Das Geschäft mit Solarstrom boomt. Am 20. Juni, auf der Fachmesse Intersolar Europe 2018 in München, wird sich eine Branche im Wachstumsmodus präsentieren. So stieg der mit Photooltaikanlagen produzierte Strom 2017 um 32 Prozent und war damit Spitzenreiter unter allen Segmenten der erneuerbaren Energie. Von 2010 bis 2017 sind die Kosten für die Herstellung von Solarstrom um 73 Prozent gefallen. Das Preisniveau für die Stromproduktion durch fossile Energieträger rückt damit in Reichweite.

Der China-Faktor



Die gute Stimmung eintrüben könnte jedoch der jüngste Beschluss der chinesischen Regierung. Diese gab vor zwei Wochen bekannt, dass sie den Bau neuer Photovoltaikkraftwerke bis 2019, also für die restlichen zwei Jahre des laufenden Fünfjahresplans, vorerst aussetzen und die Einspeisevergütungen für Solarstrom senken will. Zugleich ließ die politische Führung in Peking durchblicken, dass ihre bisherigen großzügigen Subventionen für den gesamten Solarsektor auf den Prüfstand kommen sollen. Dieser Schritt sorgte nicht nur bei betroffenen Firmen, sondern auch an Finanzmärkten für Krisenstimmung. Mit den Aktien der im regenerativen Aktienindex RENIXX World gelisteten Solarfirmen ging es teilweise um 20 Prozent bergab. Die Sorge kommt nicht von ungefähr. China ist längst der mit Abstand größte Photovoltaikmarkt weltweit.

Staatliche Förderungen, günstige Kredite und niedrige Lohn- und Energiekosten hatten den Aufbau einer boomenden Solarindustrie im Reich der Mitte befeuert. Längst beherrschen auch auf Branchentreffen wie der Intersolar die großen Ausstellungsstände von chinesischen Anbietern wie Jinko Solar, JA Solar oder Trina Solar das Bild. Die deutsche Industrie, deren Vertreter noch vor zehn Jahren den TecDAX dominierten, spielt gerade noch in Teilbereichen wie dem Qualitätsmanagement, dem Maschinenbau oder bei Forschung und Entwicklung eine entscheidende Rolle.

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Konsolidierung verschärft sich



"Es ist klar, dass die gerade in China beschlossenen Maßnahmen die laufende Branchenkonsolidierung nochmals verschärfen werden. Mit den Margen wird es weiter signifikant nach unten gehen", meint Alexander Funk, Portfoliomanager bei Ökoworld. Das Solar-Marktforschungsinstitut AECEA hat soeben seine Ausbauprognose für das laufende Jahr von 40 bis 45 Gigawatt auf 30 bis 35 Gigawatt reduziert. Dabei steht China allein für die Hälfte des Volumens der 2017 neu installierten Photovoltaikanlagen. Ein Absatzeinbruch dort könnte auch durch die zuletzt wieder deutlich anziehende Nachfrage in Europa nicht kompensiert werden.

Damit droht sich der Preisdruck weiter zu verschärfen, sollten chinesische Anbieter infolge der heimischen Auftragsflaute noch stärker auf die internationalen Märkte drängen. Der in die Pleite mündende Leidensweg von Solarworld hat gezeigt, dass in Deutschland kaum noch wettbewerbsfähig produziert werden kann. Aber auch internationalen Branchengrößen wie Canadian Solar greift die asiatische Billigkonkurrenz immer mehr Aufträge ab. Die Folge: stagnierende Umsätze, schrumpfende Margen. Einen großen Gewinner gibt es, und das sind die Kunden: Privathaushalte und Firmen können Solardächer und Energiespeicher zu immer günstigeren Preisen beziehen.

Wer aber steht aus Anlegersicht auf der Gewinnerseite? An erster Stelle sehen Branchenkenner Firmen, die neue Technologien entwickeln und ihr Geschäftsfeld um Serviceleistungen erweitern. Henning Padberg, Fondsmanager bei Nordea, setzt in seinem Anlageuniversum auf Unternehmen, die sich der effizienteren Nutzung der Energieressourcen verschrieben haben. Dazu zählt National Grid, ein Betreiber von Strom- und Gasnetzen in Großbritannien.

Alexander Funk von Ökoworld rechnet das digitale Messen des Energieverbrauchs - kurz: Smart Metering - zu den neuen Einnahmequellen für Solarstrombetreiber. Technologien, mit denen sich der Ökostrom effizienter erzeugen und nutzen lässt, sind für ihn ein weiteres großes Feld. So erhöht die Dünnfilmtechnologie bei der Beschichtung der Solarzellen den Wirkungsgrad der Energieerzeugung.

