SAP-Chef Bill McDermott surft gerade auf einer Erfolgswelle. Die milliarden-schwere Wette auf die Cloud zahlt sich aus. Das Echtzeit-Analyse-Tool HANA ist zum erhofften Blockbuster geworden. Und die für ihre kritische Distanz gefürchteten SAP-Mitarbeiter sind auch noch zufrieden. Kein Wunder, dass Europas größter Software-Konzern angesichts dieser ersprießlichen Entwicklung seine Prognosen zur Jahrespressekonferenz Ende Januar angehoben hat.
Bis 2020 sollen die Erlöse aus der Datenwolke jetzt auf 8 bis 8,5 Milliarden Euro steigen und damit um 500 Millionen höher ausfallen als vor Jahresfrist gedacht. Und beim Umsatz peilen die Walldorfer jetzt 28 bis 29 Milliarden Euro an. Zuvor hatte der Konzern 26 bis 28 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. "SAP", verkündete Vertriebsprofi McDermott damals kraftstrotzend, sei "schlichtweg nicht zu stoppen".
Investoren mögen an McDermotts neuem "Unstoppable-Mantra" leichte Restzweifel hegen, aber die grundlegende Zuversicht der Walldorfer wird am Markt geteilt. Das offenbart auch ein Blick auf den Aktienkurs. Begünstigt von einem positiven Börsenumfeld trieben Anleger die SAP-Aktie seit Ende Januar um bis zu 12 Prozent nach oben. Gegenüber dem Jahrestief von 64,94 Euro im vergangenen Juni hat der Kurs damit annähernd 40 Prozent zugelegt. Aktuell ist SAP an der Börse bei 111 Milliarden Euro wert. So teuer ist kein anderes deutsches Unternehmen.
Personal-Entscheidungen senden positive Signale
Wenn nicht alles täuscht, dürfte sich daran kurzfristig nur wenig ändern. Das Geschäft in Asien wächst mit hohem Tempo, verkündete etwa Regional-Chefin Adair Fox-Martin unlängst auf Bloomberg TV. Auch auf SAPs größtem Einzel-Markt in den USA geht es offenbar ordentlich voran. Darauf deutet jedenfalls die jüngste Personal-Entscheidung hin.
Die für Nordamerika zuständige Managerin Jennifer Morgan werde gemeinsam mit Fox-Martin zum 1. Mai in den Konzern-Vorstand einziehen, teilte SAP kurz vor Ostern überraschend mit. Ohne entsprechenden Rückenwind aus den USA und aus Asien dürfte SAP-Aufsichtsratschef Hasso Plattner kaum seinen Segen für derlei Berufungen ins oberste Machtzentrum des Konzerns gegeben haben - allen Vorgaben zur Frauenquote zum Trotz.
Auch die Analysten bleiben mehrheitlich zuversichtlich. "SAP", schreibt etwa DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer in einer aktuellen Studie wachse "weiter dynamisch". Die Zuwächse im Cloudgeschäft und bei HANA lägen auf "unverändert hohem Niveau". Um immerhin rund elf Prozent auf 4,25 Milliarden Euro dürften die Erlöse aus Software- und Software-bezogenen Dienstleistungen (SSRS) zum Jahresauftakt gestiegen sein, glaubt UBS-Analyst Michael Briest. Bei den Lizenzerlösen prognostiziert Briest ein Plus von acht Prozent auf 658 Millionen Euro. Gegenüber den erwarteten Einnahmen aus der Cloud von 867 Millionen Euro geht die Spanne damit wie erwartet weiter auf.
Sorgen bereiten den Auguren aber die Kosten. Zum Jahresauftakt hat der Konzern rund neun Prozent mehr Mitarbeiter beschäftigt als noch vor Jahresfrist. Aufs Gesamtjahr würden die Personalkosten damit um rund 450 Millionen Euro steigen, rechnet Briest vor. Für die Marge ist das keine gute Nachricht.
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Einschätzung der Redaktion
Die SAP-Aktie hat zuletzt eine ordentliche Rallye hingelegt. Erst Anfang April hat das Papier mit 92,98 Euro ein neues Allzeithoch markiert. Gegenüber dem Tief vom Juni 2016 stehen damit 40 Prozent Kursplus zu Buche. Wir trauen der Aktie weitere Kurszuwächse zu. Denn das aktuelle Flaggschiff-Produkt SAP S/4 HANA kommt bei den Kunden an. Auch der frühzeitige Schwenk der Walldorfer in Richtung Cloud gewinnt weiter an Fahrt.
In der Cloud fallen die Kosten für Entwicklung und Vertrieb am Anfang an. Wenn die Verträge nach drei oder vier Jahren zur Erneuerung anstehen, sind die Kosten üblicherweise eingespielt. Bei vergleichbaren Erlösen steigen die Margen damit deutlich an. Daher dürften die Gewinne bei SAP in den nächsten Jahren weiter ordentlich sprudeln.
Zwar gibt es keine Gewähr, dass bei anstehenden Erneuerungen Wettbewerber mit Kampfpreisen die Preise drücken und damit die entsprechenden Margen. Aber bei HANA hat der Konzern einen klaren Vorsprung vor dem Wettbewerb. Das macht die Ergebnisse weniger anfällig und damit besser planbar. Das kommt bei Investoren gut an.
Kurzfristig lockt SAP mit einer geplanten Dividenden-Erhöhung um neun Prozent auf 1,25 Euro je Aktie. Dazu soll die HV am 10. Mai grünes Licht geben. Zudem hat SAP-Finanzchef Luka Mucic auf einer Investoren-Konferenz Anfang Februar in New York für das zweite Halbjahr bereits ein Aktienrückkauf-Programm in Aussicht gestellt. Es wäre das erste Mal sei 2007, dass der Konzern eigene Papier vom Markt nähme.
Die Zahlen zum ersten Quartal dürften keine allzu großen Überraschungen enthalten. Investoren werden vor allem auf die Entwicklung im wichtigen Cloud-Geschäft achten. Außerdem dürfte der Fokus auf der Kostenseite liegen. Finanzchef Luka Mucic ist bekannt dafür, sehr genau auf die Ausgaben zu achten, ohne die Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Konzerns zu vernachlässigen. Kurzfristig nehmen die Walldorfer auch schwächere Margen in Kauf. Langfristig dürfte sich das jedoch auszahlen.
Charttechnisch ist bei SAP alles im grünen Bereich. Sowohl die 55- als auch die 200-Tage-Linie zeigen nach oben. Auch der seit dem Sommer 2016 gültige Aufwärtstrend ist intakt. Beim jüngsten Allzeithoch von 92,98 lauert jedoch ein harter Widerstand. Fällt der, ist der Weg für weitere Kursgewinne frei. Kursgewinne nach der Rallye mit einem engen Stopp bei 84 Euro sichern.
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