Zugegeben, hier schwingt ein wenig Ironie mit. Aber ist das verwunderlich, angesichts der Rally vor allem der US-Börse? Wenn der Markt tatsächlich weiter so impulsiv zulegt, dann sollte man sich Regel Nummer 4 der Investmentlegende Bob Farrell ins Gedächtnis rufen: "Börsen, die parabolisch steigen, die steigen weiter, als man vermuten mag. Aber sie korrigieren auf keinen Fall seitwärts." Mit anderen Worten: Was hoch steigt, das fällt tief.
2018 könnte also durchaus das Jahr werden, in dem es gilt, rechtzeitig, aber nicht zu früh auszusteigen. Wichtig ist in diesem Fall vor allem ein Faktor: die Emotionen. In der Vergangenheit war es oft so, dass ein veritabler Kaufrausch in einer Art Doppeltop endete: Es kommt zu einem Hoch, dann zu einer Korrektur, dann zu einem erneuten Hoch - das aber meist niedriger ausfällt als das erste.
So geschehen beispielsweise 1980, als der Goldpreis wegen der Sowjet-Invasion in Afghanistan, steigenden Inflationserwartungen, drastischen Zinserhöhungen und der Silbermarktmanipulationen der Brüder Hunt auf ein Jahrhunderthoch kletterte. Der Goldpreis schien buchstäblich zu explodieren, korrigierte dann und schaffte 1981 ein zweites - niedrigeres - Top, um danach für lange Zeit nur noch zu fallen.
Ähnlich verlief die Aktienblase der Jahrtausendwende, wo sich im Zeitraum März bis August 2000 im S & P-Index ein Doppeltop formte. Nicht so deutlich war dies allerdings beim Nasdaq-Index auszumachen, wo die Euphorie besonders extrem war. Vergleicht man diese damaligen Ereignisse mit den aktuellen Kursverläufen, dann scheint es indes so, als ob der Markt trotz der teils deutlich gestiegenen Kurse noch nicht einmal das erste Top ausgebildet hat. "Parabolisch" sieht das nicht aus. Noch nicht.
Also investiert bleiben? Das kann man tun. Denn die Gewinnchancen sind groß. Wir erinnern uns: In den letzten sechs Monaten, bevor die Tech- und Internet- Blase im März 2000 tatsächlich platzte, verdoppelte sich der Nasdaq-Index. Allerdings sollte man sich des steigenden Risikos bewusst sein.
Der bekannte US-Fondsmanager Mark Hulbert hat dies recht drastisch mit russischem Roulette verglichen: "Jeder Monat, der vergeht, ist wie ein Schuss, den man auf sich abfeuert. Und mit jedem Monat, den man dabei unversehrt übersteht, weil keine Patrone im Trommelschacht war, bleibt das Risiko bestehen, dass beim nächsten Mal dann doch alles vorbei ist."
Es hilft also nichts zu lamentieren, dass der Markt nach klassischen Kriterien "überkauft" oder die Stimmung viel zu positiv ist. Diese Kriterien zählen einfach nicht in einem Melt-up-Szenario. Nicht ganz uninteressant ist auch, dass der gute Lauf gerade der US-Börse vermutlich viel mit den kommenden Steuererleichterungen zu tun hat. Die waren schlicht noch nicht in den Kursen enthalten, als die Reform von der US-Politik trotz aller Unkenrufe in den zurückliegenden Wochen durchgeboxt wurde. Die Euphorie ist also durchaus auch fundamental begründet. Man sieht das ja auch daran, dass die Kurse in Europa, etwa beim DAX, eher stagnieren, während sie an der Wall Street klettern und klettern.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com