Versorger RWE hält trotz der Gewinnwarnung bei Tochter Innogy an der Prognose für 2017 fest. Auch bei der geplanten Dividende für dieses Geschäftsjahr sowie den Ausschüttungszielen für die beiden folgenden Jahre solle es bleiben, sagte eine Sprecherin des Versorgers am Mittwoch. Danach soll das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei 5,4 bis 5,7 Milliarden Euro liegen und damit mindestens auf Vorjahresniveau. Das bereinigte Nettoergebnis soll das Vorjahresergebnis von 777 Millionen Euro deutlich toppen und in der Spanne von 1,0 bis 1,3 Milliarden Euro liegen. Die Gewinne erwartet RWE dabei jeweils am oberen Ende der Brandbreite.

Die Aktie von RWE war am Mittwoch nach der Gewinnwarnung bei Innogy um mehr als 13 Prozent eingebrochen. Die Ökostromtochter senkte die Prognose für das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) für 2017 von 2,9 Milliarden auf 2,8 Milliarden Euro. Die Prognose für das bereinigte Nettoergebnis beließ Innogy bei "über 1,2 Milliarden Euro". Auch die Prognose fürs kommende Jahr kam bei den Anlegern nicht gut an: Innogy erwartet, dass das bereinigte Ebit 2018 mit 2,7 Milliarden Euro noch einmal niedriger liegen soll. Gründe dafür seien höhere Ausgaben etwa für die Digitalisierung oder Investitionen in Wachstumsgeschäfte. Die Innogy-Aktien brachen ähnlich stark ein.

RWE hält noch etwa 77 Prozent an Innogy und die Tochter trägt einen Großteil zum Ergebnis der Muttergesellschaft bei. Deshalb sei es laut Stephan Wulf, Analyst bei Oddo BHF, folgerichtig gewesen, dass der Kurs der RWE-Aktie so stark von der Gewinnwarnung bei Innogy in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Hintergrund der Gewinnwarnung waren ein andauerndes schwächeres Geschäft mit Strom und Gas in Großbritannien. In diesem Jahr musste RWE wegen des britischen Vertriebsgeschäfts bereits 480 Millionen Euro auf den Firmenwert abschreiben. Das Geschäft soll jetzt in ein Joint Venture mit dem Konkurrenten SSE eingebracht werden.

In diesem Jahr stützten bereits Spekulationen über einen möglichen Verkauf von Innogy den Kurs der RWE-Aktien. Dass der Konzern Teile der Ökostromtochter zeitnah zu Geld macht, halten Experten aber eher für unwahrscheinlich. "Es ist aus unserer Sicht zwar nur eine Frage der Zeit, bis RWE Anteile an Innogy verkauft", sagt Wulf. Das Thema sei nach Äußerungen möglicher Interessenten aber erst einmal für eine gewisse Zeit vom Tisch. Zudem habe RWE auch keinen Druck, Teile der Tochter zu verkaufen. "Auch wenn sich die Gewinnwarnung bei Innogy auf die Ausschüttung an die Aktionäre auswirken könnte, ist die Tochter dennoch ein guter Dividendenbringer für RWE."

RWE hat 2016 mit Innogy die regenerative Energiegewinnung, vor allem aus Wind- und Wasserkraft, ausgelagert, ebenso den Vertrieb und den Betrieb von Verteilernetzen. Der Konzern selbst hat Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke behalten. Dazu kommt bei RWE der Energiehandel.

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Dieses Jahr profitierten RWE-Aktionäre von einigen Sondereffekten, die dem Kurs des RWE-Papiers Auftrieb verliehen. Der Atomfonds, mit dem die deutschen Atomkonzerne die Verantwortung für Zwischen- und Endlagerung des Atommülls auf den Staat übertrugen, kam am Markt gut an. Zudem spülte die Erstattung der Brennelementesteuer 1,7 Milliarden Euro in die Kasse, was den Anteilseignern eine Sonderdividende von einem Euro je Aktie beschert. Dazu beginnt RWE wieder, eine reguläre Dividende zu zahlen.

"Jetzt aber gab es die Gewinnwarnung für 2017 und den schwachen Gewinnausblick für 2018 bei Innogy, dazu kommt die Klimadiskussion. Das Sentiment für die Aktie ist derzeit nicht gut", sagt Sven Diermeier, Analyst bei Independent Research.

Da der Trend aber in Richtung saubere Energie geht, besteht eine Gefahr für RWE etwa darin, dass sich institutionelle Investoren weiter aus diesem Bereich zurückziehen. Dabei gibt es aber auch eine positive Seite für den Konzern, sagt Analyst Wulf. "Die Gaskraftwerke von RWE werden so in absehbarer Zeit an Wert gewinnen." Dazu komme: Wenn weniger Energie aus Kohle und Atomkraft zur Verfügung stehe, führe das zu einer Verknappung bei Stromangebot. Das würde die Preise beim Strom aus Gaskraftwerken dann stützen.

Als konventioneller Versorger ist RWE jedoch stark davon abhängig, welche politischen Entscheidungen bei der Energieversorgung getroffen werden. Das spiegelte der Kurs des RWE-Papiers auch im Zuge der Jamaika-Sondierungen wider. Eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen, die womöglich zu einer strengeren Klimapolitik geführt hätte, besorgte Anleger. In bestimmten Ländern ist der Kohleausstieg bereits beschlossene Sache. "Die Niederlande steigen bis 2030 aus der Kohle aus, auch in Großbritannien wird der Ausstieg kommen", sagt Analyst Diermeier.

Ein weiteres Risiko: Ein peruanischer Landwirt kommt mit seiner Klage gegen RWE voran. Er fordert 17.000 Euro für Schutzmaßnahmen gegen einen überlaufenden Gletschersee. Für das Schmelzen macht er RWE mit seinen Kohlekraftwerken mitverantwortlich. "Die Klagesumme ist relativ begrenzt. Die Frage hier ist, ob die Klage im Erfolgsfall eine Signalwirkung für weitere Klagen hat", sagt Analyst Diermeier.

Charttechnisch wird es jetzt spannend. Denn im Chartbild richtete die Innogy-Prognosesenkung beim Mutterkonzern heftigen Schaden an: Nach der vermeintlichen Stabilisierung über dem Unterstützungsbereich um 19 Euro rutschte der RWE-Kurs jetzt deutlich darunter. Dies hatte zur Folge, dass nun auch der aus dem Dezember 2016 stammende Aufwärtstrend sowie die 200-Tage-Linie nach unten brachen. Kann sich der Titel nun nicht wieder rasch über der rettenden 19-Euro-Marke erholen, muss mit weiteren Rückgängen gerechnet werden. Im Bereich um 15/15,80 Euro liegt das nächste ausgeprägte Auffangnetz.

Empfehlung: Abwarten, ob sich der Kurs über der Marke von 19 Euro erholt

Kursziel: 19,50 Euro

Stoppkurs: 16,50 Euro