Der scheidende Vorstandschef Joe Kaeser verwies bei der ersten virtuellen Bilanzpressekonferenz von Siemens darauf, dass sich der DAX-Konzern durch sein umfassendes Umbauprogramm angesichts der Pandemie und ihrer disruptiven Auswirkungen auf Märkte und Unternehmen auch mit der jüngst erfolgten Abspaltung von Siemens Energy "gerade noch rechtzeitig" flexibel genug aufgestellt habe.
Nachfolger Roland Busch stellte ein Strategieupdate für die Verkehrstechniksparte vor. Der Bereich arbeite in einem wachstumsstarken Markt, gewinne hier Marktanteile und sei mit rund zehn Prozent Marge profitabel. Mobility habe Synergien zum restlichen Kerngeschäft und sei enorm ausbaufähig. Die Verkehrstechnik, über deren Abspaltung bereits nach dem gescheiterten Fusion mit Frankreichs Alstom diskutiert wurde, dürfte damit auf absehbare Zeit neben der digitalen Industrie (vor allem Automatisierungstechnik und Software) und der smarten Infrastruktur (etwa Gebäudetechnik) zum Kerngeschäft des "modernen Industriekonzerns" gehören, den Busch ab Anfang Februar als Vorstandschef leiten wird.
Solide Geschäftszahlen
Die Zahlen, die Siemens für das abgelaufene vierte Quartal des Geschäftsjahres zum Ende September vorgelegt hat, waren solide. Umsatz und Auftragseingang sanken zwar, was aber auch auf Währungseffekte zurückzuführen war. Der operativer Gewinn stieg kräftig an, wurde aber durch Sondereffekte positiv beeinflusst. Der freie Cashflow stieg im Quartal auf 3,8 Milliarden Euro an und erreichte damit im Geschäftsjahr mit 6,4 Milliarden ein Zehn-Jahreshoch.
Dividende gekürzt, Ausblick durchwachsen
Dass die Börse auf das Zahlenwerk zunächst negativ reagierte, dürfte auch daran gelegen haben, dass Siemens zum ersten Mal seit Jahren die Dividende von 3,90 Euro auf 3,50 Euro kürzt. Das begründete Finanzchef Ralf Thomas damit, dass Aktionären mit dem Spin-Off von Siemens Energy (SE) Ende September auch Aktien der ehemaligen Energiesparte in die Depots eingebucht wurden. Für zwei Siemens-Anteile hatten Besitzer je eine Aktie der neuen SE erhalten.
Der Ausblick für das laufende Geschäftsjahr fiel durchwachsen aus. Siemens prognostiziert hier ein moderates Umsatzwachstum, im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden hier 57,1 Milliarden Euro erreicht, und einem moderaten Anstieg des Nettogewinn, hier waren es 4,2 Milliarden Euro. Allerdings warnte Finanzchef Thomas vor "materiellen" Währungseinflüssen vor allem durch einen schwächeren Dollar und Renminbi, die Umsatz und Gewinn erheblich beeinträchtigen würden. Der Einfluss auf die operative Marge des industriellen Geschäfts, in der Periode 2020 lag sie bei 14,3 Prozent, könne hierdurch um rund einen halben Prozentpunkt nach unten verschoben werden.
Fazit zur Siemens-Aktie
Kurzfristig ist das Papier unter Druck geraten. Die Siemens-Aktie hat sich aber in den vergangenen Wochen nah dem Spin-Off von Siemens Energy weitaus besser entwickelt als der DAX. Das liegt auch daran, dass das neue Kerngeschäft um die hochprofitable Digitale Industrie weitaus stärker im Konzern zur Geltung kommt.
Der Markt hat begonnen, die Aktie mit höheren Bewertungsfaktoren zu belegen. Diese Entwicklung sollte sich fortsetzen, zumal auch der Bereich Verkehrstechnik von den milliardenschweren staatlichen Infrastrukturprogrammen in der Pandemie profitieren dürfte. Wir empfehlen die Aktie weiter zum Kauf.