischer Landstreitkräfte. Rheinmetall profitiert dabei als Leitanbieter, während Renk die Antriebssysteme liefert und Hensoldt Sensorik und Aufklärungstechnologie beisteuert. Die gesamte Wertschöpfungskette der europäischen Rüstungsindustrie rückt so enger zusammen.

Börsengang von TKMS belebt den Sektor

Parallel zum Rheinmetall-Auftrag sorgte der Börsengang des Marineschiffbauers TKMS für Aufmerksamkeit. Die Thyssenkrupp-Tochter startete bei 60 Euro, erreichte intraday 107 Euro und schloss bei 81,10 Euro. Damit lag die Bewertung zeitweise bei 6,8 Milliarden Euro – mehr als Thyssenkrupp nach der Abspaltung.

TKMS ist Europas größter Marineschiffbauer und positioniert sich als Marine-Pure-Play. Mit einem Auftragsbestand von 18,5 Milliarden Euro bietet das Unternehmen ungewöhnlich hohe Transparenz und Planbarkeit. MWB Research gab unmittelbar eine Kaufempfehlung aus. Der erfolgreiche Börsenstart signalisiert: Der Markt honoriert reine Verteidigungsstories.

Analysten weiter optimistisch 

Entsprechend ziehen bei den etablierten Rüstungswerten die Kursziele wieder an. Vor allem bei Rheinmetall bleiben die Analysten klar auf der Käuferseite. Mehrere große Häuser haben ihre Kursziele zuletzt angehoben oder bestätigt. Die Deutsche Bank etwa hat das Ziel auf 2.050 Euro erhöht und bleibt bei ihrer Kaufempfehlung. 

MWB Research sieht die Aktie sogar bei 2.500 Euro. Goldman Sachs taxiert das Potenzial auf 2.200 Euro, während Berenberg ein Ziel von 2.330 Euro nennt. Sowohl JPMorgan als auch Jefferies liegen mit 2.250 Euro im oberen Mittelfeld. Diese einheitlich positiven Einschätzungen unterstreichen, dass der Markt trotz kurzfristiger Korrekturen von weiterem Aufwärtspotenzial ausgeht und Rheinmetall als zentralen Profiteur der europäischen Aufrüstung betrachtet.

Strategisches Einstiegsfenster 

Auf für Renk und Hensoldt sind die Analysten weiter positiv gestimmtDie Deutsche Bank sieht für Hensoldt weiteres Potenzial und hebt das Kursziel auf 112 Euro an – mit einer klaren Kaufempfehlung.  JPMorgan belässt Renk auf Overweight mit einem Kursziel von 90 Euro. Auch TKMS startet direkt nach dem Börsengang mit einem positiven Analystenurteil. Diese Einschätzungen zeigen, dass institutionelle Investoren den jüngsten Rückschlag nicht als Trendwende werten, sondern als temporäre Verschnaufpause in einem intakten Aufwärtstrend.

Für kurzfristige Anleger ist Volatilität ein Risiko – doch für langfristig orientierte Investoren öffnet sich derzeit ein strategisches Einstiegsfenster in einen strukturell wachsenden Markt. Rheinmetall bleibt dabei der zentrale Hebel für europäische Landverteidigung. Hensoldt und Renk bieten überproportionale Chancen als Technologiepartner und Zulieferer. TKMS erweitert das Spektrum mit einem klaren Fokus auf maritime Sicherheit.

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Rheinmetall (WKN: 703000)