Im Wandel ist auch SMA Solar. Das TecDAX-Unternehmen ist weltweit führend bei Wechselrichtern, die in den Photovoltaikanlagen Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln. Dieses extrem zyklische und preissensitive Geschäft spiegelt sich in den großen Kursschwankungen der Aktie wieder. Um die Abhängigkeit des operativen Geschäfts vom Kernprodukt zu verringern, hat SMA Solar damit begonnen, sich neue digitale Geschäftsfelder im Bereich der Datenanalyse zu erschließen.

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Auf Aktien und Fonds setzen



Angesichts des tief greifenden Wandels der Branche bleiben Solaraktien eine Beimischung fürs Depot. Solarparkbetreiber in Deutschland beziehen vergleichsweise sichere Einnahmen, den staatlichen Einspeisevergütungen über einen Zeitraum von 20 Jahren sei Dank. 7C Solarparken hat sich in einer Nische etabliert. Um den Erwerb von neuen Anlagen zu finanzieren, hat die Firma seit 2017 vier weitere Kapitalmaßnahmen durchgeführt. Zugleich ist der Cashflow aus den Bestandsparks deutlich gestiegen. Grund genug für das Management, für 2017 erstmals eine Dividende auszuschütten.

Die noch moderat bewertete Aktie hat Luft nach oben, eignet sich aber nur für sehr spekulative Anleger. Auf das große Kursfeuerwerk warten Investoren bislang bei Encavis. Die bis zur Fusion mit Chorus Clean Energy als Capital Stage gelistete SDAX-Firma erwirbt Solarkraftwerke und Onshore-Windparks. Anders als 7C Solarparken ist Encavis auch in acht weiteren europäischen Ländern aktiv. Nach dem Ergebnissprung von 2017 will das Unternehmen in den kommenden zwei Jahren bei Cash-flow und Gewinn durchstarten. Anleger mit Mut und Ausdauer steigen ein.

Solar Edge besticht mit einer im Branchenvergleich hohen operativen Marge und Kapitalrendite.



Die in den USA gelistete Firma mit Sitz in Israel hat 2018 mit einem starken Auftaktquartal erneut ein Zeichen gesetzt. Konzerngewinn und Cash-flow stiegen um mehr als das Doppelte und toppten so klar die Konsensschätzungen. Neben Wechselrichtern ist Solar Edge bei Gerätesteuerungen samt zugehöriger Software für das Speichern von Strom technologisch top. Obwohl das China-Geschäft kaum eine Rolle spielt, wurde die Aktie kürzlich ebenfalls abgestraft und eröffnet jetzt eine gute Einstiegschance.

Das gilt auch für First Solar. Das Unternehmen fuhr in den vergangenen drei Jahren die Kosten herunter. Dünnschichtpaneele sind von den Importzöllen von 30 Prozent ausgenommen, welche die US-Regierung für Solarzellen verhängte. Für 2018 ist die Produktion ausgelastet und bis 2020 sollen sich die Produktionskapazitäten auf 7,8 Gigawatt fast vervierfachen. Jinko Solar wird langfristig aus dem aktuellen Abschwung bei den chinesischen Anbietern gestärkt hervorgehen. Nach dem jüngsten Kurssturz von 30 Prozent ist die Aktie günstig bewertet. Doch lässt sich noch nicht absehen, wann Jinko den angepeilten Profitabilitätsschub realisieren kann. Anleger bleiben noch außen vor.

Bei SMA Solar werden die Halbjahreszahlen, die am 9. August präsentiert werden, Aufschluss darüber geben, ob die für 2018 anvisierte Steigerung bei Umsatz und operativem Gewinn sich umsetzen lässt. Neben dem China-Faktor muss SMA den jüngsten Nachfrageeinbruch auf dem US-Markt verkraften. Die Aktie, die sich auch im Nebenwerte-Wikifolio von BÖRSE ONLINE befindet, bleibt aussichtsreich. Anleger sollten aber den engen Stopp bei 39 Euro beachten. Ein sehr gutes Chance-Risiko-Verhältnis zum Thema erneuerbare Energien bieten zwei Fonds. Der Nordea 1 Global Climate and Environment Fund zählt zu den etablierten Fondsprodukten und schaffte in den vergangenen fünf Jahren eine durchschnittliche Performance von 13,9 Prozent. Noch einen Tick besser schneidet der ÖkoWorld Klima C ab.



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Auf einen Blick: Photovoltaik