Mehr als 20 Firmen sollen Teil des "Kartells" gewesen sein, die bekanntesten darunter sind Siemens, Philips, Johnson & Johnson und GE.
Wegen der Bestechungsgelder seien die medizinischen Geräte nach Zeugenaussagen und Justizdokumenten bis zu achtmal so teuer verkauft worden wie angemessen. Bundesstaatsanwältin Marisa Ferrari bestätigte in einem Interview mit Reuters, dass die brasilianischen Behörden im Austausch mit der Bundespolizei FBI, dem US-Justizministerium und der Börsenaufsicht SEC seien. Sie nannte nicht die Namen der verdächtigten Unternehmen. Die Ermittlungen stünden noch am Anfang. "Weil das Budget für das staatliche Gesundheitssystem in Brasilien so groß ist, geht es um wirklich große Summen", sagte sie. "Dieser erste Fall ist nur die Spitze des Eisbergs."
Das FBI wollte nicht bestätigen, dass es Ermittlungen gebe, die SEC äußerte sich nicht dazu. Die US-Behörden interessieren sich für die Fälle, weil den betroffenen Firmen auch in den USA empfindliche Strafen drohen, wenn sie in Brasilien bestochen haben. Korruption ist in dem südamerikanischen Land ein großes Problem. In den vergangenen fünf Jahren haben die Staatsanwälte zahlreiche Bestechungssysteme aufgedeckt, das bekannteste ("Operation Autowäsche") betraf den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras. Nun nehmen sie auch ausländische Unternehmen ins Visier.
Der Münchner Industriekonzern Siemens erklärte, er wisse nichts von Ermittlungen des FBI gegen ihn zu Absprachen in Brasilien. Das Unternehmen arbeite aber grundsätzlich mit den Behörden bei solchen Ermittlungen zusammen. Siemens hat seine Medizintechnik-Sparte Siemens Healthineers vor gut einem Jahr an die Börse gebracht. Vorstandschef Joe Kaeser hat dem Konzern nach einer Reihe von Skandalen eine Null-Toleranz-Politik bei Korruption verordnet. Von den genannten Unternehmen bestätigte nur der niederländische Medizintechnik-Konzern Philips Ermittlungen in Brasilien. Im Geschäftsbericht 2018 hieß es dazu, dazu seien auch von US-Behörden Anfragen eingegangen. Der US-Konzern Johnson & Johnson bestätigte Anfragen der SEC und des Justizministeriums im Zusammenhang mit einer Razzia in seiner Niederlassung in Sao Paulo.
In einem ersten Verfahren im Zusammenhang mit dem Fall waren im vergangenen Jahr der frühere Südamerika-Chef von GE, Daurio Speranzini, und 22 weitere Beschuldigte angeklagt worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, zwischen 2007 und 2018 mehr als 600 Millionen Real (134 Millionen Euro) Schaden zu Lasten der brasilianischen Steuerzahler verursacht zu haben. Speranzini soll bereits in seiner Zeit als Lateinamerika-Chef von Philips Healthcare (von 2004 bis Ende 2010) in die Absprachen verwickelt gewesen sein. Nach einem Hinweis eines internen Tippgebers war er entlassen worden. Wenige Monate später heuerte er bei GE an, wo er im November 2018 ging. Sein Anwalt sagte, Speranzini sei unschuldig. GE wollte sich zu den Umständen seines Abschieds nicht äußern.
rtr