Während die Berichtssaison in den USA bereits an Schwung gewinnt, müssen sich hiesige Anleger noch gedulden. Doch nicht mehr lange. Am 29. Januar öffnet der Softwarekonzern SAP die Bücher. Neben der Geschäftsentwicklung im Gesamtjahr 2018 richtet sich das Interesse der Investoren vor allem auf Aussagen zur Zukunft. Das Umfeld im Bereich der Softwarefirmen scheint jedenfalls gut zu sein, die beiden Branchenkollegen Oracle und Salesforce überraschten mit ihrem Zahlenwerk bereits positiv.
Ebenfalls erfreulich sind die fundamentalen Eckdaten, mit denen die im Leitindex DAX notierte Aktie aufwartet. Basierend auf den Gewinnschätzungen der Analysten liegt das 2019er-KGV bei 18.6. Der Wert liegt nicht nur unter dem langjährigen Durchschnitt, sondern ist gerade im Segment der Wachstumsfirmen als attraktiv einzuordnen. Für 2020 sinkt die Kennzahl bei einem unterstellten Gewinn je Aktie von 5,26 Euro auf 17,2. Auf Basis der Prognosen errechnet sich ein Gewinnwachstum zwischen 2018 bis 2019 von knapp 29 Prozent - damit spielt SAP im oberen Drittel der DAX-Werte mit. Lediglich für Dividendenjäger ist das Indexschwergewicht uninteressant: Die Verzinsung liegt bei unterdurchschnittlichen 1,5 Prozent.
Natürlich können sich die Erwartungen als zu optimistisch erweisen, SAP hängt stark von der Weltkonjunktur ab. Anleger sollten daher auch immer die globale Lage im Blick behalten und prüfen, welche Bremswirkung der Brexit und der Handelsstreit auf die Konjunktur entfalten. Bleibt aber eine deutliche Verlangsamung aus, dürften die Unternehmenssoftware-Lösungen von SAP gefragt bleiben. Zudem setzten und profitieren die Walldorfer immer stärker auf die Mega-Trends der Zukunft, "Cloud" und "Big Data".
Zukäufe sorgen für Fantasie
Besonderes Augenmerk werden Analysten Ende Januar auf den Ausblick legen. Mit der Übernahme von Qualtrics für acht Mrd. Dollar bezahlte SAP einen ambitionierten, aber nicht branchenuntypischen Preis für den Softwarespezialisten. Durch die teuerste Akquisition der Firmengeschichte soll der Abstand zum Marktführer Salesforce verringert werden. Mit Qualtrics können Firmen die Kundenbedürfnisse und Veränderungen genau erfassen und gezielt Auswertungen und Verbesserungen vornehmen. Volkswagen, Microsoft, Xerox oder auch Yahoo nutzen die Dienste.
Ebenfalls interessant werden die Ausführungen zur Übernahme von Contextor. Die Franzosen haben sich auf die Entwicklung und Integration von Softwarelösungen für Robotic Prozess Automation (RPA) spezialisiert. Ziel ist es, RPA in sämtliche Software-Produkte von SAP zu integrieren, um so die Prozesse zu vereinfachen.
Kurzfristig heiß gelaufen
Technisch gesehen läuft die Aktie seit vielen Monaten in einer breiten Seitwärtsbewegung. Die südliche Grenze bei 82 Euro wurde im Dezember knapp verfehlt. Seitdem kletterte der Kurs um gut zehn Prozent, einige kleinere Hürden wurden aus dem Weg geräumt. Negativ ist anzumerken, dass die Aktie seit Oktober unter der 200-Tage-Linie (violett) läuft und der Durchschnitt bei derzeit 96 Euro eine Barriere darstellt. Noch aber zeigt die Tendenz der Mittellinie aufwärts, was positiv zu sehen ist. Charttechnisch liegt das nächste Ziel im Bereich 96/98 Euro. Ein direkter Anstieg ist aber kaum zu erwarten, der Kurs ist zuletzt in kurzer Zeit zu schnell gestiegen und steht rund fünf Prozent über der 21-Tage-Linie. Seit 2017 wurde dieser Wert wenn überhaupt nur kurz überboten. Ähnliche Extremquoten waren immer im Bereich eines Verlaufshochs zu registrieren. Nach einer Atempause sollte SAP in einem freundlichen Umfeld aber wieder deutlich in dreistellige Kursregionen vorstoßen. Oberhalb von 105 Euro wäre der Weg frei.
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Unter dem Strich überwiegen die Chancen. In den kommenden Tagen ist angesichts der Überhitzung mit einer Konsolidierung zu rechnen. Rücksetzer bieten sich aber zum Einstieg an, auf die Vorlage der Zahlen sollte die Aktie mittelfristig positiv reagieren.
Auch die Übernahmen dürften operativ für Rückenwind sorgen. In der Vergangenheit hat der Konzern Zukäufe immer gut integriert.
Die SAP-Aktie steht daher auf "Kaufen", eine Absicherung bietet sich unterhalb von 82 Euro an. Nach oben besteht mittelfristig Luft bis 130 Euro. Damit bietet der Wert ein sehr gutes Chance-Risiko-Verhältnis.